Gerade einmal fünf Kilometer von Rielasingen entfernt liegt der kleine schweizerische Ort Ramsen. Nicht einmal 2000 Menschen leben dort, doch die Gemeinde hat eine wichtige Bedeutung für die deutsche Seite im Hegau: Ramsen klärt das Abwasser des Bezirks und bietet eine nahegelegene Möglichkeit für Sonntags-Einkäufe. Um diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit kümmert sich auch Gemeindepräsident Josef Würms. Und er hat nochmal einen besonderen Bezug zu dem Ort, der auch von deutsch-schweizerischen Ehen geprägt sei.
Josef Würms ist ein Ramsener Urgestein: Sein ganzes Leben lang wohnt der 67-Jährige schon im Schweizer Grenzort. Dort gehört der Familie in der achten Generation ein Landwirtschaftsbetrieb. Das Besondere daran ist, wie Würms erzählt, dass die vorherigen sieben Generationen aus einer deutsch-schweizerischen Ehe bestanden. Denn Ramsen war früher eines der wenigen katholischen Dörfer in der protestantischen Schweiz.
„Es war nicht gern gesehen, dass man außerhalb der Konvention heiratet, deswegen haben sich die Ramsener deutsche Eheleute gesucht“, erklärt Josef Würms. Auch heutzutage seien dem Gemeindepräsidenten zufolge neun von zehn Hausgemeinschaften in Ramsen deutsch-schweizerische-Ehen. Denn so sei keiner völlig von seinem Heimatland entwurzelt, da Ramsen direkt an der Grenze liegt.
Deshalb engagiert sich Würms politisch
Aber warum weiß er so viel über die Ramsener Gemeinschaft? „Ich bin mit allem vertraut, was im Dorf geschieht, weil ich schon mein Leben lang Teil der Gemeinschaft bin“, erklärt Würms. Aus diesem Grund setzt er sich auch seit mittlerweile 16 Jahren im Kantonsrat Schaffhausen für seine Gemeinde ein. So kam es dazu, dass er vor acht Jahren zum Ramsener Gemeindepräsidenten gewählt wurde.
„Ich habe gesehen, wie es der Gemeinde geht, und hatte das Gefühl, einschreiten zu müssen. Deshalb habe ich mich zur Wahl gestellt“, so der 67-Jährige. Eine Bestätigung sah er im vergangenen Jahr, in dem er für vier weitere Jahre wiedergewählt wurde. Als Gemeindepräsident habe er die gesamte personelle, finanzielle und strategische Verantwortung für Ramsen, so Würms.
Die Grenze hat für Ramsen eine wichtige Bedeutung
Als Politiker befasst sich Würms auch mit der Wirtschaft, auf die die Grenze einen bedeutenden Einfluss hat. „Sowohl Schweizer als auch Deutsche sind hier in der Region Nutznießer der Grenze – wir Schweizer kaufen drüben Lebensmittel, dafür kommen die Deutschen zum Tanken und für bestimmte Produkte wie Nudeln oder Schokolade nach Ramsen“, erklärt der Gemeindepräsident. Darüber hinaus profitierten die Deutschen davon, dass die kleinen Schweizer Supermärkte sonntags geöffnet haben. Dem 67-Jährigen ist bewusst: Ohne die Grenze und die damit verbundenen Gesetzes- und Preisunterschiede würde es diesen Handel nicht geben.
Ferner steht insbesondere der Hegau in enger Verbindung zu Ramsen. Denn das gesamte Abwasser des Großraums Singen wird Josef Würms zufolge in Ramsen geklärt. „Die politische Zusammenarbeit geht dabei still und leise über die Bühne, wir hatten die letzten 40 Jahre keinerlei Probleme“, sagt der Ramsener.
Diesem Beruf geht Würms eigentlich nach
Anders als in Deutschland üblich, geht Würms aber seinem Amt nicht hauptberuflich nach. „Eigentlich bin ich jeden Tag nur für wenige Stunden im Gemeindehaus“, sagt er. Als Gemeindepräsident hat er lediglich eine 15-Stunden-Woche. Die restliche Zeit widmet der 67-Jährige seinem Obstbauernhof „Würms Obst“.
Vor 42 Jahren hat er diesen von seinem Vater übernommen und betreibt ihn seitdem gemeinsam mit seiner Frau Heidi, sagt er. „Es ist zwar ein kleiner Betrieb mit nur vier Angestellten, aber zur Spitzenzeit haben wir rund 40.000 Obstbäume“, so Würms. An diesen wachsen beispielsweise Äpfel, Birnen oder Kirschen.
Die Aufgaben des Teams beinhalten die Baumpflege, Ernte, Lagerung und schlussendlich den Verkauf. „Wir produzieren vorwiegend für den Schaffhausener Markt“, sagt der Obstbauer. In diesem Fall sei die Grenze wirklich eine Grenze: Würms verkaufe sein Obst ausschließlich in der Schweiz, da er dort die Preise doppelt bis dreifach so hoch ansetzen könne als in Deutschland.
„Die Qualität ist hier einfach eine andere als in Deutschland. Denn in der Schweiz wird 40 Prozent des Obstes aussortiert und zu Most verarbeitet. So wird nur das beste Obst verkauft“, erklärt Würms.
Würms ist stolz, an der Grenze zu wohnen
Auch privat hat Würms viel Kontakt mit der Grenze: Er ist täglich in Deutschland unterwegs. Er betont, dass auf beiden Seiten der Grenze der gleiche Lebensstandard vorzufinden sei, was ihn zu einem stolzen Grenzanwohner mache. Der 67-Jährige sagt: „Es ist zwar eine unterschiedliche Politik und Gesellschaft, aber der Mensch ist der gleiche“.
Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich hieß es zur Geschichte des Ortes und der Bereiche Moskau und Petersburg, diese Bezeichnungen seien im Zusammenhang mit der russischen Armee im Zweiten Weltkrieg entstanden. Das war ein Missverständnis, das wir bitten zu entschuldigen. Richtig ist: „Im Zweiten Koalitionskrieg 1798 hat die russische Armee ihre Pferde hier in Ramsen stationiert, um sich auf die Überquerung des Rheins vorzubereiten.“