Es ist ein Thema, mit dem sich die Wenigsten genau auseinandersetzen: die Aufbereitung von Abwasser. Dabei ist es dringend notwendig und insbesondere am Bodensee, dem größten Trinkwasserspeicher in Europa, immens wichtig. Denn nur mit großem Aufwand gelingt es in Radolfzell, Abwasser so stark zu reinigen, dass es wieder problemlos in den Bodensee fließen kann. Dominik Löhle, Betriebsleiter der Kläranlage Radolfzell, kennt sich mit den einzelnen Schritten und den vielen Anlagen auf dem weitläufigen Gelände am Markelfinger Winkel aus.

Wie er berichtet, ist die Radolfzeller Kläranlage „die älteste Kläranlage am Bodensee auf deutscher Gemarkung“. In den 1950er-Jahren sei eine erste Anlage gebaut und später sukzessive erweitert worden. 1979 kam die größte Erweiterung – damals wurde die heutige Kläranlage eröffnet. Aber nicht nur die Dauer, in der Radolfzell schon eine eigene Kläranlage hat, ist besonders.
Wie Dominik Löhle berichtet, verfügt die Anlage über ein eigenes Betriebslabor, um die Qualität der Abwasserreinigung überprüfen zu können. Zweimal im Jahr werde die Anlage zwar auch extern überprüft, aber ansonsten dürfen vor Ort auch selbst Proben untersucht werden.
Überwacht werden in der Kläranlage etwa Ammonium- und Phosphorgehalt – und das rund um die Uhr automatisch. Im Labor werden von Hand zusätzlich Stichproben genommen, so Dominik Löhle. „Es gibt gewisse Grenzwerte, die eingehalten werden müssen“, erklärt Regine Eberle, die das Labor leitet. Ammonium zum Beispiel enthalte Nitrat und das sei giftig für Fische.
Viele Stationen müssen durchlaufen werden
Aber nicht nur das Abwasser wird bei ihr im Labor untersucht. Sondern auch der Klärschlamm. „Um zu untersuchen, ob die Biologie gesund ist“, sagt Eberle. Denn beim Schritt der biologischen Reinigung bauen Mikroorganismen Abwasserinhaltsstoffe ab. Unter dem Mikroskop kann sie untersuchen, wie aktiv die Mikroorganismen sind und wie viele es im Klärschlamm gibt.
Bevor das Abwasser allerdings den Schritt der biologischen Reinigung durchläuft, muss es erst einmal noch durch mehrere Stationen. Zu Beginn wird es in das Rechenhaus geleitet. „Hier geht alles los“, erklärt Dominik Löhle. Gemeint ist: Hier werden an einem Filterrechen erst einmal grobe Bestandteile wie Toilettenpapier abgefangen. Weil solche Grobstoffe belastet sind, landen sie nicht im Abfall, sondern werden verbrannt.

Allerdings finden die Kläranlagenmitarbeiter im Abwasser mitunter auch durchaus Kurioses: In einem Eimer neben dem Filterrechen liegen unter anderem Bälle und ein Haustelefon. Dominik Löhle berichtet von weiteren auffälligen Funden, etwa Handys, Spielzeugautos, künstlichen Gebissen und EC-Karten.
„Aber das sind eher Zufallsfunde“, sagt Dominik Löhle. Oft würden verlorene oder weggeworfene Gegenstände nämlich noch vor der Kläranlage herausgefiltert werden, etwa in einer Pumpstation.

Grobe Feststoffe sind nicht die einzigen, die aus dem Abwasser entfernt werden. Im nächsten Schritt sollen im Sandfang kleinere Verunreinigungen wie Sand zurückgehalten werden. Weil die Kläranlage in Radolfzell sich nahe an Wohnbebauung befindet, ist der Sandfang von einer Hülle umgeben und es wurde ein Luftabsauger eingebaut, so Löhle.
Weitere Stoffe werden dann im Vorklärbecken herausgefiltert. Dort sind sowohl an der Wasseroberfläche, als auch am Boden längliche Metallschilde angebracht. Diese schieben sowohl abgesunkene als auch oben schwimmende Stoffe in eine Rinne und entfernen sie so aus dem Abwasser. Wer hier stinkendes Abwasser erwartet, wird überrascht: Das, was in dem Becken schwimmt, riecht man daneben nicht.
Direkt neben den Vorklärbecken befinden sich die Regenbecken, die als Speichervolumen genutzt werden, wie Dominik Löhle erklärt. Normalerweise laufen etwa 150 Liter Wasser pro Sekunde durch die Radolfzeller Kläranlage. Ausgelegt seien die Becken für maximal 300 Liter pro Sekunde. Werde diese Menge bei heftigem Regen überschritten, werde das überschüssige Wasser in die Regenbecken geleitet und dort gewissermaßen zwischengelagert.
Die Anlage ist viel zu groß
Ist das Abwasser einmal durch das Vorklärbecken geflossen, geht es an die biologische Reinigung. In manchen Klärbecken scheint es dabei regelrecht zu brodeln, denn damit die Mikroorganismen richtig arbeiten können, muss zum Teil Sauerstoff in das Abwasser eingeleitet werden.
Was von der Oberfläche aus nicht zu erkennen ist, ist die Tiefe des Beckens: Ganze acht Meter geht es nach unten. Deutlicher wird diese Dimension bei einem Becken, das nicht mehr nötig war und deshalb seit einigen Jahren stillgelegt ist. Denn: „Unsere Anlage ist viel zu groß“, erklärt Dominik Löhle. Als die Kläranlage gebaut wurde, wurde noch mit viel höheren Abwassermengen gerechnet. Mittlerweile wird aber weniger Abwasser produziert.

Ist die biologische Reinigung abgeschlossen, wird das Abwasser in das Nachklärbecken geleitet. „Das Wasser an sich ist gereinigt“, erklärt Dominik Löhle. Allerdings müsse sich nun der Klärschlamm absetzen. Über oberflächliche Rinnen fließt das Wasser danach ab.
In den Bodensee darf es danach aber noch nicht. Stattdessen wird es erst einmal in ein Misch- und Reaktionsbecken geleitet, in dem Eisen(III)-chlorid zugeführt wird. Dieses verbindet sich mit Phosphaten im Wasser. „Die wollen wir in übermäßiger Form nämlich nicht im Bodensee haben“, so der Betriebsleiter. Mit großen Rührwerken werden Wasser und Eisen(III)-chlorid gut vermischt.
Im Anschluss gelangt das Wasser in eines von zwei Nachfällbecken, wo sich die Eisen-Phosphat-Mischung als Schlamm am Boden absetzt und das saubere Wasser erneut oberflächlich abfließt – dieses Mal in Richtung Bodensee.

Der Schlamm aus dem Klärwerk geht unterdessen einen anderen Weg: Wie Dominik Löhle erklärt, wird er erst verdichtet und dann in den Faulturm auf dem Gelände gebracht. Dort gase er aus, ehe er zweimal in der Woche abgeholt und verbrannt wird. Das gewonnene Gas werde von der Kläranlage zur Energiegewinnung genutzt.