Lokal neben Lokal und endlose Reihen von Tischen prägen die Uferpromenaden der Städte Konstanz, Meersburg und Überlingen. Dort hat der Gast die Qual der Wahl, wo er seinen Kaffee trinken oder zu Mittag essen möchte. In Radolfzell wollte man stets einen anderen Weg gehen. Ein grünes, naturnahes Ufer war das Ziel und dieses soll auch erhalten bleiben. Darauf verständigten sich Verwaltung, Gemeinderat und Bürger bei einem Workshop im Jahr 2012. Darauf basiert auch der Masterplan zur Entwicklung des Seeufers, nach dem der Wasserspielplatz, das Bootshaus und jetzt auch die neue Molen-Gastronomie entwickelt und durchgeführt wurden.

Das Angebot am Radolfzeller Ufer ist schon groß genug

Was im Laufe der Planungen aber auch klar wurde: Für den Eispavillon direkt neben der Unterführung wird es keine Zukunft mehr geben. Weil es allerdings Proteste aus den Reihen der Bürger gab, die sehr an der Pizzeria Da Toni und ihrem Pächter Antonio Nadile hängen, hat die Stadtverwaltung einen Gutachter beauftragt, der analysieren soll, wie viel Gastronomie das Radolfzeller Seeufer eigentlich verträgt.

Das Ergebnis in Kurzfassung: Eigentlich gar nichts mehr. Denn das neue Restaurant mit Biergarten an der Mole, welches sich noch im Bau befindet, wird mit seinen mehr als 400 Plätzen im Innen- und Außenbereich ohnehin schon für mächtig Konkurrenz bei allen Lokalen in ganz Radolfzell sorgen.

Bis zu 1500 Gäste täglich sollen an die Mole kommen

Gutachter Uli Riedel wagte auch eine Prognose, wie der Betrieb für die Molen-Gastronomie laufen könnte. Laut Riedel werde ein Umsatz von jährlich 2,5 bis 3 Millionen Euro erwartet. Pro Jahr sollen zwischen 139.000 bis 167.400 Gäste ihren Weg an die Radolfzeller Mole und in das Lokal finden, 380 bis 457 Gäste pro Tag, an Spitzentagen seien auch Gästezahlen von 1500 möglich, so der Gutachter.

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Dabei werde der Betrieb, der von der Lakeside-Collection GmbH aus Lindau gepachtet wurde, die Hälfte der Gäste neu werben können. Diese Besucher seien bisher noch nicht in Radolfzell gewesen. Die andere Hälfte werde der Betrieb aus dem bestehenden Kundenpotenzial Radolfzells generieren müssen. Also 70.000 bis 85.000 Gäste, die bisher ihren Kaffee und ihren Kuchen wo anders gegessen haben.

Der Außenbereich der Pizzeria Da Toni an der Mole hat in dieser Saison das letzte Mal geöffnet gehabt. Die blau-weißen Gebäude sollen ...
Der Außenbereich der Pizzeria Da Toni an der Mole hat in dieser Saison das letzte Mal geöffnet gehabt. Die blau-weißen Gebäude sollen abgerissen werden. | Bild: Jarausch, Gerald

Neues Lokal an der Mole macht allen Konkurrenz

Keine guten Aussichten für alle anderen Lokale am Seeufer und auch nicht für die Gaststätten in der Altstadt. „Jeder andere Betriebsinhaber wird für sich Maßnahmen ergreifen müssen, um seine Gäste zu halten und neue hinzuzugewinnen“, schreibt Gutachter Riedel in seiner Bewertung. Besonders betroffen würden davon die Lokale Steg 11, Seebar und Bootshaus sein, aber auch die ASV Gastronomie, der Bora-Biergarten und das Strandcafé würden die neue Konkurrenz spätestens ab 2025 deutlich spüren. Die ersten paar Jahre bewertet Uli Riedel als Anlaufphase.

25 Jahre lang war die Pizzeria und das Eiscafé Da Toni an der Mole für Einheimische und Touristen da.
25 Jahre lang war die Pizzeria und das Eiscafé Da Toni an der Mole für Einheimische und Touristen da. | Bild: Jarausch, Gerald

Das der Eispavillon mit der Pizzeria Da Toni weichen muss, ist nicht nur dem neuen Pächter, Daniel Stütz von der Lakeside-Collection GmbH, zugesichert worden. Sondern war auch Teil des Kaufvertrags der Stadt Radolfzell für das Gelände von der Bodensee Hafen Gesellschaft (BHG), wie Siegfried Lehmann während der jüngsten Gemeinderatssitzung noch einmal allen anwesenden in Erinnerung rief.

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„Die BHG war ein zäher Partner“, so Lehmann. Diese forderten, dass im Uferbereich außer der Molengastronomie, der Seebar und dem Bootshaus kein weiteres gastronomisches Angebot angesiedelt werden darf. Ohne diese Zusage hätten sie das Areal nicht verkauft. Man habe also so oder so keine Chance gehabt, den Eispavillon zu retten. Auch die Petition mit mehr als 3000 Unterschriften könne den Vertrag nicht ändern.

Was noch fehlt ist eine Eisdiele

Was Gutachter Uli Riedel allerdings als einzige Marktlücke am Seeufer ausmachte, ist das Fehlen einer Eisdiele. Die anderen Lokale würden nur abgepacktes Industrieeis verkaufen, aber kein Eis in der Waffel. Hier könnte die Stadt also noch etwas machen. Als Standort hat er die ehemalige Kegelbahn des ESV beim Spielplatz ausgemacht. Denn dieses Grundstück sei vom Vertrag mit der BHG ausgenommen. Hier könnte man also eine Eisdiele einrichten und würde das gastronomische Angebot am See vervollständigen, fasst der Gutachter zusammen.

Auch der Spielplatz soll eine Frischekur erhalten, um den Platz beim künftigen Eiscafé attraktiver zu gestalten.
Auch der Spielplatz soll eine Frischekur erhalten, um den Platz beim künftigen Eiscafé attraktiver zu gestalten. | Bild: Jarausch, Gerald

Eis hat viel zu viel Zucker, meint Anja Matuszak

Bei fast allen Stadträten kam dieser Vorschlag gut an. Nur Anja Matuszak (FGL) kritisierte den Standort am Spielplatz, da Eis zu viel Zucker enthalte und Kinder in der Regel zuckerarm ernährt werden sollten. Siegfried Lehmann regte an, den Spielplatz in diesem Zusammenhang ebenfalls aufzuhübschen und hochwertiger auszustatten, um für Familien einen weiteren Anlaufpunkt neben dem bereits gut genutzten Wasserspielplatz zu bieten. Wie es für Pächter Antonio Nadile hingehen weitergeht, ist unklar. Denn wie OB Simon Gröger betonte, würde die Pacht der Eisdiele öffentlich ausgeschrieben werden und alle, die Interesse hätten, könnten sich bewerben.