Das Baudezernat der Stadtverwaltung Radolfzell bleibt hartnäckig. Wie in der Juli-Sitzung des Gemeinderats vor der Sommerpause angekündigt, hat sie wieder die Seetorquerung mit Bahnhofsmodernisierung auf die Tagesordnung gesetzt. Am Dienstag, 1. Oktober, um 18.30 Uhr – so heißt es jedenfalls in der offiziellen Ankündigung aus dem Rathaus – beginnt die öffentliche Beratung im Bürgersaal. Die Seetorquerung wird als 20. Tagungsordnungspunkt aufgerufen und ist damit ganz am Ende der Sitzung platziert. Sein tatsächlicher Beratungszeitpunkt bleibt deshalb ungewiss.
Mehr als ungewiss dürfte auch die Zustimmungsbereitschaft der Stadträte zu einer Planung eines „Bahnhofsmodernisierungsprogramms“ sein. Zum einen bleibt unklar, in welchen Dimensionen sich das Projekt Seetorquerung bewegen wird. 25 Millionen Euro, 30 Millionen Euro, 35 Millionen Euro. Genaueres wird erst zu sagen sein, wenn die Kostenberechnung nach der Entwurfsplanung auf dem Tisch liegt. Zum anderen bröckelt die Mehrheit im Gemeinderat, die es für den Grundsatzbeschluss zum Bau der Seetorquerung im Mai 2018 noch gab.
Stadträte warten auf Entwurfsplanung
Der Gemeinderat hat der Verwaltung im Juli mit knapper Mehrheit zu verstehen gegeben, dass er erst bereit sei über einen Abbruch des westlichen Empfangsgebäudes und einen Ersatzbau zu reden, wenn die Entwurfsplanung und damit eine belastbare Kostenberechnung für die Seetorquerung vorliege. Diese wird Ende des Jahres erwartet.
Dafür konnten sich die Stadträte in der Sommerpause über ein Schreiben des Wirtschaftsministeriums zur Städtebauförderung beugen. Der Inhalt liest sich auf den ersten Blick wenig erfreulich. Weil die Stadt ihr Projekt Seetorquerung nicht auf die Reihe bekommen hat, ist sie aus dem alten Förderprogramm des Landes herausgefallen. Das Land hat wie versprochen eine neue Förderung unter dem Namen „Stadt-Bahn-See II“ aufgelegt. Allerdings: Der Zuwendungsbetrag wird auf 3,6 Millionen Euro festgeschrieben. Siegfried Lehmann, Stadtrat der Grünen und Gegner der Seetorquerung, stellt lapidar fest: „Die alte Zusage von fünf Millionen wird so nicht mehr eingehalten.“ Keine Rede sei mehr von den 7,7 Millionen, die OB Martin Staab als Zuschuss des Landes in Aussicht gestellt habe.
Nicht Bestandteil des Bescheids
Von diesen 7,7 Millionen Euro Förderbetrag geht die Stadtverwaltung aber immer noch aus. Die Pressestelle teilt mit: „Uns liegt eine schriftliche Bestätigung des Ministeriums vor, die bisherige Finanzhilfe im Laufe des Verfahrens bis zu einem Betrag von 7,7 Millionen Euro aufzustocken.“ Diese Zusage sei dem Gemeinderat im April vorgelegt worden. „Diese verlässliche Zusage des Fördergebers gilt unverändert.“ Da es sich dabei jedoch nicht um einen formalen Bescheid handele, könne diese Zusage nicht Bestandteil des Rechtsbescheids aus dem Wirtschaftsministerium vom Juni 2019 sein, so die Aussage aus dem Rathaus.
Wirtschaftsministerium bestätigt Zusage
Das Wirtschaftsministerium in Stuttgart bestätigt die Zahlen. „Beim genannte Förderbetrag von 7,7 Millionen Euro handelte sich um die Zusage einer grundsätzlichen Unterstützung mit Finanzhilfen vorbehaltlich vorhandener Haushaltsmittel bis zur Höhe dieses Betrages“, schreibt Pressesprecherin Katja Lumpp. In der Vorgängermaßnahme „Stadt-Bahn-See I“ seien bereits vier Millionen Euro Finanzhilfen bewilligt worden. Lumpp: „Für den offenen Differenzbetrag von 3,7 Millionen Euro besteht nach wie vor die Förderzusage.“
Thomas Nöken, Leiter des Baudezernats in Radolfzell, bleibt in Sachen Seetorquerung bei seiner Einschätzung: „Für uns sind demnach keine Veränderungen der Fördersummen und damit einhergehende Auswirkungen auf die Finanzplanung des zentralen Seezugangs zu erwarten.“
Thema der Beratung
Die Bauverwaltung will vom Gemeinderat einen Beschluss zum Entwurf eines Planungsvertrags für das Bahnhofsgebäude. Darin sollen der Abbruch des westlichen Teils des Empfangsgebäudes mit Ersatzneubau im Bereich des verbleibenden östlichen Empfangsgebäudes geregelt werden. Zudem soll die Verwaltung ermächtigt werden, mit der Deutschen Bahn Verträge zu verhandeln und abzuschließen. Die Stadt geht bei den Planungskosten für die Modernisierung des Bahnhofs von insgesamt 340 000 Euro aus.