Was man nicht alles in sieben Stunden bewerkstelligen kann? Auf der schnellsten Route schafft man in eben jener Zeit die Strecke mit dem Auto vom Milchwerk nach Liggeringen ganze 35 Mal. Den Narrenspiegel könnte man sich glatt zweimal gönnen. Gleich zehn Mal ein Blech Münsterbrot in den Backofen schieben. Oder der Haushaltsberatung des Radolfzeller Gemeinderates beiwohnen. Was zu empfehlen ist? Bei den Fahrten nach Liggeringen lernt man die Landschaft kennen. Beim Narrenspiegel könnte man die besten Nummern gleich doppelt anschauen. Und bei der Haushaltsberatung? Dort reichenmühsame sieben Stunden nicht einmal für ein Ergebnis.

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Kein Wunder also, dass dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung manch zweifelhafteRuf anhaftet. Einer von ihnen besagt, dass Projekte in Radolfzell gerne auf die lange Bank geschoben wird. Eher verhindert wird, als zu ermöglichen. Eintrauriges Beispiel hierfür: die Haushaltdebatte am Dienstag. Diese endete um 20.07 Uhr, als ein völlig entkräfteter Gemeinderat und eine stöhnende Stadtverwaltung ihr Haushaltsberatung ohne Beschluss abgebrochen haben. Eine Sondersitzung im Januar soll es nun richten. Man darf gespannt sein.

Das Paket war am Schluss zu groß

Ein weiteres Vorurteil gefällig? Die Radolfzeller Mandatsträger hören sich gerne selbst reden. Ein trauriges Beispiel hierfür: die Haushaltdebatte am Dienstag. Ein städtischer Haushalt mit einem kalkulierten Minus im Ergebnishaushalt von 1,375 Millionen Euro ist wohl nicht genehmigungsfähig. Kämmererin Petra Ohmer wurde nimmer müde dies zu erwähnen. Also muss der Gürtel enger geschnallt werden.Weshalb dennoch ein Wunschkonzert ausbrach, bleibt ein ewiges Geheimnis der Mandatsträger. Es wurde beantragt, umgeschichtet, vorgezogen. Zum Schluss war das Paket so groß, dass ein Minus von zwei Millionen stand. Das eigentliche Ziel, einen genehmigungsfähigen und ausgeglichenen Haushalt auf die Beine zu stellen, hatten die meisten völlig aus dem Blick verloren. Was folgte war ein mehrstündiges Schaulaufen, schier endlose Fensterreden – ohne Fokus.

„Lieber vertagen und hinterher fragen“

Zu guter Letzt: In Radolfzell wird so lange mit einem Beschluss gewartet, bis man es sich nicht mehr leisten kann. Ein trauriges Beispiel hierfür: die Haushaltdebatte am Dienstag. Der Wunschhaushalt wurde zu teuer, zu dick, zu aufgebläht – als einzige Lösung blieb das Reißen der Notbremse, getreu dem Motto „Nicht verzagen, das RP fragen“. Oder war es doch: „Lieber vertagen und hinterher klagen“.

Die fetten Jahre sind vorbei

Die Haushaltsberatung war auf jeden Fall eine laue Nummer, ähnlich die Verpflegung: Pro Kopf standen die ganze Sitzung über ein halbes Brezel und ein nicht mehr ganz taufrisches Stück Zopf zur Verfügung. Und nur so am Rande: Eine frische Brezel hat eine Backzeit von 15 Minuten. In sieben Stunden wären also 28 Bleche möglich gewesen.