Die Gemeinde Reichenau will mit dem Neubaugebiet Lindenbühl-West schneller vorankommen. Daran arbeitet nun eine Planungsgruppe zusammen mit dem neuen Projektsteuerer Matthias Weckbach. Weckbach und sein Geschäftspartner Jörg Fischer erklärten im Gemeinderat, Ziel sei eine möglichst rasche Realisierung des Projekts – für bezahlbaren Wohnraum und um einen finanziellen Beitrag für die Gemeinde zu leisten.
„Wir wollen alle Sachthemen zusammenführen und im Planungsteam erarbeiten“, sagte Fischer. Der städtebauliche Entwurf des Stuttgarter Planungsbüros solle dazu weiterentwickelt werden. Bürgermeister Wolfgang Zoll sagte, dies solle bis Herbst geschehen. Dann könne der Gemeinderat auch die Größe der Bauabschnitte festlegen.

- Der städtebauliche Entwurf: Auf den 8,2 Hektar des Gebiets westlich des bestehenden Lindenbühls, zwischen Zentrum für Psychiatrie (ZfP) und Gemeindeverbindungsstraße, sollen laut Gemeinderatsbeschluss einmal bis zu 1000 Menschen leben. 40 Prozent sollen freier Wohnungsbau sein, jeweils 30 Prozent geförderter und sozialer Wohnungsbau. Grundlage ist der städtebauliche Siegerentwurf aus einem Wettbewerb im Jahr 2020 des Stuttgarter Planungsbüros Wick und Partner, heute Studio Stadtlandschaften.
- Möglichst verkehrsarm: Dessen Geschäftsführer Michael Schröder erklärte, die Grundidee seien überschaubare Quartiere mit unterschiedlichen Gebäudearten, die sich um Höfe gruppieren. Dies solle gelebte Nachbarschaft ermöglichen. Vorgesehen sei im Gebiet zudem ein zentraler Bereich mit zum Beispiel Versorgungseinrichtungen und Kindergarten. Zudem gebe es Ideen für Freiräume. Ziel sei nicht zuletzt, Habitatsräume von Fledermäusen und Vögeln zu erhalten. Das Gebiet solle möglichst verkehrsarm werden.
Entwurf Lindenbühl-West: Hier soll gebaut werden
- Der Flächennutzungsplan: Zunächst können nur knapp fünf der 8,2 Hektar als Baugebiet ausgewiesen werden. Der gültige Flächennutzungsplan sieht sogar nur vier Hektar als Wohnbaufläche vor. Er soll zwar geändert werden, doch dem Regierungspräsidium Freiburg ist eine Erweiterung von vier auf 8,2 Hektar auf einmal zu umfangreich.
Stadtlandschaften-Chef Schröder erklärte, auf den fünf Hektar könnten dann circa 250 von insgesamt etwa 410 Wohneinheiten entstehen. Weil eine spätere Erweiterung geplant sei, sei es aber sinnvoll, die Bauleitplanung fürs ganze Gebiet voranzutreiben. Weckbach sagte: „Wir gehen gestaffelt vor.“ Es werde nicht alles auf einmal bebaut. - Zufahrt zum ZfP: Das Zentrum für Psychiatrie wünscht eine gute Verbindung ins Neubaugebiet, insbesondere durch Fuß- und Radwege. Das unterstütze die Gemeinde, so Bürgermeister Zoll. Allerdings ist im Entwurf bisher auch eine breite Zufahrtsstraße mitten im Gebiet vorgesehen. Planer Schröder sagte, diese wolle man an den westlichen Rand des Neubaugebiets verlegen. Weckbach erklärte, im Baugebiet könne durch den Wegfall der Straße beziehungsweise ihre Umwandlung zum Weg Wohnraum gewonnen werden. Die Zufahrtsstraße am westlichen Rand solle spätestens dann entstehen, wenn die Gemeindeverbindungsstraße umgebaut wird, sagte er auf Nachfrage von Thorsten Schneider (Freie Wähler).
Bedenken gegen die Straße am Westrand äußerten Sandra Graßl-Caluk (SPD) und Kerstin Sauer (SPD) sowie die Grünen. Der dortige Feldweg sei die Hauptverbindung für Fußgänger und Radfahrer zwischen Waldsiedlung und Lindenbühl und eine wichtige Freizeitfläche. Auch der Bürgermeister sagte, dies sei ein wichtiges Thema. Gabriel Henkes (Freie Liste/Grüne) meinte, das ZfP könnte einen solchen Verbindungsweg auf seinem Gelände anlegen. Sein Fraktionskollege Matthias Middendorf regte an, dies könne am nördlichen Rand des Baugebiets geschehen. Die Verwaltung und Weckbach sollen nun mit dem ZfP nach einer Lösung suchen.
- Weitere offene Fragen: Planer Schröder sagte, die Einhaltung der Abstandsflächen – auch zum ZfP hin – werde Änderungen im Entwurf nötig machen. Zudem verlaufe nördlich der Gemeindeverbindungsstraße eine Gashauptleitung, von der die Bebauung mindestens vier Meter Abstand halten müsse. Der Erschließungsplaner Lukas Burger vom Ingenieurbüro Raff sagte auf Nachfrage von Berndt Wagner (CDU), über der Gasleitung sei aber ein neuer Gehweg entlang der einmal umgebauten Straße möglich.
Die Bodenverhältnisse im Gebiet sind zudem schlecht, Wasser versickert nicht gut. Das macht eine aufwändige Planung der Entwässerung nötig, wofür Flächen – zum Beispiel für Mulden und Becken – benötigt werden, so Burger und Schröder. Zum Thema Wärmeversorgung sagte Weckbach auf Nachfrage von Martin Wendt (CDU), man sei schon in Gesprächen und werde verschiedene Anbieter anfragen. - Wie es weitergeht: Der städtebauliche Entwurf wird nun, basierend auf aktuellen Erkenntnissen zu den verschiedenen Themen, von einer Planungsgruppe weiterentwickelt. Dazu gehören neben dem Planungsbüro und der Verwaltung das Ingenieurbüro Raff sowie für Umweltfragen das Büro Faktor Grün. Die Steuerung des Projekts liegt bei der Fischer Immowert GmbH von Jörg Fischer und Matthias Weckbach. Die Gruppe will bis Oktober die offenen Fragen klären und den Entwurf entsprechend weiterentwickeln. Der Gemeinderat muss dann darüber entscheiden. Entsprechend soll bis zum Jahresende der Entwurf finalisiert werden. Dieser dient dann als Grundlage für einen Bebauungsplan, der sich 2026 anschließen soll.