Wo die Kontrolle fehlt, helfen Regeln herzlich wenig. Da können die Stadträte noch so viele Verbote beschließen; da können die Einzelhändler mit Plakaten an Schmutzfinke appellieren, den Müll nicht einfach auf die Straße zu werfen: Wenn niemand hinsieht, ist der Kaugummi schnell auf das nagelneue Pflaster gespuckt. Und für manche Autofahrer scheint es völlig selbstverständlich zu sein, mitten durch die Fußgängerzone zu fahren. Aggressive Bettler, öffentliche Trinkgelage sind nicht nur ein Ärgernis, sondern führen vor allem bei älteren Bürgern zu Verunsicherung. Genau das möchte die Stadtverwaltung vermeiden. Das Thema Sicherheit rangiert in jedem Kommunal- oder Oberbürgermeisterwahlkampf an vorderer Stelle. An ihm werden Lokalpolitiker gemessen. Kein Wunder, ist doch das Sicherheitsgefühl ein wichtiger Faktor für Lebensqualität. Und weil die örtliche Polizei für die Überwachung der städtischen Verfügungen und Verbote nicht genügend Personal hat, will Singen nun einen kommunalen Ordnungsdienst (KOD) einrichten.

Der Vorschlag aus der SPD-Fraktion unter dem Stichwort „Sauberes Singen„ traf in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses auf einhellige Zustimmung. Ein ähnliches Ergebnis ist auch im Gemeinderat am 26. November zu erwarten. Und dann könnten schon bald vier Ordnungsdienstler in Polizeiuniform durch die Stadt streifen. Sie sollen nicht nur Regelverstöße aufdecken, sondern auch konkret handeln. Anders als die Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienstes, die zum Beispiel Parkverstöße feststellen und mit Bußgeldern versehen, sind die Stadtpolizisten des KOD mit weiteren polizeilichen Befugnissen ausgestattet. Sie dürfen Personenkontrollen durchführen und Platzverweise erteilen. In der Sitzungsvorlage heißt es: „Sie dürfen unmittelbaren Zwang anwenden.“

Fachbereichsleiter Torsten Kalb und sein Team haben sich in Städten informiert, wo bereits ein kommunaler Ordnungsdienst eingerichtet ist. Zum Beispiel in Villingen-Schwenningen und Konstanz. Während der Dienst als solcher überwiegend als positiv eingeschätzt wurde, habe es Probleme gegeben, das richtige Personal zu bekommen. Und das, so befürchten auch die Vertreter aller Fraktionen, werde wohl auch in Singen das größte Problem werden. Dirk Oehle (Neue Linie) hat da recht rustikale Vorstellungen: „Wir brauchen eine schlagkräftige Truppe und keine Hungerhaken“, sagte er im Ausschuss. Kirsten Brößke, Fraktionschefin der FDP, befürchtete einen falschen Zungenschlag und übersetzte das gleich mit „effizient“. Sie fordert eine zeitnahe Evaluation, um den Erfolg des KOD messen zu können. Die vier 50-Prozent-Kräfte, die für zwei Streifen gesucht werden, sollen nämlich vorerst für ein halbes Jahr eingesetzt werden. Entsprechend sollen die Löhne plus Ausstattung im neuen Haushaltsplan verankert werden. Wenn die Arbeit Erfolg zeigt, sollen daraus vier Vollzeitstellen werden, so der Plan der Verwaltung.

Es müssen schon besondere Persönlichkeiten sein, die sich vor Konflikten nicht scheuen, zu ungünstigen Zeiten arbeiten wollen und sich in brisanten Situationen genügend Respekt verschaffen. Wer im kommunalen Ordnungsdienst arbeitet, wird aber auch Präventionsarbeit leisten müssen.
Sucht die Stadt die sogenannte eierlegende Wollmilchsau? Die Befürchtung liegt nahe. Quer durch alle Fraktionen bis hin zu Oberbürgermeister Bernd Häusler wird die Suche nach der richtigen Besetzung dieser Stellen als größte Herausforderung angesehen. Private Sicherheitskräfte kommen jedenfalls nicht in Frage, weil sie nicht mit den polizeilichen Rechten eines KOD ausgestattet sind. Das sieht auch Walafried Schrott (SPD) so: „Das sind hoheitliche Aufgaben der Kommune, die man nicht an private Dienstleister abgeben kann.“ Eberhard Röhm (Grüne) ist wichtig, dass die Bevölkerung erkennt, dass etwas für ihre Sicherheit geschieht. Und auch Hubertus Both (Freie Wähler) hält es für wichtig, dass die Einhaltung der beschlossenen Regeln kontrolliert wird.
Techniken müssen erlernt werden
„Aber wie sind die Kräfte ausgebildet?“, fragt Regina Brütsch (SPD). Wer Krisensituationen meistern muss, braucht entsprechende Techniken. Die sollen die Mitarbeiter in berufsbegleitenden Blöcken erlernen, erklärt Torsten Kalb. Eine einheitliche Ausbildung für den KOD gibt es in Baden-Württemberg noch nicht. Von der örtlichen Polizei könne man sicher lernen.