Herr Bernhart, sind Sie froh, dass die Durchfahrt nach Ludwigshafen auf der Bundesstraße 34 wieder offen ist?
Grundsätzlich ja. Weil es viele Beziehungen zwischen Espasingen und Ludwigshafen gibt und eine offene Straße doch die Begegnungen erleichtert.
Warum nur grundsätzlich?
Weil wir wieder mehr Verkehr in der Meersburger Straße haben. Das ist auch logisch, weil diese Straße eine Bundesstraße ist.
Die Obstbauern freuen sich?
Zumindest die aus Ludwigshafen, die den Obstgroßmarkt in Espasingen anfahren müssen. Sie müssen keine Umwege mehr nehmen. Die Obstbauern aus Bodman waren von der Sperrung nicht betroffen, die haben uns ohne Probleme erreicht. Nur Müllers Obstkiste war vom Verkehr aus Ludwigshafen heraus abgeschnitten. Für die Espasinger Landwirte war die Sperrung kein Thema. Eher für die Schüler, denen nicht alle Busverbindungen zur Verfügung standen.
Immerhin war Espasingen ein Jahr lang dadurch ein verkehrsberuhigtes Dorf?
Ein Jahr nicht, es war nur ein Dreiviertel Jahr. Auch das verkehrsberuhigte Dorf, wie Sie es sagen, stimmt nur in Teilen. Die Verkehrsberuhigung traf nur für die Meersburger Straße, also die B 34 in Richtung Ludwigshafen, zu. Dafür mussten die Riedstraße und die Zielstraße als Bundesstraße 313 noch mehr Verkehr aufnehmen. Jeder Lastwagen und jedes Auto, die aus Richtung Radolfzell kamen, sind über diese Abzweigung gefahren.
Was hatte das für Folgen?
Wir mussten Ampeln auf Höhe der Kirche aufstellen, damit die Fußgänger über die Straße kamen. Auch die Bushaltestelle mussten wir für einen sicheren Einstieg von der Bundesstraße in den Dorfkern vor das alte Schulgebäude versetzen. Wir konnten es nicht verantworten, wenn die Grundschüler an der eigentlichen Bushaltestelle hätten einsteigen müssen. Dafür war einfach zu viel Verkehr. Unter der Woche war es vor allem der Lastwagenverkehr, am Wochenende war es der Ausflugsverkehr. Ein Auto reihte sich ans andere. Den Hinweis auf der Autobahnabfahrt Stockach West, dass die Zufahrt nach Ludwigshafen gesperrt ist, haben wohl nicht alle Fahrer ernst genommen oder einfach übersehen.
Welche Erkenntnis haben Sie aus diesen Monaten gewonnen?
Eine einseitige Verkehrsberuhigung im Dorf geht immer zu Lasten eines anderen Teils. Klar ist: Würden wir etwa die Meersburger Straße verkehrsberuhigt ausbauen, wäre es in der Zielstraße nicht mehr zum Aushalten.
War diese Sperrung der Bundesstraße 34 ein Modellfall für die geplante Umfahrung von Espasingen?
Nur in Ansätzen. Weil es natürlich einen Ziel- und Quellverkehr nach Ludwigshafen gibt. Aber was noch viel mehr zählt, ist das Konzept der Umfahrung. Sie soll an Espasingen vorbeiführen und den Verkehr von beiden Bundesstraßen aufnehmen, auch der Bahnübergang wird beseitigt. Dann sind am Ende beide Straßen im Dorf entlastet.
Wann kommt die Umfahrung?
Bis in fünf Jahren müsste es so weit sein, wenn alles glatt läuft.
Was macht sie so zuversichtlich?
Meine Zuversicht mache ich an der kleinen Anfrage unseres Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz an das Verkehrsministerium fest. In der Antwort des Ministeriums heißt es, für das Planfeststellungsverfahren rechnet man mit einer Mindestdauer von etwa zwei Jahren. Die Bauzeit für die Umfahrung wird mit drei Jahren angegeben. Nach meinen Informationen braucht es für das Planfeststellungsverfahren nur noch Nacharbeiten, dann haben wir den Planfeststellungsbeschluss und dann hätten wir den roten Punkt, also die Baufreigabe.
Ist diese Ortsumfahrung überhaupt bezahlbar und haben Sie schon einmal eine Summe gehört?
Zuerst einmal muss das Baurecht da sein. Dann wird über die Kosten verhandelt. Es gab einmal eine Zahl, die lag bei 50 Millionen Euro. Ob diese Umfahrung bezahlbar ist, das müssen andere entscheiden.