Mit dem städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Bahnhofsgelände scheint die Stadt Radolfzell nur mühsam in die Gänge zu kommen. Nachdem im vergangenen Jahr die Zahl von fünf eingereichten Bewerbungen als zu niedrig eingestuft wurde, ist der Ideenwettbewerb neu ausgeschrieben worden. Das Preisgeld ist von 33 000 Euro auf 58 000 Euro erhöht worden. Was zwei weitere Büros dazu verleitete, ihre Bewerbungen einzureichen. Von den sieben Bewerbungen haben aber zum 31. Januar nur vier Büros Wettbewerbsarbeiten eingereicht. Immerhin, Anfang März verkündete Oberbürgermeister Martin Staab mit Wolfgang Keller und Manuel Jobi aus dem Dezernat Umwelt, Planen, Bauen nach der Sitzung des Preisgerichts einen Sieger: das Büro bb22 Architekten und Stadtplaner aus Frankfurt am Main.

Vorwurf der Klötzchen-Architektur

Dann kam Corona, die Ausstellung im Milchwerk der drei mit Preisen versehenen Modelle war gleich wieder geschlossen. Wenigstens der Gemeinderat fand für den Ideenwettbewerb in seiner Sitzung Ende Mai anerkennende Worte. Einig war man sich mit dem Preisgericht, dass dieser Entwurf mit der Silhouette der Altstadt „am sensibelsten umgegangen ist“, wie es CDU-Stadtrat Helmut Villinger beschrieb. Kritik gab‘s von SPD-Stadträtin Susann Göhler-Krekosch für die „Klötzchen-Architektur.“

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Architekt Felix Nowak vom Büro bb22 erläuterte, wie es die Baukörper zwischen der alten Pakethalle und den bereits abgeräumten Güterhallen zu verteilen galt: „Es ist leider so, dass Radolfzell an seiner schönsten Stelle den Bahnhof hat.“ Deshalb sei es darum gegangen, Freiräume herauszuarbeiten und Sichtachsen aus der Stadt zum See hin zu gewährleisten. Das sind der Stadtgarten, der Untertorplatz, die Forsteistraße neben dem Scheffelhof und die Lohmüllenstraße. Dort, wo diese Sichtachsen auf die Gleise treffen, sollen keine Gebäude errichtet werden.

Ein Fußgängersteg hinüber zum Yachtclub

Die Frankfurter Architekten haben dort mehrere einzelne Gebäude mit drei bis fünf Geschossen geplant. Die Nutzung reicht von Büros mit Dienstleistung auf dem Gelände der alten Pakethalle bis zum Lebensmittelmarkt auf dem Grundstück der alten Güterhallen mit einem Fußgängersteg über die Gleise zum See hinüber. Zudem haben sie neben zwei zusammenhängenden Tiefgaragenkomplexen noch ein zentrales Fahrradparkhaus als Tiegarage westlich der bestehenden Bahnhofsunterführung positioniert.

Sowohl im Preisgericht als auch einzelne Stadträte haben die parallele Anordnung des Omnibusbahnhofs ohne Wendeplatz kritisiert. Dennoch will der Gemeinderat die Arbeit des Frankfurter Büros zur Grundlage der weiteren Bearbeitung für ein neues Bahnhofsquartier machen.

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Einen Konstruktionsfehler beinhaltet der Siegerentwurf wie alle eingereichten Arbeiten: Er musste von der Verwirklichung einer Seetorquerung ausgehen. Diese kommt nach dem Beschluss des Gemeinderats nicht und damit auch nicht der erhoffte Platzgewinn durch den Rückbau von zwei Gleisen.

Gestaltungsbeirat zweifelt am Nutzen

Und es gibt grundsätzliche Kritik am Entwurf aus einem anderen beratenden Expertengremium. Der Gestaltungsbeirat der Stadt Radolfzell hat im Protokoll seiner letzten Sitzung zwar festgehalten, dass das Preisgericht zwar den besten Entwurf für den ersten Preis ausgewählt habe, merkte aber an, ob bei vier eingereichten Arbeiten der „Überblick über mögliche Lösungsvarianten“ gegeben sei. Der Gestaltungsbeirat stellt auch die Frage „nach der wirklichen Notwendigkeit der zahlreichen Bebauungen“. Eine gesicherte Nutzung der gesamten Planungsstrecke wird in diesem Gremium kritisch gesehen. Der Gestaltungsbeirat mahnt an, dass die Querung der Bahngleise zuerst sicher gestellt werden müsste.