Das Bild, das sich von Hanjo Ehmann eingeprägt hat, war das, wenn er seine geliebte Frau Susi im Rollstuhl durch die Stadt schob. Er machte kein großes Aufheben davon. Gelassen schob er das manchmal sperrige Gerät über die Bismarckstraße und ärgerte sich nur, wenn er die Bordsteinkante wieder einmal an seiner höchsten Stelle traf.

Seit seine Frau vor Jahren ein Pflegefall geworden ist, hat er die Arbeit als erster Pfleger angenommen und übernommen. Zeitweise fuhr er in der Mittagspause von seiner Arbeit im Bauamt der Stadt Engen nach Hause und fütterte seine Susi. „Ich habe einmal Ja gesagt, dann bin ich auch für sie da“, berichtet sein Vater Horst Ehmann über die Selbstverständlichkeit, mit der Hanjo sich dieser Aufgabe stellte. Er reduzierte seine Arbeitszeit und ging zwei Jahre früher in Rente, um sich um seine Frau zu kümmern.

Der Zeichner der Radolfzeller Fasnacht

„Er kochte und zeichnete nebenher“, wie Vater Horst Ehmann den Alltag seines Sohnes beschrieb. Die Bilder, die Zeichnungen und Karikaturen, die Hanjo Ehmann hinterlässt, haben die Radolfzeller Fasnet und damit die Stadt seit drei Jahrzehnten geprägt. 1994 trat er in die Holzhauer ein, Peter Zabel erinnert sich an diese Zeit: „Er hat schnell angefangen, Karikaturen zu machen.“ Oft habe Hanjo ein Bierdeckel genügt. Ob es ihm bei Versammlungen langweilig war oder ob er gut drauf gewesen sei, Hanjo habe immer gezeichnet. Drucker Zabel erkannte das Talent und verpflichtete ihn: „Ich habe bis dahin die Brettle gemalt, das hat dann Hanjo übernommen.“

Hanjo Ehmann Appel ans Durchhalten während der Corona-Zeit.
Hanjo Ehmann Appel ans Durchhalten während der Corona-Zeit. | Bild: Hanjo Ehmann

Die Karriere als Gestalter und Zeichner nahm zuerst bei den Holzhauern Fahrt auf. Gert Bürgin und Peter Zabel hatten die Aufgabe, den damals sich im Niedergang befindlichen gekommenen Holzhauerball neu zu gestalten. Sie holten Hanjo Ehmann als Plakatgestalter und für eine „aufgepeppte Grafik“ mit ins Team. „Wir waren ein tolles Dreigestirn“, sagt Zabel. Der Holzhauerball erholte sich, bekam einen frischen Anstrich und neue Inhalte, Hanjo Ehmann steuerte die Karikaturen für die Saaldekoration bei. Heute ist er der Ball in Radolfzell, den keiner verpassen will.

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Mehr als nur die Holzhauerbrettle stammen aus seiner Feder

Es blieb nicht bei den Holzhauerbrettle und dem Holzhauerball. Wenn die Holzhauer ihr Fasnets-Motto gefunden hatten, setzte Hanjo Ehmann das Motto als Eingangs-Gemälde für die Holzhauer-Beiz Münsterstüble um. Für seine Gilde gestaltete Hanjo immer wieder Seiten in der Narrizella-Zeitung „de Kappedeschle“. Kappedeschle-Macher Lothar Rapp engagierte ihn darüber hinaus für weitere Karikaturen. Für die Narrizella entwarf er die Figuren-Symbole, die die Zunft als Pins zur Fasnacht verkauft.

In Erinnerung bleiben viele Werke mit dem Holzhauer als Leitfigur, wie er vom Corona-Frust geschüttelt wird oder als Bier schlürfender Kolibri. Seine Karikaturen zeigen bekannte Persönlichkeiten wie Ex-OB Martin Staab als auf der Flöte pfeifender Rattenfänger von Hameln oder Büttenredner Wolfgang Drobig als Kamel.

Hanjo Ehmann verewigte für den Kappedeschle Ex-OB Martin Staab, wie er über dem Rathaus Radolfzell auf der Querflöte pfeift. Eine ...
Hanjo Ehmann verewigte für den Kappedeschle Ex-OB Martin Staab, wie er über dem Rathaus Radolfzell auf der Querflöte pfeift. Eine Anlehnung an Motive des Rattenfängers von Hameln. | Bild: Hanjo Ehmann

Sein Meisterstück lieferte Hanjo Ehmann für die Kappedeschle-Ausgabe 2020 ab. Er durfte das Titelbild malen und verewigte Hansele, Schnitzwiib, Holzhauer und Gardist, die wie einst die vier Beatles auf der Abbey Road über einen Zebrastreifen schreiten. Über ihren Köpfen segelt de Kappedeschle, auf einer Schärpe in den Radolfzeller Farben Rot und Gelb sitzend. Das Titelbild bekam den Namen „Querung“ und war eine Anspielung auf die ewige Diskussion in Radolfzell, ob es eine neue Verbindung von der Stadtmitte an den See braucht oder nicht.

Das Titelbild des Kappedeschle von Hanjo Ehemann.
Das Titelbild des Kappedeschle von Hanjo Ehemann. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Er zeichnete ungern Nasen

Im Gegensatz zum Projekt Seetorquerung darf diese Zeichnung als „vollendet“ gelten. Der feine Humor, mit dem Hanjo Ehmann bei diesem Bild arbeitete, ist nicht unbedingt sein Markenzeichen. „Es durfte bei ihm gern derb und deftig sein“, charakterisiert Peter Zabel die Handschrift Ehmanns. Und bis auf die Karikatur von Martin Staab als Rattenfänger von Hameln, zeichnete er ungern Nasen. „Das kann ich nicht gut“, bekannte Hanjo in einem Gespräch über seine Arbeiten. Deshalb würde er allen seinen Figuren eine Knollennase verpassen. Was die Erheiterung beim Betrachten seiner Zeichnungen selten bremste. Denn in einem war Hanjo Ehmann nahezu genial, er konnte seine Figuren mit ein paar Strichen in Bewegung versetzen.

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Die Hanjo-Mappe wird nun nicht mehr dicker

Seine vielen Zeichnungen, seine Entwürfe für Geburtstagskarten, sein Plakat für ein Spiel der Holzhauer gegen die Alten Herren des BSV Nordstern, vieles hat Peter Zabel gesammelt und in eine Mappe gelegt. Sie wird nun nicht mehr dicker. „Er hat immer Ideen gehabt,“ Und, sagt der Drucker nach einer Pause: „Es waren auch traurige Sachen darunter.“

Hanjo Ehmann ist am 18. September in der Klinik in Bad Krozingen an einer beidseitigen Lungenentzündung verstorben. Am Tag zuvor haben ihn noch einmal seine Frau Susi und seine Eltern Hanna und Horst besucht und von ihm Abschied nehmen können. Nach einer Herzoperation im Sommer kämpfte Hanjo Ehmann immer wieder gegen Infektionen, am Ende vergeblich.