Der Öhninger Gemeinderat ist sich einig, dass das Haus der Vereine klimafreundlich gebaut werden soll. Doch soll es bei der Planung und beim Bau auch ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen, damit es das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) erhält? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung.
Und kam zu einem überraschenden Ergebnis: Das Haus der Vereine soll zwar energieeffizient, aber dafür nicht nachhaltig im Sinne des QNG-Siegels gebaut werden. Der Grund liegt in der Förderkulisse bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für sogenannte Nichtwohngebäude mit QNG-Siegel. Denn laut den Berechnungen des Planungsbüros fließt nur ein Viertel von dessen Zuschüssen in einen ökologischen Mehrwert für das Haus der Vereine. Dreiviertel der KfW-Förderung würden hingegen für die bürokratischen und administrativen Maßnahmen für den Erhalt des Siegels ausgegeben werden.
Wie funktioniert die Förderung?
Die KfW bietet zwei Möglichkeiten für die Förderung von klimafreundlichen Neubauten von Nichtwohngebäuden an. In beiden Fällen handelt es sich um den Bau von Gebäuden nach dem Standard des „Energieeffizienzhaus 40“ in einer barrierefreien Ausführung. Laut KfW gibt die Kennzahl 40 an, dass das Effizienzhaus im Vergleich mit einem Referenzgebäude nur 40 Prozent Primärenergie benötigt.
Das Bauen mit dem QNG-Siegel wird von der KfW deutlich höher gefördert. Beim Haus der Vereine würde der Zuschuss ohne QNG-Siegel 67.000 Euro, mit dem QNG-Siegel 238.950 Euro betragen.
Die Mehrkosten für einen energieeffizienten Neubau ohne Siegel belaufen sich auf 12.800 Euro. Somit bleibt ein Zuschuss in Höhe von rund 48.500 Euro übrig. Der Bau nach dem QNG-Standard führe hingegen – durch die erheblichen Anforderungen daran – zu Mehrkosten in Höhe von 244.600 Euro. Sie überschreiten den Zuschuss um fast 6000 Euro, so die Verwaltung. Gleichzeitig könne es zu einer Kürzung der Städtebauförderung und zu Unwägbarkeiten wie Bauverzögerungen kommen.
Mehraufwand frisst Zuschuss auf
Der ökologische Mehrwert durch das QNG-Siegel mit Recycling-Beton und mit schadstofffreien Materialien für die Dämmungen und Leitungen mache ein Viertel der Mehrkosten aus – wobei die Planungsleistungen, die Gebühr für die Zertifizierung, dessen Monitoring und Dokumentation administrative Kosten seien, lässt die Verwaltung wissen. Der erforderliche bauliche, planerische und koordinative Mehraufwand fresse so die gesamte Höhe des Zuschusses auf.

„Macht es Sinn, den höheren Standard durchzuführen?“, fragte Bürgermeister Andreas Schmid in der Ratssitzung. Seine Antwort lautete: Nein. Und zwar weil man von den 244.000 Euro Mehrkosten nur 68.000 Euro für Materialien ausgebe und den Rest für den Mehraufwand durch die Zertifizierung. Schmid wolle sich mit dem Architekturbüro zusammensetzen, wie man Materialien für einen höheren ökologischen Standard einsetzen könnte, ohne dafür das Siegel zu bekommen.
Hoher Standard auch ohne Siegel
Andrea Dix (Netzwerk) sprach sich für die höhere Fördersumme aus. Der Standard sei gewünscht und würde deshalb gefördert werden. Für Christine Schäfer (CDU) war das Siegel irrelevant, da die Gemeinde bereits im Standard des klimafreundlichen Nichtwohngebäudes bauen wolle. „Wir erfüllen einen hohen Standard“ – ohne, dass die Gemeinde dafür einen QNG-Stempel bekomme.
Mit dem Stempel könne man Mehrfamilienhäuser besser verkaufen, weil damit der Wert am Markt höher liegen würde. Doch das Haus der Vereine sei ein Praxisgebäude im Verbleib der Gemeinde. Sie sprach sich daher gegen das zusätzliche Siegel und für ein energieeffizientes Bauen aus.
Für Simon Klose (OBF) ist der Recyclingbeton zwar ressourcenschonend, aber dafür schlechter zu verarbeiten. Und für die Dämmung schlug er ökologische Holzfaser vor. Die Mehrkosten sind für ihn wie „das Füttern eines Wasserkopfes“: Man nehme das Geld von den Steuerzahlern und füttere den Wasserkopf.
Mit Zertifikat bei 3 Millionen Euro?
René Zimmermann (CDU) schloss sich dem Vorschlag der Verwaltung für ein Bauen ohne QNG-Zertifizierung an: „Wir können ganz gut bauen und haben keine Zusatzkosten.“ Bürgermeister Schmid geht davon aus, dass man die Kosten halten könne. Laut Kostenplan vom Dezember soll das Haus der Vereine rund 2,84 Millionen Euro kosten.
Man könne sie aber nicht halten, wenn man den Mehraufwand durch die QNG-Zertifizierung betreibe. Die Gesamtkosten lägen damit bei über 3 Millionen Euro. Man verbrate 180.000 Euro zusätzliche Planungskosten, um für 68.000 Euro Materialien einzubauen und das Gebäude zertifizieren zu lassen.