Eine sehr schlechte Nachricht für Liebhaber von Bodenseefisch haben die Berufsfischer vom Untersee und Rhein: Vom Felchen, der beliebtesten Fischart, werde immer weniger gefangen, berichtete Werner Keller in der Generalversammlung des Fischereivereins Untersee und Rhein.
Keller ist der zweite Vorsitzende des Vereins. Die 22 Berufsfischer von der Reichenau und der Höri hätten im Jahr 2018 gerade mal noch gut 49.000 Kilogramm Felchen gefangen, erklärte Keller der Versammlung im Hotel Mohren auf der Insel Reichenau. Damit setze sich ein seit Jahren andauernder Abwärtstrend fort. Für 2015 hatte er noch knapp 100.000 Kilo Felchen bilanzieren können, seither sind die Fangerträge stetig gesunken. Das schon schlechte Ergebnis von 2017 sei um weitere 4200 Kilo unterboten worden.
Im Vergleich zum Zehnjahresschnitt seit 2008 hat sich der Felchenfang fast halbiert
„Das ist sehr traurig und sehr schade“, so Keller. „Das tut verdammt weh.“ Denn Felchen sind nicht nur bei Konsumenten beliebt, sondern auch die ertragreichste Fischart für die Berufsfischer, der „Hauptbrotfisch“.
Vom Gesamtfang 2018, der bei rund 106.000 Kilogramm lag, machten die Felchen nun nicht einmal mehr die Hälfte aus – in früheren Jahren lag der Anteil deutlich höher. Und diese Pille sei umso bitterer, weil der Verein mit seiner Brutanstalt auf der Reichenau jedes Jahr große Mengen an Felchenbabys ausbrüte, anfüttere und im See aussetze. Rund 32 Millionen seien es im Jahr 2018 gewesen, so Keller.
Wobei Schriftführer Markus Wedele und der Vorsitzende Stefan Riebel erklärten, dass der Felchenlaichfang im Dezember die Brutanstalt nur zur Hälfte gefüllt habe. Und da der Laichfang am Obersee ausgefallen sei, habe es sogar nur auf der Reichenau am deutschen Bodenseeufer Felcheneier zum Ausbrüten gegeben.
Der Gesamtfang fiel für die Berufsfischer vom Untersee und Rhein zwar im Jahr 2018 um knapp 7400 Kilo besser aus als 2017, so Keller. Doch 2017 sei auch ein extrem schlechtes Jahr gewesen. Im Zehnjahresschnitt waren die Fänge um rund 30.000 Kilo schlechter.
Besser sieht es bei Hecht und Kretzer aus
Vom ebenfalls beliebten Kretzer wurden laut Keller mit knapp 12.000 Kilo 2680 mehr gefangen worden als 2017. Und auch beim Hecht sei das Fangergebnis mit rund 10.800 Kilo um 1550 besser ausgefallen. Doch wie schon im Hitzesommer 2003 seien vor allem mehr Weißfische gefangen worden, wovon Karpfen und Schleien zu den edleren gehören, und zudem Zander.
Riebel erklärte, da die Felchenfänge einbrechen, würden manche Fischer auch gezielt als Nischenprodukt auf diese edleren Weißfische gehen. Diese würden oft verkannt, weil sie grätenreich seien, seien aber schmackhaft und müssten nur gut verarbeitet werden. Den Fischern könne hier zugute kommen, dass immer mehr Konsumenten auf Regionalität und Vielfalt Wert legten. Wobei Riebel erklärte, dass der Verein zwar immer öfter ältere Mitglieder ehren könne, es aber angesichts der Umstände schwierig sei, Nachwuchs zu finden.
„Wir sollten uns was überlegen, um den Berufsstand zu erhalten.“
Negativ ausgewirkt habe sich der Hitzesommer 2018 wie schon der von 2003 vor allem bei Aalen und Äschen, so Keller und Riebel. Viele dieser Fische verendeten, die Fänge brachen ein. Von der Äsche fingen die Fischer vom Untersee und Rhein gerade mal 38 Kilo. Ab Ende Juli habe ein Äschensterben eingesetzt, so Riebel. Zwischen Öhningen bis Stein am Rhein seien im Hochrhein rund 5000 tote Äschen, zirka drei Tonnen, eingesammelt worden. Der Fischereiverein habe sich deshalb rund 5000 ganz junge Äschen besorgt, diese angefüttert und im See eingesetzt.
Die lang andauernde Hitze verschärfte die Probleme, über die die Berufsfischer seit Jahren klagen
Durch den niedrigen Phosphatgehalt im Wasser gebe es einfach zu wenig Nahrung für die Fische, so Keller. Dabei würden große Mengen an Salz aufgewendet zum Beispiel in der Kläranlage Konstanz, um das Phosphat aus dem Wasser auszufällen. Wenn es etwas weniger wäre, müssten die Fische im Bodensee nicht Hunger leiden, meinte er, und es müssten nicht Fische aus anderen Regionen und Ländern eingeführt werden.
Die Fischer hätten zudem viele gefiederte Konkurrenten, so Keller. Zwar hätten schon die Vorfahren mit vielen fischfressenden Wasservögeln leben müssen, doch das sei eine neue Dimension.
„Der Kormoran hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“
Der Vogel habe sich am Untersee stetig vermehrt. Im Jahr 1998 seien im Schnitt nur 134 Kormorane gezählt worden, 2018 seien es 685 gewesen. Es sei von Wissenschaftlern und Naturschützern bestätigt, dass diese Vogelart rund 500 Gramm Fisch am Tag fresse. Das ergebe fürs Jahr 2018 knapp 125.000 Kilogramm. Die Fänge der deutschen und schweizerischen Berufsfischer am Untersee lägen insgesamt bei nur 121.750 Kilo.
„Das ist etwas, was die Natur auf Dauer nicht verträgt“, meinte Keller. „Das ist ein immenser Schaden. Da muss man schauen, was man machen kann, um dem Herr zu werden.“
Er hoffe darauf, auch mal wieder bessere Zahlen verkünden zu können, sagte Keller, doch: „Die Politik will uns nicht helfen.“