Radolfzell – Einfach macht es sich der Kulturausschuss nicht mit der Entscheidung, wie das Kriegerdenkmal am Luisenplatz in Radolfzell im nächsten Jahr umgestaltet werden soll. Seit 1938 stehen die beiden Soldaten dort, seit vielen Jahren sind sie bereits Diskussionsthema. Mit vier bearbeiteten Prüfaufträgen ist die Verwaltung in den Ausschuss gestartet, mit zwei neuen mussten sie sich in der Sitzung befassen. Eine erklärende Tafel zur Großherzogin Luise sowie Bänke für mehr Aufenthaltsqualität sind vom Tisch, eine Begrünung und eine Versetzung des Denkmals stehen weiter zur Debatte.

"Ich werde nicht mittragen, dass dieses Mahnmal in einen Dornröschenschlaf versetzt werden kann", sagte Stadtrat Norbert Lumbe (SPD) über den Vorschlag der Begrünung. Kulturbereichsleiterin Angélique Tracik schlug zuvor vier Möglichkeiten einer Bepflanzung vor: wilder Wein ans Denkmal, weiße Strauchrosen ums Denkmal, immergrünes Schnittgehölz ums Denkmal oder auf der gesamten Fläche. Lumbe beantragte stattdessen die Prüfung eines Abrisses und künstlerischen Wettbewerbs, um etwas als Mahnung zum Frieden auf dem Platz einzurichten. Für Tracik kam das nicht in Frage: "Wir wollen nicht verschweigen, entfernen und vergessen", sagte sie. Auch Dietmar Baumgartner (FW) sprach sich dagegen aus, auch aus Kostengründen. Sein Vorschlag: Stehenlassen und mit Kommentaren erklären. "Verstecken müssen wir das auch nicht, es gehört zur Geschichte." Die Ratskollegen waren sich uneinig: Sechs Stimmen gab es für Lumbes Vorschlag, sechs dagegen, damit wurde eine Prüfung abgelehnt.

Dabei zeigte jüngst die Verhüllung zum Friedensfest, wie der Luisenplatz ohne Krieger wirkt. Nina Breimaier (FGL) fand es nach eigener Aussage beeindruckend: "Es macht viel mit dem Platz, wenn die Soldaten nicht mehr als Soldaten zu erkennen sind." Auch Michael Jacob vom Seniorenrat gefiel die Aktion, er hatte den Luisenplatz zuletzt erneut zum Thema gemacht. Verhüllen könne man aber auch als Verstecken auslegen, daher schlug Jacob ein Versetzen des Denkmals in die Ecke und ein Absenken auf Bodenhöhe vor. Stefan Neumeir (CDU) ging noch weiter: Wenn man die Soldaten umdrehe und sie somit weglaufen würden, wären sie auch für Nazis nicht mehr attraktiv. Gisela Kögel-Hensen (FGL) äußerte das Gefühl, dass sie sich bei dem Thema im Kreis drehen. Ihren Vorschlag, das Denkmal für zwei bis drei Jahre zu verhüllen und dann weiter zu sehen, hielt Tracik aber für nicht möglich: Da mache ihr die Sicherheit Sorgen.

Also doch Begrünung? Das würde Menschen mit rechter Gesinnung schon weniger anziehen, befand Michael Jacob. "Wir wollen einem Aufmarsch keinen Platz bieten", sagte Oberbürgermeister Martin Staab. Aktuell sei es ein martialisches Denkmal ohne Besinnung und Erinnerung. Er stimmte dem Vorschlag von Nina Breimaier (FGL) zu, die Namenstafel auf den Friedhof zu verlegen. Mit sieben Gegenstimmen wurde aber auch dieser Antrag abgelehnt. Breimaiers Vorschlag, den Volkstrauertag anderswo zu zelebrieren, werde man laut OB Staab aber mitnehmen. Nach dem Kulturausschuss wird der Gemeinderat erneut über die Umgestaltung des Luisenplatzes sprechen. Dass das erst der Anfang von Diskussionen sein könnte, warf Herrman Leiz (CDU) in den Raum: Es gebe auch in den sechs Ortsteilen jeweils ein Denkmal.

Monument auf dem Luisenplatz

  • Krieger oder Gefallene? Angélique Tracik, Fachbereichsleiterin Kultur, erklärte den Unterschied so: Ein Kriegerdenkmal erinnere an siegreiche Kriege und nenne viele Soldaten sowie nur wenige Gefallene. Ein Gefallenendenkmal erinnere dagegen vor allem den Gefallenen und Vermissten, wie es bei dem Monument auf dem Luisenplatz der Fall sei. Das Denkmal ist offiziell den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gewidmet. Kritiker sehen es durch seine heroisierende Darstellung im Stile des Nationalsozialismus – das Denkmal steht seit 1938 – aber als Kriegerdenkmal, zumal laut Historiker Markus Wolter auf den Namenstafeln auch Angehörigen der Waffen-SS gedacht wird.
  • Die Widmung des Platzes gilt Großherzogin Luise von Baden, geboren als Prinzessin Luise von Preußen. Sie gründete 1859 in Karlsruhe den ersten Badischen Frauenverein und schuf ein Netz von Hilfseinrichtungen in ganz Baden.