Auch wenn es anfangs keine Liebesheirat war, die die Gemeinden Orsingen und Nenzingen vor 50 Jahren zusammenführte, ist die Vereinigung 1975 zum Erfolg geworden. Vieles ist seither zusammengewachsen und der zwischen den beiden Ortsteilen gelegene Sportverein ist bei weitem nicht das Einzige, das die beiden Orte und ihre Menschen verbindet.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich sowohl die Nenzinger, als auch die Orsinger zeitweise schon mit viel weiter entfernt gelegenen Orten arrangieren mussten – und dass diese Beziehungen und Einflüsse die Orte bis heute prägen.
Überraschende Verbindung zu Rom
Wirft man einen Blick in die 1977 von Ferdinand Stemmer herausgegebene Ortschronik zu Orsingen, tauchen im Ortsregister viele Orte der Umgebung auf, von Aach bis Zoznegg. Je näher sie an Orsingen liegen, desto öfter werden sie genannt; auch Nenzingen kommt selbstverständlich viele Male vor. Doch es gibt noch viel entferntere Gegenden, die für die ehemals eigenständige Gemeinde eine große Bedeutung haben – und bei denen eine Verbindung zu Orsingen nicht unbedingt zu erwarten wäre.
Römische Einflüsse wurden in Orsingen laut den Aufschrieben durch die Ausgrabungen von Gebäuden und Funde aus dieser Zeit bestätigt und leben mit dem Straßennamen Römereck bis heute weiter. Während auch die Anwesenheit der Alemannen in Orsingen erst nur durch Funde belegt werden kann, ändert sich das mit der Ersterwähnung Orsingens und der Herren von Orso im Jahr 1094. Untrennbar ist Orsingen mit Schloss Langenstein verbunden, die Herren von Langenstein werden erstmals 1174 genannt. Ihnen folgten die Grafen von Nellenburg, die Herren von Heudorf, Matthias von Castelwarth, die von Randegg, von Homburg und schließlich von Knörringen.
Zeugnisse noch heute erhalten
1568 kam Hans Werner von Raitenau von Vorarlberg nach den Aufzeichnungen nach Langenstein, wo seine Familie über 100 Jahre die Herrschaft übernahm. Noch heute ist in der Sakristei der Orsinger Kirche ein Altarbild zu finden, welches die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer zeigt. Als Zuschauer hat der Maler die Familie von Raitenau dargestellt – inklusive Hans Werners Sohn Wolf Dietrich von Raitenau (1559-1617), Erzbischof von Salzburg.

Das Grab, welches er seiner Mutter Helena von Hohenems durch Hans Morinck errichten ließ, ist ebenfalls in der Kirche erhalten. Sie war verwandt mit der Mailänder Familie Medici und Papst Pius IV., aber auch mit dem später heiliggesprochenen Kardinal Karl Borromäus. So hatte Orsingen Beziehungen zu weit entfernten und bedeutenden Orten.
Im 14. Jahrhundert Filiale von Eigeltingen
Im Jahr 1671 ging die Herrschaft Langenstein an die Grafen von Welsperg über. Als Erinnerung an seine Gesandtschaftsposten nannte Graf Philipp von Welsperg (1736-1806) die bei Langenstein liegenden Gutshöfe Dänischer Hof, Portugieserhof und Sardinischer Hof – das sorgte wiederum für internationales Flair in Orsingen. 1826 erwarb Großherzog Ludwig von Baden Langenstein und vermachte es dem Sohn, den er mit der Gräfin Katharina von Langenstein hatte: Ludwig von Langenstein.
Nach dessen Tod 1872 fiel die Herrschaft an seinen Neffen, Graf Wilhelm Douglas, Sohn des schwedischen Grafen Carl Israel Wilhelm Douglas, was wiederum für weitere internationale Einflüsse sorgte. Weiteren Einfluss hatte die Landgrafschaft Nellenburg. Von ihr gelangte Orsingen 1806 an Württemberg, 1810 an Baden, gehörte 1810 bis 1972 zum Amt/Landkreis Stockach und seitdem zum Landkreis Konstanz. Kirchlicherseits war Orsingen 1360/70 als Filiale von Eigeltingen erwähnt und wurde 1587 zur Pfarrei erhoben.
Nach Zweitem Weltkrieg unter französischer Besatzung
Manche Kriege wie der Bauernkrieg oder Dreißigjährige Krieg brachten für kürzere oder längere Zeiten fremde Soldaten nach Orsingen. Im 19. und 20. Jahrhundert mussten Orsinger Bürger in viele Kriege ziehen und starben zum Teil weit entfernt von ihrer Heimat, beispielsweise beim Russlandfeldzug im Jahr 1812, aus welchem sechs Orsinger nicht mehr nach Hause kamen, oder in den beiden Weltkriegen.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war Orsingen unter französischer Besatzung und es kamen Heimatvertriebene nach Orsingen; Stemmer führt ihre Namen und Herkunftsorte in seiner Ortschronik auf.
Immer wieder verändert sich der Ort
Seit deren Erscheinen im Jahr 1977 und seit der Gemeindereform 1975 hat sich Orsingen immer wieder verändert und neue Menschen kamen und kommen hinzu. Manche für lange oder immer, manche nur zum Urlaub. Zusammen mit Nenzingen darf Orsingen als Doppelgemeinde Orsingen-Nenzingen nun seit 50 Jahren gemeinsam auf die Veränderungen der Zeit und auf Einflüsse von außen reagieren.
In diesem ersten Artikel ging es um die Geschichte Orsingens, ein weiterer Teil über Nenzingen soll noch folgen.