Es war keine leichte Zeit, in der Tanja Adamski zu Beginn des Jahres die Leitung des Milchwerks übernahm: „Die ersten Monate waren geprägt von der Pandemieentwicklung“, fasste sie kürzlich im Kulturausschuss den Beginn des Jahres für das Veranstaltungshaus zusammen. Das Umsetzen von Veranstaltungen sei damals aufgrund der Einschränkungen noch schwer gewesen.

Allerdings habe sich die Situation ab April zunehmend normalisiert, sodass die Bilanz doch wesentlich besser ausfällt als zunächst gedacht: „Das Milchwerk schließt 2022 wirklich mit sehr guten Zahlen ab“, verkündete Adamski. Soweit die gute Nachricht. Normal ist dennoch vieles noch nicht und der Blick auf das kommende Jahr fällt sorgenvoll aus.

Besseres Jahr als gedacht

Tanja Adamski zeigte sich insgesamt zufrieden. „Wir sind viel besser davongekommen, als wir das gedacht haben“, erklärte sie dem Gremium. Denn auch wenn das Jahr holprig begann, konnten doch zahlreiche Veranstaltungen stattfinden. 493 waren es nach Prognosen aus dem November, die im Ausschuss vorgestellt wurden. Das ist der zweithöchste Wert der vergangenen zehn Jahre, nur 2016 waren es mit 500 Veranstaltungen mehr. Und es ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den Corona-Jahren 2020 und 2021: Damals waren es 308 und 395 Veranstaltungen.

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Auch bei den Veranstaltungstagen wurde 2022 der zweithöchste Wert seit 2012 verzeichnet: Mit 326 Veranstaltungstagen waren es nur minimal weniger als im Rekordjahr 2019, damals fand an 329 Tagen mindestens eine Veranstaltung im Milchwerk statt.

Raumbelegung sogar höher als die Jahre zuvor

Wie Tanja Adamski erklärte, ist die Zahl in diesem Jahr nicht nur darauf zurückzuführen, dass wieder Konzerte und andere Auftritte wieder möglich waren oder nachgeholt werden konnten, sondern auch, dass das Milchwerk wieder für Privatveranstaltungen wie Hochzeiten und Abschlussfeiern gebucht wurde. „Was dagegen erst langsam losgeht, sind Messen und Ausstellungen“, so Adamski. Grund dafür sei, dass gerade zu Beginn des Jahres noch eine große Unsicherheit geherrscht habe und die Veranstalter langfristig planen.

Und es gibt noch einen weiteren Grund: Der Umstand, dass das Milchwerk bis Ende April als Impfstützpunkt diente und zudem vorübergehend die Ausländerbehörde der Stadtverwaltung Radolfzell beherbergte. Diese war im Juni dort eingezogen und erst Mitte Dezember wieder ausgezogen. Belegt wurden dadurch drei Tagungsräume.

Das hat auch einen großen Einfluss auf die Zahl der Raumbelegungen, die in diesem Jahr nach den jüngsten Prognosen mit 1828 sogar höher ist als 2019 mit 1795 Raumbelegungen – und so hoch wie sonst noch nie in den vergangenen zehn Jahren.

Aber die Gäste bleiben noch weg

Weniger positiv sieht es dagegen bei der Zahl der Gäste aus. Zwar haben sich die Zahlen im Vergleich zu 2020 und 2021 erholt, damals wurden 34.746 Besucher und 51.676 Besucher verzeichnet. Mit 56.600 Besuchern liegt der Wert aber dennoch deutlich unter denen vor der Corona-Pandemie. Denn von 2012 bis 2019 waren es im Schnitt rund 82.100 Besucher gewesen. Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre, handelt es sich um das drittschlechteste Ergebnis.

„Corona hat dauerhafte Auswirkungen auf die Besucherzahlen. Die Menschen sind nicht in großer Zahl gekommen.“ Tanja Adamski, ...
„Corona hat dauerhafte Auswirkungen auf die Besucherzahlen. Die Menschen sind nicht in großer Zahl gekommen.“ Tanja Adamski, Leiterin des Milchwerks | Bild: Marinovic, Laura

Ein Grund sind laut der Sitzungsvorlage Kontaktbeschränkungen und die Maskenpflicht, die Anfang des Jahres noch galten. Aber nicht nur: „Corona hat dauerhafte Auswirkungen auf die Besucherzahlen“, resümierte Tanja Adamski. „Die Menschen sind nicht in großer Zahl gekommen.“ Damit sei das Milchwerk nicht alleine, die Entwicklung lasse sich bundesweit auch an anderen Veranstaltungshäusern beobachten. Weiterhin halte die Angst vor einer Infektion Menschen davon ab, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen.

Wie wird das kommende Jahr?

Und Tanja Adamski blickt mit Sorgen auf das Jahr 2023, wie sie im Ausschuss berichtete. Denn dieses bringt gleich mehrere Herausforderungen: Zum einen hohe Energiekosten und die Inflation, die nicht nur das Milchwerk selbst belasten, sondern auch dafür sorgen, dass den Menschen weniger Geld für Kulturbesuche bleibt. Und: „Für mich das größte Thema werden die Personalengpässe sein“, so Adamski.

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Denn nicht nur fehlt es im Milchwerk aktuell in der Verwaltung an Personal, sondern auch in der Technik. Und die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei extrem angespannt: „Der Arbeitsmarkt beim Handwerk und der Technik ist leer“, sagte die Milchwerk-Leiterin deutlich.

Als eine Maßnahme sei eine von drei 50-Prozent-Stellen in der Verwaltung auf 100 Prozent aufgestockt worden, dadurch fehle aber eine 50-Prozent-Kraft als Aufbauhilfe. Sie habe bereits einen Antrag gestellt, diese Stelle nachzubesetzen.

Sanierung geht weiter

Ansonsten müsse man abwarten, wie sich die Situation entwickelt, also ob es zu einer weiteren Rückkehr zur Normalität und einer Besserung der Besucherzahlen kommt. Fest steht aber schon einmal, dass auch die geplanten notwendigen Sanierungsarbeiten das Milchwerk beschäftigen werden. Durch Engpässe beim Material werde sich die Sanierung im großen Saal sogar bis in das Jahr 2024 ziehen.