Vor den Gebäuden stehen Handwerkerfahrzeuge und Container, Absperrungen sind errichtet, Schilder warnen Unbefugte vor Betreten des Geländes und verweisen auf die Videoüberwachung: Ins Haus Hohenbaden, dem einstigen Kindersolbad am Bad Dürrheimer Stadtrand, kehrt nach mehr als 20 Jahren Leerstand Leben zurück.
Am 5. August habe man den Kauf des Gebäudekomplexes in Stuttgart notariell beglaubigt, sagt Sven Wahl, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Gesundheitsforschung AG (GVG AG), die Betreiberin der Luisenklinik.
Unterschiedliche Preisvorstellungen
Die Gespräche seien äußerst schwierig gewesen, blickt Wahl zurück. Die Vorstellungen von Gläubigern und GVG AG hätten deutlich auseinandergelegen. Letztlich einigte man sich aber in diesem Sommer aber doch.
Die Luisenklinik, mit 400 Mitarbeitern und 230 stationären Betten vor Ort größter Arbeitgeber in Bad Dürrheim, kann sich damit deutlich vergrößern. Der Gebäudekomplex – neben dem 1906 errichteten Haupthaus unter anderem der 1928 angebaute Friedrichsbau – bietet viele Möglichkeiten.
Es gebe viele Überlegungen, sagt Sven Wahl. Diese sollen über den Winter konkretisiert und in einem Raumkonzept zusammengefasst werden.
Fast ein Jahr Wartezeit
Eine Überlegung sei, mehr Platz für Familien zu schaffen: Kinder bis zu zwölf Jahren dürfen ihre Mütter oder Väter begleiten, wenn diese in der Fachklinik für psychische und psychosomatische Erkrankungen zur Therapie aufgenommen werden. Der Bedarf sei groß, wie Sven Wahl sagt: „Die Wartezeit liegt momentan bei rund einem Jahr.“
Auch im Bereich der Akutpsychosomatik könnte die Klinik mit mehr Platz mehr Patienten behandeln. Beim Sozialministerium habe man bereits einen sogenannten Bettenantrag gestellt, sagt der Vorstandsvorsitzende.
Küche stammt aus den 70er Jahren
Womöglich werde auch die ganze Küche mitsamt Speiseräumen ins Haus Hohenbaden ziehen – die bisherige Küche stamme einerseits noch aus den 70er Jahren und sei zudem am Leistungslimit angelangt. In die ehemalige Turnhalle könnte ein Teil der Physiotherapieabteilung einziehen, die sich momentan unter dem Schwimmbad befindet.

Mitarbeiterakquise im Ausland
Auch Apartments für Mitarbeiter seien denkbar. „Auch wir akquirieren zunehmend Arbeitskräfte aus dem Ausland“, sagt Wahl. Diesen für die erste Zeit eine Wohnmöglichkeit bieten zu können, zumal der Immobilienmarkt in der Region angespannt sei: ein strategisch wichtiger Schachzug in der Personalgewinnung.
Doch zunächst einmal müssen die verfallenen Gebäude so weit in Ordnung gebracht werden, dass überhaupt saniert werden kann. Nahezu alle Fensterscheiben sind zerstört, Zwischendecken zum Teil eingestürzt, die Dächer durchlöchert.
Häuser unter Denkmalschutz
Das in enger Abstimmung mit den Behörden, denn das Haus Hohenbaden ist denkmalgeschützt. „Hier hoffen wir auch auf Fördermittel“, sagt Sven Wahl.

Was das Ganze kosten wird? Der Vorstandsvorsitzende weiß es noch nicht. „Sonst könnte ich vermutlich nicht mehr schlafen“, sagt er. Kannten die Baukosten in den vergangenen Jahren doch nur eine Richtung: nach oben.
Enorme Preissteigerungen im Bausektor
„Wir würden zum Beispiel gerne den Platz in unserer 2015 gebauten Tiefgarage verdoppeln“, sagt Sven Wahl. Parkplätze auf dem Gelände sind rar, viele Mitarbeiter und Patienten kommen mit dem Auto. Eine Anfrage bei Firmen ergab, dass das Leistungsverzeichnis von 2015 heute um 70 bis 100 Prozent teurer wäre, erklärt Wahl. Letztlich hänge die Investitionssumme auch davon ab, wie die Gebäude künftig genutzt werden.
Daher werde die Sanierung auch in einzelnen Abschnitten erfolgen. Alles auf einmal – das sei nicht möglich. Sven Wahl schätzt, dass ein Baubeginn Ende des Jahres 2026 realistisch ist.
Für Bürgermeister Johathan Berggötz ist der Kauf des ehemaligen Kindersolbads durch die Luisenklinik ein „Glücksfall für Bad Dürrheim“. Bis zum Abschluss des Kaufvertrags habe man eine lange Hängepartie überstehen müssen, in der die Gebäude zusehends verfielen.

Die Luisenklinik sei ein äußerst zuverlässiger Partner und man sei miteinander schon seit Langem im regen Austausch. Von Seiten der Stadt werde man die Luisenklinik nach Kräften unterstützen. Etwa, wenn es um Gespräche mit Regierungspräsidium oder Landratsamt gehe.