Doris Burger

Schauspieler als Literaturvermittler

Es ist wunderbar, einer geschulten Stimme zu lauschen. Wohltönend und abwechslungsreich liest der Schauspieler und "Literaturvermittler" Frank Lettenewitsch aus den Werken von Jacob Picard (1883 bis 1967). Literaturvermittler nannte ihn Anne Overlack, Vorsitzende des Freundeskreises Jacob Picard in ihrer kurzen Einführung im früheren Rathaus von Wangen. Im Erdgeschoss findet sich die Gedenkstätte für diesen Dichter des Landjudentums, der im Ort aufgewachsen ist. Gezeigt werden hier die wenigen Relikte der jüdischen Gemeinde, die einmal ein Drittel der Einwohner umfasste.

Eine Lesung im Rahmen der Höri Musiktage Bodensee: Anne Overlack und Frank Lettenewitsch im kurzen Gespräch
Eine Lesung im Rahmen der Höri Musiktage Bodensee: Anne Overlack und Frank Lettenewitsch im kurzen Gespräch

Lesung führt nach Konstanz

Doch nicht in die Wangener Zeit, sondern nach Konstanz entführt Lettenewitsch. Als Hauptwerk für diesen späten Nachmittag suchte er ein autobiographisches Stück von Picard aus: "Wie ich Hölderlin entdeckte" heißt es. Jacob Picard ging in Konstanz aufs Suso-Gymnasium, das damals noch auf der Insel ansässig war. Im Frühjahr 1893 fing er dort an, zunächst lebte er während der Woche bei Verwandten. Erst zwei Jahre später folgte auch seine Familie in die Stadt.

Erste Liebe führt zu Lyrik

Nun also Konstanz, Ausflüge hinunter zum Grenzbach. Oder hinüber über die Brücke zur Seestraße, wo ein vielfach begehrtes Mädchen wohnte. Da konnte man ja mal herum lungern, und auf eine ganz zufällige Begegnung hoffen. Kern der Erzählung bilden die Gedichte von Friedrich Hölderlin, dem deutschen Lyriker, der nochmals hundert Jahre früher gelebt hatte. Doch für den Jungen, zum ersten Mal verliebt, schien er grad die richtigen Worte geschrieben zu haben. Vortragen wollte er sie der Angebeteten, die sich jedoch von ihm selbst gedichtete Verse wünschte, um dann doch die zarten Eichhörnchenfelle des Freundes anzunehmen.

Die Liebe zur Heimat bleibt unerwidert

In dieser Erzählung, so der Literaturvermittler Frank Lettenewitsch, stecke die ganze Melancholie und auch Liebe zur Lyrik. Dazu die Liebe zur Heimat und zur Natur, dem Ort, wo er aufgewachsen ist. Und nicht zuletzt die Liebe des Judentums zum Deutschtum, die so einseitig war.