Um das Thema "Chancen und Bildungsgerechtigkeit" ging es bei einem Fachtag in der Stadthalle, zu dem rund 200 Erzieherinnen und Fachleute, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, gekommen waren. Nach einem wissenschaftlichen Einstiegsvortrag nutzten die Teilnehmer in sechs Foren die Gelegenheit zur Vertiefung. Das Ziel: Im Alltag noch besser auf die Kinder und ihre Familien eingehen können.

Kitas für bessere Bildungschancen

In ihrem Grußwort unterstrich die Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Dorothea Wehinger, dass jedes Kind ein Recht auf Bildung hat, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. "Je früher ein Kind in die Kita kommt, umso besser sind seine Bildungschancen", ist Wehinger, die schon Leiterin einer Kindertageseinrichtung war, überzeugt.

In den Kitas sei besonders die Qualität wichtig, doch auch die Eltern müssten mit ins Boot geholt werden. In Singen werde hier sehr gute Arbeit geleistet, sagte sie im Hinblick auf die Familienzentren, die vom Land Unterstützung bekommen haben. "In Singen setzen wir auf familien- und alltagsnahe Orte im Sozialraum und machen in Kindertageseinrichtungen, Familienzentren, Schulen und Kinder- und Jugendtreffs entsprechende Angebote", sagte Bürgermeisterin Ute Seifried.

Professorin bringt Thema Familien ins Spiel

"Aufwachsen in heterogenen Sozialisationskontexten" – so lautet der Titel einer Publikation von Leonie Herwatz-Emden, Professorin im Ruhestand für Pädagogik der Kindheit und Jugend an der Universität Augsburg. Diese wissenschaftliche Arbeit lag ihrem Einstiegsvortrag in den Fachtag zu Grunde. Sie ging der Frage nach, was Bildungsgerechtigkeit fördert und was sie behindert.

"Die Familie ist für ein Kind der erste Bereich, wo es sich zurechtfindet und in ihr werden die Beziehungskompetenzen etabliert und die Persönlichkeitsentwicklung gefestigt", so Herwatz-Emden. Doch noch immer sei es heutzutage so, dass Kinder aus Familien mit nicht-akademischem Hintergrund, insbesondere Familien aus dem arabischen oder türkischen Sprachraum, geringere Bildungschancen hätten.

Je stärker die Anregung und Kommunikation von Seiten der Familie, desto stärker werde die Entwicklung von Kindern gefördert. Kinder aus nicht privilegierten Elternhäusern bräuchten eine besondere Förderung durch Helfer wie Ausbilder, Lehrer oder professionelle Einzelpersonen.

Mangelnde Kommunikation in Familien

In Bezug auf die heute übliche Kommunikation in den Familien ergänzte Dorothea Wehinger, es sei nicht unbedingt entscheidend, ob eine Familie arm oder reich ist, sondern wie die Kommunikation innerhalb der Familie ablaufe. Sie beobachte immer wieder, beispielsweise bei Zugfahrten, dass Familienmitglieder lieber auf ihr Smartphone oder Tablet starren, als sich miteinander zu unterhalten.

"Wenn wir unseren Kindern emotionale und soziale Kompetenzen mit auf den Weg geben, ist auch schon viel erreicht", sagte Mirja Zahirovic, die Leiterin des St. Nikolaus Kindergartens in Singen.

Wie erreicht man die Eltern?

Eine größere Abordnung war von den Kindertageseinrichtungen der Arbeiterwohlfahrt beim Fachtag. "Ich besuche den Workshop zum Thema Quartiersmanagement", sagte Regina Brütsch von der AWO-Elternschule. "Wir teilen uns auf, damit wir uns nachher austauschen können", so Brütsch. Auch Bettina Fehrenbach, Projektleiterin beim Verein Kinderchancen Singen, besuchte den Workshop über das Quartiersmanagement. Bernhard Grunewald, zweiter Vorsitzender der Vereins InSi, war besonders an dem Workshop interessiert, bei dem es darum ging, wie man die Eltern erreicht, um gut mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Die Themen

Der Fachtag wurde organisiert von Marika Boll, Leiterin der Fachstelle Familienbildung, und durch Geld aus dem Programm "Demokratie leben" unterstützt. Die Kita-Profis befassten sich in Workshops mit diesen Themen:

  • "Unterschiede, die einen Unterschied machen"
  • "Die Marteo-Meo-Methode"
  • "KiFa – Kinder- und Familienbildung"
  • "Gelingende Zusammenarbeit im Quartier"
  • "Ein Konzept, das zum Umdenken anregt" zum Thema Sprachförderung
  • "Zusammenarbeit mit Familien 4.0 – Neue Wege gehen"