Dieser Tage entfaltet das etwa 15 Fußballfelder große Areal im Zentralbereich der Doppelstadt wieder seine volle Pracht. Tausende Sonnenblumen recken am Morgen ihre Hälse gen Osten, und viele Besucher kommen, um das Blumenmeer zu bewundern.

Hier entstehen Hochzeitsfotos, es werden Geburtstage gefeiert, Stammtische finden statt, Besucher lassen dort den Feierabend ausklingen und Ausflügler nutzen diese Oase in Gelb, um der Hektik der Stadt zu entfliehen.

Das Jugendrotkreuz war zu Gast, um dort einem angenommenen Vermisstenfall zu trainieren, das Bett im Kornfeld erfreut sich großer Beliebtheit. „Einmal hat dort sogar jemand übernachtet“, sagt Dietmar Wildi, der diese Ruhezone im Zentralbereich vor 18 Jahren erstmals angelegt hat.

Das Sonnenblumenfeld bei der Familie Wildi (im Hintergrund das Klinikum) entfaltet derzeit wieder seine ganze Pracht.
Das Sonnenblumenfeld bei der Familie Wildi (im Hintergrund das Klinikum) entfaltet derzeit wieder seine ganze Pracht. | Bild: Markus Schmitz

Beliebtes Ziels für viele Zwecke

Wenn die Familie Wildi über das Sonnenblumenfeld spricht, dann reiht sich eine Erinnerung und eine Anekdote an die andere: etwa der Besuch von Schulklassen oder von Ordensschwestern, die begeistert über das Feld streiften.

Benedikt Wildi berichtet von Instagrammern, die dort Fotos für ihre Community machen. Auch Pius Wildi, der nach seinem Studium und einer ersten beruflichen Station später auch in den Betrieb einsteigen will, schwärmt von dem Feld, mit dem so viele Erinnerungen verknüpft sind.

Das Bett im Kornfeld, ein beliebtes Fotomotiv.
Das Bett im Kornfeld, ein beliebtes Fotomotiv. | Bild: Markus Schmitz

Das Idyll ist gefährdet

Mit diesem Idyll könnte es aber schon bald ein Ende haben. Erst im Mai 2025 hat der Gemeinderat mit der Aufstellung eines Bebauungsplans den Weg dafür freigemacht, dass im Bereich des Sonnenblumenfeldes und weit darüber hinaus ein etwa 35 Hektar großer Solarpark entstehen könnte.

Unklar blieb zuletzt, ob dort Agri-PV vorstellbar ist – eine Methode, die eine parallele landwirtschaftliche Nutzung und die Aufstellung von Solarmodulen ermöglichen würde.

Noch sind die Planungen der Stadtwerke freilich wenig konkret, muss doch zunächst noch abgeklopft werden, welche Förderkulisse es für ein solches Vorhaben gibt.

Die Familie Wildi mit Pius, Dietmar, Claudia und Benedikt hat zahlreiche Installationen in das Feld integriert.
Die Familie Wildi mit Pius, Dietmar, Claudia und Benedikt hat zahlreiche Installationen in das Feld integriert. | Bild: Markus Schmitz

Kommt der Solarpark?

„Ich persönlich glaube noch nicht daran“, sagt Dietmar Wildi, CDU-Gemeinderat und erklärter Gegner dieser Planungen. Mit seiner Kritik an dem Vorhaben ist er nicht allein: Auch die Interessensgemeinschaft Berholdsfhöfe setzt sich für die Bewahrung des jetzigen Zustands ein.

Freiflächen für die Gewinnung von Sonnenenergie zu nutzen, hält Wildi für einen vollkommen falschen Ansatz. „Es gibt bessere Lösungen“, ist er überzeugt. Doch Stadtverwaltung und eine Mehrheit des Gemeinderats drängen darauf, dass die Stadtwerke dort oben tätig werden.

Hintergrund der Bemühungen ist, dass Villingen-Schwenningen auf dem Weg zur Klimaneutralität darauf angewiesen ist, die Nutzung fossiler Energieträger durch erneuerbare Alternativen zurückzudrängen.

Feld ist von der Stadt gepachtet

Wildi hat das Areal des Sonnenblumenfelds von der Stadt gepachtet, weshalb er grundsätzlich nichts dagegen machen kann, wenn VS dieses Gebiet für eigene Zwecke beansprucht. „Mir sind die Hände gebunden“, sagt er.

Zuletzt hatte er im Gemeinderat noch einmal einen flammenden Appell an seine Ratskollegen gerichtet, Grünflächen weiterzuentwickeln. In vielen Städten gebe es Vorhaben, die das Mikroklima mit unter großem Aufwand wie Fassadenbegrünungen und der Entwicklung von Grüngürteln verbessern wollen. So ist es aus seiner Sicht nicht zeitgemäß, vorhandene Flächen wirtschaftlichen Interessen zu opfern.

Das Sonnenblumenfeld ist etwa zehn Hektar groß.
Das Sonnenblumenfeld ist etwa zehn Hektar groß. | Bild: Markus Schmitz

Die Interessen der Stadt

Auf der anderen Seite strebt die Stadt die grüne Null an, was bedeutet, bis ins Jahr 2045 klimaneutral zu werden. In Deutschland wurde das Ziel ausgegeben, die Treibhausgase bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent zu reduzieren, bevor es dann zur erhofften Klimaneutralität in 20 Jahren kommen soll.

Den Kommunen wurde dabei eine entscheidende Rolle zugewiesen, so dass die Städte und Gemeinden in Zugzwang sind, an den vorgegebenen Zielen tatkräftig mitzuwirken. So sieht man bei der Stadt Villingen-Schwenningen die geplante PV-Freiflächenanlage als wichtigen Schritt, die Anforderungen zu erfüllen.

Der im Zentralbereich entstehende Solarpark soll genug Energie für 9000 Einfamilienhäuser oder 18.000 Wohnungen liefern; die Stadtwerke nehmen dafür um die 25 Millionen Euro in die Hand.

Hoher Aufwand für das Feld

Für Wildi sind derweil die grünen Flächen wichtiger als die grüne Null. Er und seine Familie hadern damit, dass Villingen-Schwenningen schon bald das Alleinstellungsmerkmal eines öffentlich zugänglichen Sonnenblumenfeldes in dieser Größe verlieren könnte.

Finanziell sei dieses Angebot für ihn ein Zuschussgeschäft. Das Feld zu pflügen, das Saatgut vorzubereiten, die etwa vier Kilometer langen Wege zu mähen, die Installationen und die Möblierung zu gestalten und vieles mehr bedeuten für ihn hohen Aufwand, wie er sagt.

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Aus Sonnenblumen wird Biomasse

Die Zeit der Sonnenblumen ist Mitte/Ende September beendet, die dann verblühten Blumen werden zu Biomasse. „Wir haben keine Monokultur“, sagt Benedikt Wildi und verweist auf die zahlreichen anderen Blumen, die auf dem nicht gespritzten Feld wachsen. Zudem sind dort auch verschiedene Sorten von Korn angebaut.

„Das Feld war schon üppiger“, sagt Claudia Wildi, doch die derzeit vorherrschende Trockenheit führe zu etwas kleineren Pflanzen. Zudem gilt es einen Fruchtwechsel zu beachten, denn dauerhaft dort nur Sonnenblumen anzupflanzen, laugt die Böden aus.

Über die Jahre galt es auch Rückschläge zu verkraften, etwa als Vandalismus die Begeisterung der Wildis für das Projekt doch reichlich abgekühlt hatte und für eine Zwangspause sorgte. Doch die Pächterfamilie steckte die Rückschläge weg, passte das Angebot an und machte weiter. Wie lange noch, hat sie nun nicht mehr selbst in der Hand.