Am Untersee gibt es kein Felchenfangverbot. Denn das gilt nur für den Obersee und damit auch den Überlinger See. Und auch das erst ab dem 1. Januar 2024. Eigentlich ist das nicht schwer zu verstehen. Zumindest wenn man weiß, dass der Bodensee in diese unterschiedlichen Bereiche unterteilt wird.

Doch das scheint bei vielen Leuten nicht der Fall zu sein. Vor allem auswärtigen Gästen ist das offenbar oft nicht bekannt, wie Julia Röpke, die Direktorin des Strandhotels Löchnerhaus auf der Insel Reichenau, berichtet: „Viele Touristen wissen nicht, dass das hier der Untersee ist.“

Es gibt gleich zwei Missverständnisse

Der Reichenauer Berufsfischer Stefan Riebel, Vorsitzender des Fischereivereins Untersee und Rhein, erklärt, es gebe bei vielen Leuten gleich zwei Missverständnisse. Zum einen werde eben diese Trennung zwischen Ober- und Untersee nicht wahrgenommen. Das liege auch daran, dass in etlichen der deutschlandweiten Medienberichte über das im vergangenen Juni beschlossene Felchenfangverbot nur allgemein vom Bodensee die Rede war und ist, meint Riebel.

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Zudem haben offenbar viele Leser dabei die Jahreszahl 2024 übersehen. „Die meisten lesen nur Fangverbot“, meint Riebel. Und die Folge sei in den vergangenen Monaten gewesen, dass viele Kunden – vor allem auswärtige – im örtlichen Fischhandel und der Gastronomie verwundert waren, dass es hier noch Felchen aus dem Bodensee gibt. Anfangs seien auch Einheimische und Gastronomen verwirrt gewesen. Und die Reichenauer Tourist-Information berichtet, dass auch auswärtige Angler, die eine Monatsangelkarte kauften, nachfragten, ob sie Felchen fangen dürften.

Direktorin Röpke berichtet ebenfalls, dass immer wieder mal Gäste im Restaurant des Strandhotels nachgefragt hätten, ob die Felchen wirklich aus dem Bodensee seien. Die Kellner seien deshalb entsprechend angewiesen worden, was sie antworten sollen. Küchenchef Sebastian Jehle und Röpke erklären, dass das Strandhotel seit vielen Jahren von der Reichenauer Fischerei Keller mit fangfrischen Felchen beliefert werde. Deshalb könne man auf der Karte auch guten Gewissens dazuschreiben, dass es Felchen aus dem Bodensee seien.

Felschenschonzeit bis 18. Dezember

Manch anderes Hotel am Bodensee tue das nicht, weil die Felchen oft aus anderen Regionen stammen würden, so Jehle. Und im Löchnerhaus würden auch nur frische Felchen verarbeitet, keine tiefgefrorenen oder vakuumierten. Deshalb gebe es in diesem Jahr ab sofort im Löchnerhaus tatsächlich keine Felchen mehr auf der Karte. Denn vom 15.Oktober bis 18.Dezember ist die übliche jährliche Felchenschonzeit am Untersee, wie Riebel erklärt. Kunden könnten auf der Reichenau aber durchaus in dieser Zeit geräucherte oder tiefgefrorene Exemplare bekommen.

Die Verwirrung nahm ihren Anfang, als die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) am 21. Juni 2023 den Beschluss fasste und mitteilte, dass es ab 2024 eine zunächst auf drei Jahre befristete Schonzeit für Felchen geben wird, gültig für Berufs- wie Angelfischer. Hintergrund war, dass die Berufsfischer vom Obersee geradezu dramatische Rückgänge beim Felchenfang verzeichneten. Die 64 Berufsfischer vom Obersee hatten im Jahr 2022 gerade noch rund 21 Tonnen Felchen gefangen – und damit deutlich weniger als ihre rund 20 Kollegen am viel kleineren Untersee.

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Doch die IBKF trug dann selbst zur Verwirrung bei. In einer Medienmitteilung vom 21. Juni ist allgemein vom Bodensee die Rede, ohne Differenzierung. Doch schon damals hatte die IBKF auf Nachfrage des SÜDKURIER bestätigt, dass dies nur für den Obersee gilt und nicht für den Untersee. Für den ist sie nämlich gar nicht zuständig.

Wobei die IBKF zudem erklärte, dass es auch im Obersee kein striktes Fangverbot geben werde, sondern eine dreijährige Schonzeit. Sprich: Fischer und Angler sollen nicht gezielt mit entsprechender Ausrüstung auf Felchenfang gehen. Es kann aber natürlich trotzdem sein, dass ihnen mal der eine oder andere Felchen ins Netz geht.

Einschränkung gilt nicht am Unteresee

Der Reichenauer Stefan Riebel erklärt, warum die Einschränkung am Untersee nicht gilt. Hier gelte schlicht ein anderes Fischereirecht, basierend auf einem Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz. Denn es gebe ganz andere Verhältnisse im Untersee, der nur rund 62 Quadratkilometer umfasse gegenüber den 480 Quadratkilometern des Obersees. „Wir haben flache Gewässer, große Wasserwechselzonen und eine noch bessere Nährstoffsituation. Der Bodensee ist von den Gewässertypen grundverschieden im Ober- und Untersee.“

Die eingeschleppte Fischart Stichling, die den Felchen als Fresskonkurrenten Probleme macht, gebe es zwar auch im Rhein, aber nicht in dem Ausmaß wie im Obersee. Zwar gebe es auch im Untersee rückläufige Fänge. „Aber wir haben noch rosige Verhältnisse gegenüber dem Obersee“, so der erfahrene Berufsfischer Riebel.

So habe man die vereinseigene Fischbrutanstalt auf der Reichenau – anders als in den Brutanstalten am Obersee – im vergangenen Winter noch gut mit Felchenlaich befüllen können: mit mehr als 20 Millionen Felcheneiern. Rund 13 Millionen Felchenbabys habe man als geschlüpfte Brut im See aussetzen können. Er habe daher keine Bedenken, dass es auch für den Untersee eine solche einschränkende Regelung geben werde.

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Aber Riebel ebenso wie Direktorin Röpke erwartet, dass die Verwirrung noch eine Weile andauern könnte, wenn ab 2024 die Schonzeit im Obersee gilt. Zudem, so denken sie, sei am Untersee ein größerer Andrang von auswärtigen Kunden und Anglern zu erwarten, die Felchen wollen.