Viel Aufsehen um seine Kunst möchte Hanjo Ehmann nicht machen. Er zeichnet halt. Mehr auch nicht. Es ist für ihn kein inneres Grundbedürfnis, kein künstlerischer Drang, der ihn antreibt. Er verschließt sich nicht stundenlang im Atelier und vertieft sich in seiner Arbeit. Bei ihm passiert es eher nebenher, im Alltag. In geselligen Runden zückt er den Stift und beglückt sein Gegenüber mit einer witzigen Karikatur.
Nichts ist vor ihm sicher
„Zur Fasnacht ist vor allem mein Edding gefürchtet“, gesteht Hanjo Ehmann mit einem Schmunzeln. Denn dann ist kein Gegenstand mehr heilig, dann kennt seine Kunst keine Grenzen. Ob Servietten, Bierdeckel oder sogar Geschirr – wenn der Zeichner eine launige Idee hat, wird diese sofort umgesetzt. Der neue Stadtpfarrer in Radolfzell erhielt seinen ersten Original-Ehmann auf einem Teller geschenkt. „Ich zeichne, was mir gerade durch den Kopf geht, auf das, was ich gerade in die Finger bekomme“, fasst der 61-Jährige pragmatisch zusammen.

Doch ganz so willkürlich entstehen seine Karikaturen und Bilder nicht. Hanjo Ehmann ist ein guter Beobachter, mit dem Blick für jedes noch so kleine Detail. Sein Beruf als Architekt ist für dieses Talent wohl gewählt. Auch wenn er zuerst zwei Semester Maschinenbau studiert hatte, bevor er das Architektur-Studium an der Fachhochschule in Konstanz angefangen hatte.
Narr mit Herz für die Familie
Heute arbeitet er im Hochbauamt in Engen halbtags und kümmerst sich liebevoll um seine kranke Ehefrau. Wenn er etwas zeichnen soll, entsteht das Bild zuerst im Kopf. Hier passiert die Hauptarbeit. Und das dauert mal länger, mal kürzer. „Manchmal wenn ich ein Thema bekomme, habe ich gleich eine Idee. Doch es kommt auch vor, dass mir absolut nichts einfällt. Dann kann ich das auch nicht machen“, sagt er.
Vor politischen Karikaturisten hat Hanjo Ehmann großen Respekt. Ein gesellschaftliches oder politisches Thema aufzugreifen und in der Kürze der Zeit umzusetzen, das traut er sich nicht zu. Er bleibt lieber bei den leichten Themen, bei Menschen, die er kennt und schätzt, bei der Fasnacht. Soll er eine bestimmte Person zeichnen, muss er sie ein bisschen kennen. Was sie ausmacht, was die Hobbies sind, was den zu portraitierenden beschreibt.

Die SÜDKURIER-Redakteure werden während des Besuchs des Zeichners in der Redaktion Zeuge seiner Arbeitsweise. Stift und Papier sind schnell besorgt. Hanjo Ehmann und Redaktionsleiter Georg Becker haben eine lange, vor allem handballgeprägte Vergangenheit. Locker und ohne groß zu überlegen, setzt Ehmann Strich für Strich. Das etwas schief angewinkelte Bein des handball-werfenden Journalisten ist halt wie es ist. Hanjo Ehmann korrigiert seine Werke nicht. Alles soll so sein.

So war es auch beim Titelbild des diesjährigen Kappedeschle. Peter Zabel habe ihn angerufen und gesagt: Glückwunsch, du darfst dieses Jahr das Titelbild malen, erinnert sich der 61-Jährige. Obwohl er schon seit vielen Jahren in der Narrizella als Holzhauer aktiv ist und seine künstlerischen Fähigkeiten dort bekannt sind und gerne in Anspruch genommen werden, ist das Kappedeschle-Titelbild eine Premiere für ihn. Für ihn war auch klar, es muss eine Art Comic werden. „Ich bin kein Gemälde-Maler“, stellt Hanjo Ehmann fest. Das Bild mit den vier Narrizella-Figuren, die ganz im Stil des Beatles-Cover zum Album Abby Road, eine Straße überqueren, ist in einem Anlauf mit Tusche gemalt worden. Die Details zum Bild sind schließlich bereits im Kopf des Zeichners entstanden.
Für die Narrizella und speziell für seine Holzhauer ist der Zeichner am häufigsten im Einsatz. Für den Holzhauerball packt er jedes Mal mit an und malt die Dekorationen und Plakate. Dafür wechselt er auch mal das Zeicheninstrument und greift auch zur Farbsprühdose. Die Motive für die Holz-Brettle der Holzhauer stammen zum Teil auch aus der Feder von Hanjo Ehmann. Und die dicknasige Fasnachtsfigur, die seine Ausstellung dominiert, hat er eigens für die Narrizella kreiert.

Obwohl er in Bad Canstatt geboren wurde, ist der 61-Jährige eng mit der Radolfzeller Fasnacht verbunden. Als kleines Kind zog er mit den Eltern nach Radolfzell. Wobei eine seiner unangenehmsten Kindheitserinnerungen die sechs Monate waren, die die Familie in Singen gewohnt habe, wie er lachend erzählt. In Radolfzell habe er schon immer gerne Fasnacht gefeiert. „Meine Mutter hatte da viel Temperament, durch sie kam ich mit der Fasnacht in Kontakt“, erzählt er. In die Narrizella eingetreten ist er aber erst als Erwachsener. Durch seine Frau kam er zu den Holzhauern, denen er seit 1984 angehört.
Ein paar Jahre möchte Hanjo Ehmann noch arbeiten, dann will er in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Und mit der gewonnenen Zeit auch seine Kunst weiterentwickeln. Heute zeichnet er vor allem mit Tusche oder Filzstift. Doch reizt es ihn mit Acryl zu experimentieren und diese Form der Malerei erlernen. Die aktuelle Ausstellung von Hanjo Ehmann in den Räumen der Sparkasse Radolfzell ist leider vorbei. Doch können Besucher des Narrenspiegels am Wochenende einzelne Werke von Hanjo Ehmann im Foyer des Milchwerks noch bewundern. Und vielleicht greift er spontan wieder zum Stift, wenn ihn etwas inspiriert.
Der Narrenfahrplan
- 8., 9., 10. Februar, Narrenspiegel im Milchwerk um 20.11 Uhr, sonntags auch um 14.11 Uhr
- 15. Februar, 20.11 Uhr Holzhauerball, Motto: Musical Night
- 16. Februar, 14 Uhr Kinderball im Milchwerk
- 19. Februar, 19 Uhr Hemdglonkerumzug, 20 Uhr Preiskleppern im Scheffelhof, ab 20 Uhr Brauchtumsbühne
- 20. Februar, 10 Uhr Narrennest auf dem Marktplatz, 10.30 Uhr Machtübernahme, 14.45 Uhr Narrenbaumumzug, 15.30 Uhr Narrenbaumstellen, 18 Uhr Abendprogramm auf Marktplatz
- 22. Februar, 20.11 Uhr Bürgerball im Milchwerk
- 23. Februar, 13 Uhr Fasnetsumzug mit Preisverleihung