Vor dem Wandbild eines Mannes mit Pflug und einer Ernteszene steht heute eine Rolltafel. Was in den 1960ern und noch auf Jahrzehnte die Schulbesucher neben dem Eingang begrüßte, ist heute ein Kunstwerk in einem Innenraum der Grundschule Nenzingen. Seit dem Neubau des Gebäudes 1963 hat es sich innen und außen stark gewandelt und ist gewachsen: Zwei Anbauten, Umgestaltung des Schulhofs und mehr.

Dorothea Knoop kennt das Schulhaus in all seinen Zuständen. Sie war dort um 1965 Grundschülerin und unterrichtet seit 1995 als Lehrerin in Nenzingen. "Die Schule sah damals noch aus, wie ich sie aus meiner Schulzeit kannte", erzählt sie. "Dann kam ein Umbau nach dem anderen." Die Schließung der offenen Pausenhalle mit dem Wandbild sei die erste Baumaßnahme gewesen. Die Schulbücherei wanderte später vom Untergeschoss in einen Anbau und das "winzige Rektorat und das Lehrerzimmer" zogen auch um.

Aus ihrer eigenen Schulzeit erinnert sie sich noch sehr gut an die Lehrerin Ida Liehner. "Sie war eine Größe", erzählt Dorothea Knoop. "Fräulein Liehner hat ganze Generationen vom Opa bis zum Enkel unterrichtet." Sie hat in ihrem Poesiealbum noch einen Eintrag der angesehenen Lehrerin.
Anders als heute gab es in den 1960er-Jahren Unterrichtsstunden, in denen Jungen und Mädchen getrennt waren. Die Mädchen hatten Handarbeitsunterricht, die Jungen Werken. "Wir hatten damals Handarbeitskörble wie es heute Sportbeutel gibt", sagt Dorothea Knoop und erinnert sich zum Beispiel daran, wie die Mädchen Mützen mit Bommel stricken mussten. "Es war bei den Hausaufgaben manchmal ein Drama, wenn einem am Vorabend eingefallen ist, was noch Handarbeiten zu machen waren. Da hat die Mutter dann geholfen."

Doothea Knoop ist übrigens nicht die einzige Lehrerin, die selbst einmal Schülerin in ihrer Schule war. Auch Sabine Winter kennt die Schule aus beiden Perspektiven. "Meine Kinder hatten dieselbe Klassenlehrerin wie ich", erzählt sie. "Viele Mütter, die selbst hier waren, schicken ihre Kinder zu uns in die Schule."
So hat sich die Nenzinger Schule entwickelt
- Anfänge im 19. Jahrhundert: Das erste Nenzinger Schulhaus soll vor 1790 das Haus Konrad Schroff in der Hornberger Straße gewesen sein, heißt es im Buch "Nenzingen – Geschichte und Geschichten". 1825 war der Bau eines Schulhauses mit Schulsaal, Lehrerwohnung und Ökonomiegebäude vor der Kirche. In den 1830er- und 1840er-Jahren liefen Diskussionen um eine Erweiterung oder einen Neubau hinter der Kirche. Damals gab es rund 120 Schüler und einen Lehrer. Ein zweiter Schulsaal wäre ab 130 Schülern notwendig gewesen. In den folgenden Jahrzehnten gab es einen Umbau mit einem zweiten Schulsaal. 1898 wurde das Nebenhaus abgerissen und die Fläche wurde zum Turnplatz für die Schule. 1923 entstand laut des späteren Zeitungsberichts zur Einweihung des Neubaus 1963 ein dritter Schulsaal im Rathaus, so dass die Schüler im Ort verteilt waren. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Schulbetrieb in den Rosensaal an der Ecke Hornbergerstraße/Weinbergweg verlegt.
- Neubau in den 1960ern: Ende der 1950er begann die Überlegung und Planung für einen Schulneubau, da die Baubehörde das alte Gebäude als ungeeignet für einen Umbau befand. 1962 starteten die Arbeiten in der Friedhofstraße und am 7. September 1963 war die Einweihung der neuen Schule, die laut einem damaligen SÜDKURIER-Bericht 500 000 D-Mark gekostet hatte. Das Gebäude hatte zwei Stockwerke mit je drei Schulsälen (darunter ein Handarbeits- und ein Werkraum), zwei kleine Lehrerzimmer und im Keller einen Duschraum. Schulleiter war damals Erich Muffler. Auf ihn folgte im Jahr 1969 Wolfgang Anselment. Bis 1967 hieß die Schule Volksschule und ab dann Grund- und Hauptschule. Ab 1976 gingen die Nenzinger Hauptschüler nach Eigeltingen.
- Die Einweihung: Am 7. September 1963 war die Einweihung des neuen Gebäudes mit vielen Ehrengästen und Festgottestdienst. Es lag aber ein Schatten über dem Tag, denn, wie der SÜDKURIER berichtete, Architekt Hans Heim war zuvor verstorben. Der damalige Bürgermeister Eugen Bold hielt in der offenen Pausenhalle im Eingangsbereich eine Festansprache. (löf)