Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, wie Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft belegen. Viele Höfe mussten aufgeben, weil sich kein Nachfolger gefunden hat, oder sie nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten. Sich in diesen Zeiten eine Existenz in der Landwirtschaft neu aufzubauen, ist daher ein mutiger Schritt. Familie Hahn aus Mühlingen hat ihn vor knapp zwei Jahren gewagt.

Das erste Fazit von Denis und Kristin-Marlen Hahn fällt positiv aus – auch wenn es noch viel zu tun gibt. Dass die Familie Hof Berenberg in Mühlingen überhaupt übernehmen konnte, hat die Kulturland-Genossenschaft ermöglicht. Denn für eine junge Familie ist der Kauf eines landwirtschaftlichen Betriebs inklusive der zugehörigen Wiesen und Äcker kaum finanzierbar. In der Regel ist hierfür ein Startkapital in Millionenhöhe erforderlich.

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Einstieg in die Landwirtschaft ist teuer

„Ein Arbeitsplatz in der Landwirtschaft gehört zu den kapitalintensivsten Arbeitsplätzen“, erklärt Stephan Illi, Vorstand der Kulturland eG. Die Stiftung hat es sich zum Ziel gesetzt, Land zu kaufen und es Bauernhöfen zur Verfügung stellen, die die Bio-Lebensmittel vor Ort vermarkten, Führungen anbieten, Naturschutz und Landschaftspflege betreiben.

Die Genossenschaft kaufte also die Grundstücke, die zum Hof gehören, von den Vorbesitzern und Familie Hahn konnte diese dann günstig von der Genossenschaft pachten. Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude übernehmen sie im Erbbaurecht. Zur Familie, die den Hof früher bewirtschaftet hat, haben die Hahns eigenen Angaben zufolge ein gutes Verhältnis. „Wir haben großen Respekt vor dem, was die Vorbesitzer geleistet haben und sind unglaublich dankbar dafür, dass sie uns das ermöglicht haben“, sagt Denis Hahn.

Hof hat inzwischen Bio-Status erreicht

Doch nachdem die Übernahme des Hofs geregelt war, ging die eigentliche Arbeit erst los: Das Wohnhaus musste saniert werden und der Betrieb wurde auf biologischen Anbau umgestellt. „Nächste Woche haben wir vollumfänglich Bio-Status erreicht“, sagt Denis Hahn beim Besuch des SÜDKURER Mitte September 2024. Damit ist für den Hof ein weiterer Meilenstein erreicht.

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„Denn dann können wir unsere Erzeugnisse mit Demeter-Siegel vermarkten. Das ist gut für uns“, so Hahn. Auch finanziell sei die größte Zitterpartie überstanden, weil schon die ersten Erzeugnisse verkauft werden konnten. „Die finanzielle Anspannung ist immer noch gegeben, aber nicht mehr so schlimm“, erklärt der Landwirt.

Renovierung war Frauensache

Auch die Wohnsituation hat sich gebessert, denn inzwischen ist das Wohnhaus auf Hof Berenberg so weit saniert, dass es bewohnbar ist. „Pünktlich zu Weihnachten 2023 konnten wir einziehen“, sagt Denis Hahn. „Es war eine sehr intensive Zeit“, fügt Kristin-Marlen Hahn an. Besonders sie habe sich um die Renovierung des Hauses gekümmert, sagt ihr Mann.

Das alte Wohnhaus auf Hof Berenberg war 20 Jahre lang unbewohnt. Inzwischen hat es Familie Hahn wieder bewohnbar gemacht und ist dort ...
Das alte Wohnhaus auf Hof Berenberg war 20 Jahre lang unbewohnt. Inzwischen hat es Familie Hahn wieder bewohnbar gemacht und ist dort eingezogen. Trotzem ist daran noch einiges zu tun. | Bild: Dominique Hahn

„Parallel war aber auch noch viel Arbeit in der Landwirtschaft zu leisten, deshalb mussten die Arbeiten am Haus irgendwann hinten anstehen“, sagt Kirstin-Marlen Hahn. Arbeit gibt es noch viel. Neben der Fertigstellung des Wohnhauses planen die Hahns den Ausbau des Kuhstalls, um auch ihre 40 Kühe Bio-konform halten zu können.

Doch auch wenn viel Arbeit in den Hof fließt, handelt es sich offiziell nur um eine Nebenerwerbslandwirtschaft. Denis Hahn ist zusätzlich als Berater für andere landwirtschaftliche Betriebe tätig. „Einen Hof dieser Größe kann man nicht im Vollerwerb betreiben“, sagt Denis Hahn. Hof Berenberg hat rund zehn Hektar Wiesen und Ackerland.

Kleinere Betriebe müssen wieder wirtschaftlicher werden

„Ich würde mir wünschen, dass die Politik wieder bessere Rahmenbedingungen für Kleinbauern schafft, egal ob die Betriebe biologisch oder konventionell arbeiten. Wir müssen weg von der Flächenprämie, damit man auch wieder mit weniger Fläche wirtschaftlich arbeiten kann“, erklärt Hahn.

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Ihm zufolge seien viele Betriebe zudem aufgrund von hohen Pachtpreisen gezwungen, aus ihren Flächen den höchstmöglichen Ertrag zu ziehen. Beispielsweise durch vorrangigen Anbau von Weizen oder Mais. „Immer nur Weizen und Mais in der Fruchtfolge zu haben, ist aber auf Dauer nicht gut für die Böden“, so Hahn.

Das wollen die Hahns anders machen. Sie setzen beispielsweise auf Kleegras in der Fruchtfolge, das sei wichtig für Bodenruhe und Stickstoffaufbau. „Ein gut gepflegter Boden nimmt bei Starkregenereignissen auch mehr Wasser auf“, fügt er hinzu. In den vergangenen zwei Jahren habe die Familie bereits einiges dafür getan, um Abwechslung auf den Ackern zu schaffen. den Hof zu diversifizieren. So werden dort etwa Buchweizen, Dinkel und Hanf zur Produktion von Speiseöl angebaut. Auch Früchte wie Hafer oder Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, wachsen auf den Feldern, die zum Hof Berenberg gehören.

Genossenschaft zeigt sich zufrieden

Bei der Kulturland eG ist man zufrieden mit der Entwicklung von Hof Berenberg. „Dass in einer Zeit, in der Landwirtschaft unter Druck steht und viele Höfe aufgeben müssen, der Weg auch in eine andere Richtung gehen kann, begeistert mich immer noch sehr“, sagt Stephan Illi.

50 Menschen und Familien haben das inzwischen mit ihren Genossenschaftsanteilen möglich gemacht, und wenn nochmals etwa 30 weitere dazu kommen, sei das Land für den Hof dauerhaft gesichert. „Für mich ist das erlebbare Selbstwirksamkeit: als Gemeinschaft sind wir in der Lage, die Grundlagen zu legen, dass eine junge Familie einen neuen Hof aufbauen kann, und dabei entsteht genau das, was wir als Gesellschaft brauchen: Regionalversorgung, Biodiversität und Höfe als lebendige Erlebnisräume für Kinder und Erwachsene“, so Illi.

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Und wie fällt das Fazit von Familie Hahn aus? „Ich denke, wir würden den Schritt nochmal wagen“, sagt Denis Hahn und erklärt das auch mit den Werten, die seine Kinder beim Aufwachsen in der Landwirtschaft erleben. Dennoch gehöre viel Wille dazu und auch Glück. „Unser Vorteil war außerdem, dass wir schon ein gutes Netzwerk ins Dorf und zu den anderen Landwirten in der Region hatten. Wären wir als komplett Fremde hier hergekommen, wäre es nochmal deutlich schwieriger gewesen“, sagt Denis Hahn.

Bevor die Familie Hof Berenberg übernommen hat, waren die Hahns Teil der Hottenlocher Hofgemeinschaft. Auch dieser Hof liegt in Mühlingen und ist nur zwei Kilometer Luftlinie von Hof Berenberg entfernt. Unsicherheiten um die Zukunft des Pachtverhältnisses und Aussichten auf steigende Pachtkosten hatten dazu geführt, dass sich die Familie eine eigene Existenz aufbauen wollte.