Viele Bürger von Orsingen-Nenzingen wünschen sich, dass die Gemeinde mehr unternimmt in Sachen Verkehrsberuhigung. Das wurde nicht erst in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats deutlich. Mögliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung sind schon seit Langem ein Thema. Bereits während des Wahlkampfes im Jahr 2021 war der heutige Bürgermeister Stefan Keil häufig von Einwohnern darauf angesprochen worden.

Auch in Bürgersprechstunden wurde oft danach gefragt, erklärte Keil in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Die Verwaltung habe sich intensiv dafür eingesetzt, dass im Ortsgebiet regelmäßig Radarkontrollen umgesetzt werden. Jetzt wurde nach ausgiebiger Diskussion mit acht Stimmen bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung vom Gemeinderat beschlossen, alle Nebenstraßen zu Tempo-30-Zonen zu machen.

Das könnte Sie auch interessieren

Bald kommen die Schilder

Mitarbeiter des Bauhofs werden bald die entsprechenden Schilder aufstellen. Schon im Oktober 2021 ging es in der öffentlichen Gemeinderatssitzung um Möglichkeiten zur Verkehrsberuhigung. Grundsätzlich wünschte sich das Gremium damals, prüfen zu lassen, ob eine flächendeckende Ausweisung von Tempo-30-Zonen in Nebenstraßen im Ortsgebiet möglich ist.

Mitte Juli 2022 und Anfang März 2023 fanden Ortstermine mit der Straßenverkehrsbehörde und der Polizei statt. Es habe gedauert, bis die relevanten Behörden einen Termin ausgemacht hätten, so der Bürgermeister. Er führte aus, dass die Straßenverkehrsordnung prinzipiell ein Tempolimit von 50 Stundenkilometern vorsehe.

Solche Schilder werden bald in größerer Anzahl in Orsingen-Nenzingen zu sehen sein.
Solche Schilder werden bald in größerer Anzahl in Orsingen-Nenzingen zu sehen sein. | Bild: Claudia Ladwig

Es gebe jedoch auch Ermächtigungsgrundlagen für Abweichungen. Danach könne die Straßenverkehrsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo-30-Zonen anordnen.

Künftig gilt in allen Nebenstraßen in Orsingen und Nenzingen ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern. Das neue Verkehrskonzept stellt nach Angaben des Bürgermeisters den größten gemeinsamen Nenner dar, den es aktuell mit den Behörden gibt.

Auch Vorfahrtsregeln ändern sich

An Einmündungen und Kreuzungen, an denen durch die neue Verkehrsregelung der Vorrang (rechts vor links) geändert wird, wird für sechs Wochen ein entsprechendes Hinweisschild angebracht. Dies betrifft aber lediglich den Bereich Eigeltinger Straße und Langensteiner Straße.

Die Gemeinderäte äußerten sich unterschiedlich zu dem Konzept. Sabine Hins (FGL) lobte: „Das ging verdammt schnell.“ Dank der eingezeichneten Schilder im Ortsplan sehe man erst die ganze Tragweite. Nikolaus Langner (CDU) freute sich. „Es ist genau das, was ich schon immer gesagt habe.“

Das könnte Sie auch interessieren

Christine Leithe und Cordula Buhl (beide FWV) sprachen sich ebenso dafür aus. Antonie Schäuble (FWV) betonte, sie habe die Idee der 30er-Zonen schon 2021 gut gefunden und die Zeit genutzt, um in Nebenstraßen freiwillig mit 30 Stundenkilometern zu fahren. „Ich fand es durchaus gut umsetzbar.“

Ein Zeichen für alle Nebenstraßenbewohner

Aktuell sei die Regelung etwas chaotisch, weil irgendwo eine Tempo-30-Zone anfange und wieder aufhöre. Künftig gebe es ein einheitliches Bild. „Das ist auch ein Zeichen für alle Nebenstraßenbewohner, dass man sich einsetzt. Oft sind dort keine Gehwege. Ich stimme gern zu, wohl wissend, dass es auch Menschen gibt, die nicht begeistert sind“, so Schäuble.

Zu diesen gehört Roman Roth (FWV). Er sagte: „Ich schreie nicht Juhu. Am schnellsten fahren die, die dort wohnen. Zum Beispiel Mütter, die ihre Kinder zum Kindergarten fahren.“ Harry Metzger (FWV) ergänzte: „Wenn sich jeder daran halten würde, wäre es eine gute Sache.“

Kommt jetzt die falsche Sicherheit?

Er sei aber skeptisch und habe die Befürchtung, dass man Kindern eine Sicherheit vermittle, die es nicht gebe. „Tempo 30 wird nur eingehalten, wenn dort kontrolliert wird. Es muss Geld kosten, wenn jemand zu schnell unterwegs ist. Wenn man im Wohngebiet Leute vor sich selbst schützen muss, ist das bedenklich.“

Das könnte Sie auch interessieren

Bei der Vorstellung des Schilderwaldes sei ihm ganz schlecht geworden, so Roland Riegger (CDU): „Ich bin prinzipiell für Tempo 30 im ganzen Wohngebiet, aber ein Schild als solches bewirkt nicht Tempo 30. Dort fahren schwerpunktmäßig Anwohner, die könnten es freiwillig praktizieren.“

Auf Straßen, die nicht ohnehin durch ihre Gestaltung ein langsames Tempo abverlangten, könne man durch bauliche Maßnahmen mehr bewirken, war seine Meinung. Marius Zeiher (CDU) fragte, ob es nicht sinnvoller sei, gezielt Straßen auszuwählen, die dazu verleiten, schneller zu fahren, und dort mit Radar zu kontrollieren.

Gefahrenpotenzial durch neue Vorfahrtsregelung?

In der Eigeltinger und Langensteiner Straße sah er durch die Änderung der Vorfahrtsregelung außerdem unnötiges Gefahrenpotenzial. Nikolaus Langner gab zu, der Schilderwald habe ihn auch irritiert. Aber Lieferdienste oder Handwerker könnten ohne Poller ungehindert durchfahren und auch bei Baumaßnahmen sei die Tempo-30-Lösung besser als Behinderungen.

Stefan Stemmer (CDU) sprach sich ebenfalls für die Neuregelung aus – trotz der zu erwartenden Schilderflut. „Viele fahren statt 50 Stundenkilometern 60 oder 70. Wenn Tempo 30 gilt und sie fahren 50, haben wir auch schon was erreicht.“

Das könnte Sie auch interessieren

Ralph J. Schiel (FGL) fasste zusammen, es sei ein mega-emotionales Thema mit vielen Haltungen dazu. „Ich bin heilfroh, dass wir endlich eine Lösung haben, die auch praktiziert werden kann.“ Am Ende der Sitzung begrüßten auch die anwesenden Einwohner durchweg die Tempo-30-Regelung.