Viele Menschen klagen über Probleme oder beschweren sich im privaten Kreis über vermeintliche Missstände jeglicher Art. Familienvater Maik Fried aus Orsingen macht es anders: Er wird aktiv, um Verbesserungen zu erreichen. Nachdem seine Tochter im Juni beim Überqueren der Nenzinger Straße auf dem Zebrastreifen von einem Auto angefahren worden ist, nahm er Kontakt zu Bürgermeister Stefan Keil und zum SÜDKURIER auf.

Aus Gesprächen mit anderen Eltern wisse er, dass seine Tochter das vierte Kind innerhalb von fünf Jahren sei, das auf dem Schulweg angefahren worden sei. Hier müsse etwas geschehen, um die Kinder zu schützen, fordert er. Die Polizei hat die Unfälle teilweise in ihren Pressemitteilungen veröffentlicht.

Drei der besagten Unfälle ereigneten sich im Bereich des Kindergartens und der Bushaltestellen, an denen auch die Schüler der Grundschule ankommen. Ein Kind sei außerdem im Bereich der Bushaltestelle am alten Rathaus verletzt worden. Maik Fried sagt: „Aus unserer Sicht müssen unsere Kinder an diesen Stellen besser geschützt werden. Wir haben uns ein paar Vorschläge überlegt – wie einen Betonpoller am Zebrastreifen, der die Aufmerksamkeit der Autofahrer erzwingt, den Zebrastreifen dominanter erscheinen lässt und den Verkehr ausbremst.“

Nachdem vier Kinder in den vergangenen fünf Jahren Verkehrsunfälle auf dem Schulweg hatten, machen sich einige Familien stark für mehr ...
Nachdem vier Kinder in den vergangenen fünf Jahren Verkehrsunfälle auf dem Schulweg hatten, machen sich einige Familien stark für mehr Sicherheit. Maik Fried (vorne rechts) hat Bürgermeister Stefan Keil mehrere Vorschläge überreicht. | Bild: Claudia Ladwig

Wunsch nach Tempo 30 und Verlegung der Haltestelle

Eine andere Idee sei, den Zebrastreifen in Richtung Kindergarten zu verlegen. Am alten Rathaus schlagen die Eltern eine Verkehrsberuhigung mit Tempo 30 vor. Außerdem wünschen sie sich eine Zurückverlegung der Bushaltestelle zum Torkel. Dort seien die Kinder sicher. Auch für den Bereich am Kindergarten halten die Eltern Tempo 30 für sinnvoll. Viele Kinder querten hier die Fahrbahn, um die Bushaltestelle zu erreichen.

Fried verdeutlicht: „Der Kindergarten steht unmittelbar hinter einem hohen Gebüsch und ist aus Richtung Nenzingen kommend nicht einsehbar. Von hier aus liegt der vorhandene Zebrastreifen hinter der Kurve und ist somit ebenfalls nicht einsehbar.“

Er erklärt, dass alle Kinder der befragten Eltern zum Kindergarten oder zur Schule an dieser Straße oder über diese laufen müssen. „Sie ist breit, verläuft aus Richtung Nenzingen kommend viele Meter im freien Feld und ist dennoch innerorts, bevor sie unmittelbar auf die Bushaltestellen und den Kindergarten trifft“, führt er aus. Die aufgehängte Warntafel mit Tempo-Smiley zeige, wie leicht die eigene Geschwindigkeit falsch eingeschätzt werde.

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Autos halten nicht richtig an

Am Zebrastreifen selbst sei die Situation oft kritisch. Maik Fried erzählt: „Die wenigsten Autos halten an. Sie bremsen, rollen und geben genervt wieder Gas. Wenn ein Auto steht, überholt der Hintermann oder die Kinder werden angepöbelt, wenn sie aus Unsicherheit nicht losgehen, während das Auto noch rollt.“

Das bestätigt Rita Löb. Sie erlebe fast jeden Tag, dass Autofahrer viel zu schnell unterwegs seien, Gas gäben, auch wenn Menschen noch auf der Straße seien, und Personen nicht über die Straße ließen.

Maik Fried weist noch auf die Ortsumgehungsstraße hin und betont: „Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, die Ortsdurchfahrt nicht zu erschweren. Vielleicht weichen dann mehr Fahrzeuge auf die Umgehung aus.“

Immer wenn die Tempoanzeigetafel zwischen Kindergarten und Bushaltestelle in der Nenzinger Straße in Orsingen (rechts) hängt, erscheint ...
Immer wenn die Tempoanzeigetafel zwischen Kindergarten und Bushaltestelle in der Nenzinger Straße in Orsingen (rechts) hängt, erscheint oft der rote Smiley: Viele Fahrzeuge sind dort mit mehr als den erlaubten 50 Stundenkilometer unterwegs. Dies ist ein Archivbild von 2019. | Bild: Löffler, Ramona

Gemeinderat will das Thema angehen

Bürgermeister Stefan Keil ist erst seit einem Monat im Amt, berichtet aber, dass ihm bereits während des Wahlkampfs mehrfach die Sorgen und Nöte bezüglich des Verkehrs geschildert worden seien. Diese nehme er sehr ernst. In der jüngsten nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung seien eine Vielzahl an Themen besprochen und die dringlichsten Aufgaben mit dem Gemeinderat definiert worden.

Keil sagt: „Dazu gehörte auch das Thema Verkehr, denn den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten ist es ebenso ein Anliegen, wenn es rechtlich möglich ist, eine Verbesserung der Situation in Orsingen-Nenzingen zu schaffen.“

Deshalb solle Anfang Oktober eine Gemarkungsbegehung in der Doppelgemeinde stattfinden. Dabei sollen auch die Verkehrssituation ganzheitlich beleuchtet und mögliche Szenarien diskutiert werden. Stefan Keil erklärt: „Im Anschluss daran kann ich dann mit den zuständigen Behörden die rechtlichen Möglichkeiten in Form einer Verkehrsschau prüfen. Das Verkehrsrecht definiert hierbei den Rahmen des Möglichen, was wir umsetzen können.“

Ein Beispiel: Die Gemeinde dürfe nicht ohne Weiteres einen Zebrastreifen auf der Fahrbahn anbringen, „auch wenn wir gegebenenfalls alle der Meinung sind, dass das sinnvoll wäre“.

Im Neubaugebiet gibt es auch Probleme

Neben der Situation am Zebrastreifen über die Nenzinger Straße haben die Eltern einen weiteren Gefahrenbereich ausgemacht: Im Neubaugebiet Eizen lebten in nahezu jedem Haus jüngere Kinder, sagt Amelie Roth.

Viele Autofahrer achteten jedoch nicht darauf und passten ihre Geschwindigkeit nicht an, sodass draußen spielende Kinder ständig gefährdet seien. Selbst in der Nähe des Spielplatzes rasten Autos vorbei. Auch hier erhoffen sich die Familien Unterstützung durch den neuen Bürgermeister.

Dauerthema, Verhalten und Strafe

  • Wiederholte Sorgen: Zu schnelle Fahrzeuge und Gefahren beim Überqueren der Straße auf der Straße beim Kindergarten sind schon lange Thema in Orsingen. Im Jahr 2019 brachten Familie Sick das Problem zu hoher Geschwindigkeiten im Bereich des Kindergartens und der Bushaltestelle auf. Damals gab es Ideen wie Tempo 30 oder sogar eine Ampel. Die Geschwindigkeitsanzeige mit Smiley werde abwechselnd dort und an anderen Standorten eingesetzt, erklärte damals der amtierende Bürgermeister Bernhard Volk. Gelegentlich würden mobile Blitzer eingesetzt.
  • Trügerische Sicherheit: Auf der Internetseite der Verkehrswacht Medien und Service-Center GmbH, dem Fachverlag der Deutschen Verkehrswacht, ist zu lesen, dass Zebrastreifen gerade Kindern oft ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelten. Kaum eine Regel werde so missachtet wie der Vorrang am Zebrastreifen. Viele Autofahrer würden einfach weiterfahren.
  • Richtiges Verhalten: Da vor allem jüngere Kinder Geschwindigkeiten und Entfernungen nur schwer einschätzen können, sollen sie warten, bis die Autos stehen, und erst losgehen, wenn sie Blickkontakt mit dem Fahrer aufgenommen haben. Wichtig seien eindeutige Gesten. Die Kinder müssten bis zum Bordstein vorgehen und den Verkehr beobachten. Dann wüssten die Fahrer, dass sie über die Straßen möchten.
  • Strafe: Der Bußgeldkatalog sieht 80 Euro Strafe und einen Punkt vor, wenn ein Autofahrer nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heranfährt oder einem Fußgänger den Vorrang nimmt, obwohl dieser den Zebrastreifen erkennbar benutzen will. (wig)