Sie gehören zu Deutschlands besten Boxern. Ihr Ziel ist es, sich mit den besten der Welt zu messen. Der 19-jährige Jan Winder aus Radolfzell und der 16-jährige Devin Matern aus Singen trainieren seit etwa einem Jahr auf Profi-Niveau im Bundesstützpunkt (BSP) des deutschen Boxsportverbands in Heidelberg. Eine der wichtigsten Dinge beim Boxen haben sie in ihrem Heimatverein im Box Club Radolfzell gelernt, wie sie berichten. Und deswegen spielt der Radolfzeller Boxtrainer Rocco Rando immer noch eine wichtige Rolle im Leben der beiden Leistungssportler. Die wichtige Lektion heißt nämlich: Disziplin.
Hohes Level bis zur letzten Runde
Disziplin braucht man nicht nur fürs Training, sondern für fast alles, was mit Boxen zu tun hat. Vor allem muss man seine Emotionen im Griff haben. Im Bundesstützpunkt läuft das Training anders als im Box Club Radolfzell. Besonders die Gegner sind anders, berichten Matern und Winder. „Die ziehen mehr durch bis zum Ende“, sagt Jan Winder. Die Kämpfe seien härter, Dominanz sei schwieriger über einen ganzen Kampf aufrechtzuerhalten.
Noch in den letzten Runden könne ein Kampf nun schneller kippen. „Das Niveau ist einfach viel höher“, bestätigt in Matern. Im BSP trainieren sie mit Konkurrenten für internationale Wettbewerbe und auch für die Olympischen Spiele. Dies ist das große Ziel der zwei jungen Leistungssportler – ein Ticket nach Los Angeles.

Devin Matern boxt seit fünfeinhalb Jahren, Winder sogar erst seit fünf. Sie kämpfen beide in der Halbweltergewichtsklasse, also zwischen 60 und 63,5 Kilogramm. Matern hat bereits 42 Kämpfe hinter sich, bei Winder sind es 24. An das Gefühl nach ihren ersten Siegen erinnern sie sich noch genau: Erst fiel der Druck ab, sie spürten Erleichterung, dann folgten Glück und Freude.
So ist es im Bundesstützpunkt
Die Entscheidung zum BSP in Heidelberg und auf ein Internat zu gehen, sei keine leichte Entscheidung gewesen, sagt Devin Matern. Er war 14 Jahre alt, als er die Einladung erhielt, Winder war 17. Beide sagten nach reiflicher Überlegung zu.
Sie gehen nun in die Oberstufe im Internat und trainieren fünf Tage die Woche – jeweils zwei Mal am Tag. Dazu kommt ein Training am Samstag. Hier werden sie auch von Ernährungsberatern, Sportpsychologen und Physiotherapeuten betreut. Vor dem BSP trainierten sie im Box Club Radolfzell genauso häufig in der Woche mit einem Trainer und einem Co-Trainer, allerdings nur ein Mal am Tag. Die Umstellung im Training sei nicht so hart gewesen, sagt Matern. Doch ihre jetzigen Boxkollegen seien professioneller, jeder sei etwas mehr bei sich. Dennoch sei der Umgang mit Kollegen in Heidelberg freundschaftlich.
Bodenständige Profis
Die Beziehung zum ersten Boxtrainer Rocco Rando, Vorsitzender des Box Club Radolfzell, sei besonders, sagen sie. „Er ist wie ein zweiter Vater“, so Winder. Verstimmungen habe er Ihnen bereits nach fünf Minuten im Training angesehen, er habe auch dafür gesorgt, dass niemand ausgeschlossen wurde und habe immer ein offenes Ohr. In Heidelberg wüssten Winder und Matern, dass sie immer mit ihrem neuen Trainer reden könnten, dennoch telefonieren sie gelegentlich auch jetzt noch bei mit Rocco Rando über Probleme, sagt Matern. Er habe ihnen beigebracht, worum es beim Boxen wirklich geht.

Partys und lange Nächte vermissen die beiden in ihrem professionellen Lebensstil nämlich nicht. Daran hätten sie auch vor dem Internat schon kein Interesse gehabt, sagen sie. Sie gehen in ihrer Freizeit lieber in die Stadt, spielen Billard oder gehen Essen, sagen Winder und Matern. Gutes Fast-Food nach einem Kampf sei für sie eine bessere Belohnung als ein Bier.
Grenzen im Boxsport
Pausen vom Training haben die beiden in Ferien und nach Wettkämpfen. Dann besuchen sie Familie, Freunde oder den Box Club in Radolfzell in ihrer Heimat. So auch am Wochenende, als eine Boxveranstaltung im Milchwerk stattfand. Selber boxen konnten sie dort nicht, sie waren beide erkältet und mussten sich schonen.
Wann jemand vom Box Club Radolfzell für einen Kampf bereit ist, entscheide immer Rando, sagt Winder. Das Problem: „Manche rasten aus, werden emotional und beleidigen“, so Winder weiter. Doch beim Boxen komme es auf die Technik und vor allem die Psyche an, ergänzt ihn Matern, „wenn du versuchst, den Gegner zu verprügeln, wirst du verlieren.“ Jemanden zu schaden, sei nicht das Ziel, sondern die Taktik und Technik im Kampf aufrechtzuerhalten. Außerdem dürfe man nie den Respekt vergessen – sowohl im Kampf, als auch beim Jubeln danach, sagt Jan Winder, „Wenn man in den Ring steigt, ist man gleichgestellt.“
Für Matern und Winder steht nur ihre Familie und ihre Gesundheit noch über dem Boxen, wie sie sagen. Ihnen sei aber bewusst, dass der Sport Spuren am Körper hinterlasse. Deshalb wollen sie auch nicht für immer boxen, sagen Winder und Matern. Ihre Familien würden sie unterstützen, auch wenn sich ihre Mütter gleichzeitig vor Kämpfen auch Sorgen machen. „Man muss die Grenzen im Alter erkennen“, sagt Matern. Aber werden das die leidenschaftlichen Boxer schaffen? Devin Mattern sagt: „Ich traue es mir zu.“ Jan Winder muss etwas verlegen grinsen, bevor er sagt: „Ich glaube schon.“