Seit zehn Jahren warten die Radolfzeller Fußballvereine auf einen zusätzlichen Kunstrasenplatz für das Fußballtraining. Selbst der vorhandene Allwetterplatz auf der Mettnau zeigt sich dringend sanierungsbedürftig. Der Sportvorstand des FC Radolfzell, Alexander Thumer, skizziert in der Hauptversammlung den Mangel an Trainingsmöglichkeiten folgendermaßen: „Wir schicken die Kinder vom Jugendtraining nach Hause. Viele Jugendmannschaften der acht Vereine sehen den Platz nie.“
Der FC Radolfzell lud zu seiner jüngsten Versammlung die Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters zu einer Diskussionsrunde ein. Wichtig war den Clubmitgliedern die Beleuchtung des Gegensatzes vom städtisch initiierten Sportentwicklungsplan zum aktuellen Renovierungsstau der heimischen Sportanlagen. Zudem begreifen Sportler die Präsentation Radolfzells als eine Kultur- und Musikstadt als Form der Ungleichheit gegenüber dem Sport. Sie suchten bei den Kandidaten Rat, wie der Sport eine bessere Lobby bekäme. In der Radolfzeller Interessensgemeinschaft Sport sind 15.000 Mitglieder organisiert.

OB Martin Staab und dessen Herausforderer Simon Gröger gingen die Diskussion zwangsläufig aus unterschiedlichen Perspektiven an. Mit 28 Jahren Verwaltungserfahrung sowie acht Jahren als Oberbürgermeister von Radolfzell hat Martin Staab laut seiner Selbstbeschreibung einen „Silberrücken“ in der Verwaltung. Simon Gröger ist Wirtschaftsförderer der Stadt Tuttlingen und Vorstandssprecher des Turnvereins Wurmlingen. Der Herausforderer kennt die Bedürfnisse von Sportvereinen und das Ehrenamt. Gemeinsam ist beiden, dass sie durch Gespräche mit Vertretern der IG Sport auch Einblicke in den Radolfzeller Sport haben und den Entwicklungsplan Sport kennen.
„Außer bei der Unterseehalle“, so Staab, habe er beim Amtsantritt „einen Sanierungsstau auf den Plätzen und in den Hallen registriert“. Alle Sportstätten gleichzeitig abzuarbeiten sei weder finanziell noch technisch möglich gewesen. Der Sportentwicklungsplan (SEP) habe auf weitere Ziele abgehoben, erklärte Staab. Er bezeichnete diese als „weiche Faktoren“, die auf Zusammenarbeit von Vereinen, Schulen und Kindergärten abzielte.

2016 wurde hierfür die Stelle der Sportkoordination geschaffen. Vier Hallen und Plätze seien mittlerweile angegangen worden. Der Kunstrasenplatz auf der Mettnau sei 2016 noch nicht beschlossen worden. Er kam 2018 auf die Agende, weil man sich beim SEP noch nicht einig war, so Staab.
Herausforderer Simon Gröger ist eigenen Angaben zufolge mit dem Sport aufgewachsen. Für ihn ist es wichtig, dass Sport eine entsprechende Infrastruktur haben muss, damit er Spaß machen kann. Da das Engagement ehrenamtlich erfolge, brauche es auch Investitionen in dessen Infrastrukturen. Vereine würden viel Kraft in die Jugendarbeit setzen. Sport sei somit ein wichtiges Element für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Beim Beschäftigen mit den städtischen Liegenschaften sei ihm, so Gröger, bereits der Sanierungsstau der Stadt aufgefallen. Er empfahl, die Liegenschaften einer regelmäßige Investition zu unterziehen.
Errichtung des Kunstrasenplatzes bis 2023
Als OB wolle er sich nach der Wahl für einen Dreiklang aus Kultur, Musik und Sport einsetzen und eine Einigkeit hierfür bei den Stadträten erzielen. Denn der Anteil an Sporttreibenden sei in der Bürgerschaft sehr groß. Zukünftig wolle er den Sport in diesen Dreiklang überführen. Dabei stellte er auch offizielle Besuche des Gemeinderates bei den Vereinen in Aussicht.
Auch Martin Staab möchte den Sport höher in der Verwaltung ansiedeln. Mittlerweile seien die Belange eingetütet. Dabei verwies er auf die Sitzung des Gemeinderats am 5. Oktober im Rathaus. Der Gemeinderat debattiert hier zum aktuellen Stand der Sportentwicklungsplanung, über das Sportzentrum Mettnau sowie zu einem Beschluss zur Entwicklungsplanung. Dabei werde dem Rat auch die Planung der Bauabschnitte vorgelegt. Sie sieht die Errichtung des Kunstrasenplatzes bis 2023 und ein Infrastrukturgebäude bis 2026 vor. In einem fünften Bauabschnitt steht 2027 die Sanierung des Mettnaustadiums auf dem Plan. Die Gesamtkosten würden sich auf rund 6,23 Millionen Euro belaufen.