Die große Politik mit dem Bundestagswahlkampf und alle Krisen sollten an diesem Abend draußen bleiben. Rattlinger-Zunftmeister Holger „Io“ Reutemann rief die Narren in der Talwiesenhalle in Rielasingen auf, ein paar fröhliche und unbeschwerte Stunden zu erleben und das gelang mit dem abwechslungs- und temporeichen Programm der 65. Narrenspiele.

Zunftmeister Holger Io Reutemann begrüßt mit allen Figuren der Narrenzunft Burg Rosenegg die Gäste in der Talwiesenhalle.
Zunftmeister Holger Io Reutemann begrüßt mit allen Figuren der Narrenzunft Burg Rosenegg die Gäste in der Talwiesenhalle. | Bild: Weiß, Jacqueline

Aber die Ortspolitik durfte natürlich nicht fehlen und so wurde manches Missgeschick und manche benachbarte Gemeinden auf die Schippe genommen. Um den finanziell angeschlagenen Singenern unter die Arme zu greifen, war zum Beispiel der Vorschlag, ihnen Bohlingen abzukaufen oder das Hohentwiel-Stadion zu verscherbeln.

Bürgermeister Ralf Baumert (links) kann es doch: Bieranstich-Übung mit Büttenredner Gerd Schoch.
Bürgermeister Ralf Baumert (links) kann es doch: Bieranstich-Übung mit Büttenredner Gerd Schoch. | Bild: Weiß, Jacqueline

Den Anfang machte Büttenredner Gerd Schoch. Er holte Bürgermeister Ralf Baumert auf die Bühne, damit er den Bieranstich nochmal üben durfte, der beim Waldfest des Musikvereins misslungen war. Die Lösung aller Probleme im Ort ist laut Schoch außerdem: „Leg ne Plane drüber“. Das hatte ein Gemeinderat vorgeschlagen, als es darum ging, wie man den Waldfest-Schopf des Musikvereins renovieren und abdichten könnte. Auch der entlaufenen Katze des Gasthauses Krone lasse sich damit beikommen: „Wenn die Katze ist zu schnell, leg‘ ne Plane drüber.“

Sandra Iensco und Daniel Schorpp brachten die neuesten Nachrichten aus dem Ort in ihrer Tagesschau.
Sandra Iensco und Daniel Schorpp brachten die neuesten Nachrichten aus dem Ort in ihrer Tagesschau. | Bild: Weiß, Jacqueline

Worblingen mit Potenzial, aber unnütz

Die beiden „Tagesschau“-Sprecher Sandra Ienco und Daniel Schorpp wollten zum 50-jährigen Gemeindejubiläum das Wappen modernisieren. Statt dem Abtstab sollte ein Regenschirm für Arlen stehen: Arlen sei in der Gemeinde so wichtig wie ein Regenschirm an einem sonnigen Tag. Für Worblingen könne ein Computer das Wappen zieren. Worblingen sei wie ein Computer ohne Internet: „Viel Potenzial, aber nicht nützlich.“ Für Rielasingen stünde dann eine Tasse Kaffee: Lebensnotwendig und unabdingbar.

Die „Tagesschau“ brachte auch eine Liveschaltung ins Blumencafé Schoch, Ralf Baumert wurde dabei zum botanischen Bürgermeister, der Baumis Baumpauschale einführt.

Wettermäßig war hier auf der Bühne einiges Los: Sonne, Regen, Nebel, Gewitter und Regenbogen sorgten unter der Leitung von Marita ...
Wettermäßig war hier auf der Bühne einiges Los: Sonne, Regen, Nebel, Gewitter und Regenbogen sorgten unter der Leitung von Marita Reitze-Fürst für Wetterkapriolen. | Bild: Weiß, Jacqueline

Die Wetterkapriolen in der Gemeinde brachte die Gruppe um Marita Reitze-Fürst mit Petrus, Nebel, Regen, Sonne, Regen, Wetterfrosch, Gewitter und Regenbogen auf die Bühne. Sie selbst spielte den Nebel des Grauens, der vom Aachtal hochzieht und im Winter für Dauergrau sorgt. Aber auch der Starkregen im Juni mit dem Jahrhunderthochwasser der Aach waren Thema: Nachdem das Unterdorf abgesoffen sei, würden die Pegelmesser der Gemeinde wohl nur dazu taugen, abzulesen, wie hoch das Wasser im eigenen Keller stehe.

Sarah Kauder, Alisa Böhler und Milena Gonsior (von links) hatten als Kinder des Gottes Zeus die Lacher auf ihrer Seite.
Sarah Kauder, Alisa Böhler und Milena Gonsior (von links) hatten als Kinder des Gottes Zeus die Lacher auf ihrer Seite. | Bild: Weiß, Jacqueline

Herkules mit mehr Muskeln als Hirn

Beim Programmpunkt „eine schrecklich göttliche Familie“ brillierten auch mit ihrem Gesang vor allem Sarah Kauder, Milena Gonsior und Alisa Böhler als die drei verzogenen Kinder Zeus‘: Aphrodite, Herkules und Hermes. Sarah Kauder sorgte dabei als „voll krass“ eingebildete Aphrodite für Lacher, Milena Gonsior zeigte mehr Muskeln als Hirn, was den superklugen Hermes zum Kommentar veranlasste, dass bei seinem Bruder „die letzten zwei Hirnzellen um Platz drei kämpfen“.

Das Narrenvolk fühlt sich in der fasnachtlich geschmückten Talwiesenhalle wohl.
Das Narrenvolk fühlt sich in der fasnachtlich geschmückten Talwiesenhalle wohl. | Bild: Weiß, Jacqueline

Ein Höhepunkt waren wieder die Traditionsfiguren „Die Drei vu do“, Marc Eder als Bauhofmitarbeiter, Thomas Gonsior als Orstpolizist und Daniel Pieper als Bürgerbusfahrer. Sie fragten sich zur geplanten Neugestaltung der Rielasinger Ortsmitte, warum allein das Gedankenmachen schon so viel Geld koste. Auch die Schließung des Gasthaus Rössle in Arlen war Thema. Es werde gemunkelt, dass es dort im zweiten Stock wohl zu heiß hergegangen sei.

Konstanz und Singen bekamen ebenfalls ihr Fett weg: Die drei fragten sich, ob es ökologisch so sinnvoll sei, das Mehrweggeschirr zum Spülen nach Stuttgart zu karren. Wenn Singen die Verpackungssteuer einführen würde, könnten ja die Rebwieber das Spülen übernehmen. Aus Rebwiebern würden dann Wäschwieber.

Die Drei vu do, Marc Eder, Thomas Gonsior und Daniel Pieper (von links) nahmen kein Blatt vor den Mund und wollen Singen finanziell ...
Die Drei vu do, Marc Eder, Thomas Gonsior und Daniel Pieper (von links) nahmen kein Blatt vor den Mund und wollen Singen finanziell unter die Arme greifen. | Bild: Weiß, Jacqueline

Drei Ideen gegen Singens klamme Stadtkasse

Vorschläge, wie der finanziell angeschlagenen Nachbarstadt zu helfen sei, gab es viele: den Hohentwiel verkaufen, den Bau der Scheffelhalle stoppen oder den Singenern Bohlingen abkaufen. Wobei sich die drei nicht ganz sicher waren, ob sie das wirklich wollen. Auch das Hohentwiel-Stadion könnte man verscherbeln. „An ein Unternehmen mit Stern in der Südstadt und das Stadion heißt dann Südstern Allianz-Arena 2.0“, war Daniel Piepers Vorschlag.

Wildwest-Feeling zauberte die Tanzgruppe unter Leitung von Antonia Ienco auf die Bühne.
Wildwest-Feeling zauberte die Tanzgruppe unter Leitung von Antonia Ienco auf die Bühne. | Bild: Weiß, Jacqueline

Musik, Tanz, tolle Kostüme und Bühnenbild rundeten das Programm ab und begeisterten das Publikum. Die Garde, eine Cowboy-Tanzgruppe unter dem Motto „Howdy“ und die Showtime-Truppen schwangen gekonnt das Tanzbein und kamen nicht ohne Zugabe von der Bühne.

Männer bleiben in Form: Hier bei der Gymnastik für Bauch, Beine, Po – das konnte mit Zugabe ganz schön anstrengend werden.
Männer bleiben in Form: Hier bei der Gymnastik für Bauch, Beine, Po – das konnte mit Zugabe ganz schön anstrengend werden. | Bild: Weiß, Jacqueline

Eine Männergruppe tat bei „Bauch, Beine, Po“ etwas für ihre schlanke Linie. Der Fanfarenzug Rielasingen-Arlen heizte im Latzhosen-Schlabberlook mächtig ein und der Musikverein unter der Leitung von Helmut Matt sorgte dafür, dass das Publikum immer etwas zum Mitsingen, Schunkeln und Klatschen hatte. Den Kehraus besorgten Putzfrau Gisela und Hartmut, die am Ende des Programms merkten, dass es schon fast vorbei war – was Gisela aber nicht davon abhielt, von einem Job als Bardame in der Scheffelhalle zu träumen.

Weitere Vorführtermine der Narrenspiele sind am Freitag, 14. Februar, um 20 Uhr und Samstag, 15. Februar, um 18 Uhr in der Talwiesenhalle.