
Seinen Ursprung trägt das Tagungs- und Kulturzentrum Milchwerk im Namen – bis zum Ende des Jahres 1987 war in den Räumlichkeiten ein milchverarbeitender Betrieb zu finden, ein echtes Milchwerk. Nachdem es 1986 durch das Reaktorunglück in Tschernobyl zu starken Beeinträchtigungen des Milchabsatzes und des Milchexports gekommen war, wurde nach rund 70 Jahren die Stilllegung beschlossen.

Vor 30 Jahren, am 2. Oktober 1992, öffnete das Milchwerk schließlich als Veranstaltungsort seine Türen. Und auch wenn seither viele Umbau-, Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten stattfanden, gibt es noch an mehreren Stellen Überbleibsel aus der Zeit, in der noch Milchprodukte hergestellt wurden.
Die auffälligen weißen Kacheln
Steeven Steininger weiß, wo die Überreste aus der Vergangenheit zu finden sind. Als Technischer Leiter kennt er sich im Milchwerk aus und kann zu den Stellen führen, an denen mal nur Details, mal ganze Räume an früher erinnern. Viele davon befinden sich an Stellen, die der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich sind, etwa im Keller. An mehreren Orten können aber auch Konzert- oder Theaterbesuchern Überreste ins Auge fallen.

„Die weißen Fliesen, die man immer wieder sieht, sind noch vom alten Milchwerk“, erklärt Steeven Steininger. Tatsächlich sind sie vielerorts im Gebäude zu finden. Besonders prägend sind sie im großen Saal, der nach der Erweiterung des ehemaligen Milchwerks Ende der 1960er-Jahre als Produktionshalle diente. Dort zieren sie die Säulen entlang beider Seiten. Diese waren ebenfalls schon Teil des ehemaligen Milchwerks.

Ersatzfliesen lagern im Keller
Gleiches trifft auf die Empore zu, die auf der linken Seite des großen Saals verläuft. „Aber die Tagungsräume sowie das Glasgeländer nicht“, so Steininger. Diese wurden später erst eingebaut. Sollten weiße Fliesen kaputt gehen, könnten sie sogar mit Originalen ersetzt werden, denn im Keller des Milchwerks lagert noch eine Palette davon, wie der Technische Leiter verrät.

Nicht weiße, sondern blaue Fliesen sind hinter den Kulissen zu finden. Im Stuhllager, das sich hinter der Bühne befindet, zieren sie eine Wand. Was sich ehemals an dieser Stelle befand, weiß Steeven Steininger allerdings nicht. Womöglich reichte die Produktionshalle, also der heutige große Saal, damals bis hinter die heutige Bühne. Auf alten Fotos sind noch dunklere Fliesen in dem Bereich zu sehen.

Im Keller sind noch viele Überbleibsel
Besonders viele und zum Teil großflächige Überbleibsel finden sich im Keller des Milchwerks. Dort gibt es nicht nur Gänge, die laut Steininger zum damaligen Kesselhaus – dem Gebäude, in dem heute auch das Kletterwerk untergebracht ist – führten. Diese Gänge sind heute aber verschlossen, darin befinden sich Heizungsleitungen.
Zahlreiche Räume sind außerdem noch mit den originalen rot-braunen Bodenfliesen ausgestattet. Steeven Steininger weist immer wieder auch auf Details wie Ventilatoren in den Wänden und geflieste Podeste hin, die aus der Zeit vor 1987 stammen und mittlerweile keine Verwendung mehr haben.
Kühlraum 10 wird noch heute betrieben
Das ist nicht bei allen Überbleibseln so: Zum Teil werden laut Steininger auch heute noch Türen genutzt, die bereits früher im Gebäude eingebaut waren. Auch ein ehemaliger Kühlraum aus dem Milchwerk ist heute noch in Betrieb – zwar sei die Kälteanlage erneuert worden, doch die metallene Tür, die Fliesen im Inneren und Trennwände aus Plastik, die einen Kälteaustritt verhindern sollen, sind noch Originale, wie der Technische Leiter erklärt.

Eine Reise in die Vergangenheit
Auch der Lastenaufzug, der sich neben dem großen Saal befindet, stammt noch aus früheren Zeiten. Daran erinnert auch ein Aufdruck unter dem Bedienungsfeld: Dort wird das Baujahr 1970 genannt.
Besonders deutlich wird die Vergangenheit des heutigen Tagungs- und Kulturzentrums in einem Kellerraum, der laut Steeven Steininger bis vor Kurzem als Abstellraum diente, nun aber für einen Verein frei geräumt wurde.
Welche Arbeiten dort ehemals verrichtet wurden, kann der Technische Leiter zwar nicht sagen, doch ein niedriges Becken, die Original-Fliesen an Boden und Wänden und verstaubte Teile alter Gerätschaften an den Wänden machen deutlich, dass das Milchwerk ursprünglich nicht für Konzerte und Theateraufführungen gebaut wurde.

Milchwerk-Leiterin Tanja Adamski macht zudem auf den abfallenden Boden aufmerksam. Sei der Boden im ehemaligen Milchwerk nass gewesen, habe die Flüssigkeit dadurch in einen Bodenablauf abfließen können. „Der wurde aber mittlerweile verschlossen“, sagt Steeven Steininger.

Tanja Adamski könnte sich vorstellen, auf die Überbleibsel aus der Vergangenheit des Milchwerks künftig deutlicher hinzuweisen – womöglich mit einer Informationstafel. Dazu könnte auch die historische Milchzentrifuge ausgestellt werden, die bis 1926 in Betrieb war und der Stadt als Dauerleihgabe im Jahr 2017 vom ehemaligen Technischen Leiter des Milchwerks, Dirk Pitzel, übergeben wurde.