Lisa Jahns

Wie man es macht, ist es verkehrt. Der Satz mag abgedroschen klingen. Im Wesentlichen bringt er die Positionen der Stadträte zum Thema Tiefgarage beim Herz-Jesu-Platz aber auf den Punkt. Am Dienstagabend beschloss der Gemeinderat mehrheitlich, statt der ursprünglich geplanten zweigeschossigen Tiefgarage nur eine eingeschossige zu planen. Grund waren die gestiegenen Kosten, die wegen der Grundwasserproblematik für eine zweigeschossige Garage entstanden wären.

Doch auch wenn der Beschluss am Ende klar ausfiel (zwei Gegenstimmen, keine Enthaltungen) – wirklich begeistert sind die meisten Stadträte von der eingeschossigen Tiefgarage nicht. Kein Wunder, schließlich lassen sich damit im Vergleich zur zweigeschossigen Lösung 60 Parkplätze weniger realisieren. Es waren allerdings die Mehrkosten von netto rund drei Millionen Euro im Vergleich zur kleineren Variante, die für die Stadträte schließlich den Ausschlag gaben. "Selbst wenn man Anhänger von Tiefgaragen ist, fällt einem die Zustimmung nicht leicht, es ist kein einfacher Beschluss", sagte beispielsweise Veronika Netzhammer von der CDU. Keine Tiefgarage zu bauen, sei allerdings keine Option und da man die Stadtwerke nicht überfordern dürfe, sei die eingeschossige Variante zwar keine preiswerte aber immerhin eine finanzierbare Lösung. Drastischer drückte es Kirsten Brößke von der FDP aus. Die Wahl zwischen einer eingeschossigen oder zweigeschossigen Tiefgarage sei die Wahl zwischen Pest und Cholera. Zwei Stockwerke könne sie aus finanziellen Gründen nicht unterstützen, eines bringe zu wenig Parkfläche. Da die FDP aber eine Lösung wolle, stimme sie mit Bauchschmerzen zu.

Die SPD hingegen sei schon immer eher von einer eingeschossigen Tiefgarage ausgegangen, sagte Regina Brütsch. Verwaltung und Stadtwerken warf sie vor, die wegen des Grundwassers möglicherweise auftretende Problematik im Vorfeld nicht ernst genug genommen zu haben. Eberhard Röhm von den Grünen, der wie Benedikt Oexle von der SPD gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung stimmte, forderte, den Beschluss so lange zu vertagen, bis geklärt sei, ob mit einem Parkhaus in der Bahnhofstraße zusätzliche Parkplätze geschaffen werden könnten. Davor warnte Oberbürgermeister Bernd Häusler. Dies würde zu lange dauern und der Stadt somit Fördermittel für die Tiefgarage gestrichen werden, sagte er.

Zwar wurde der Antrag von Eberhard Röhm mehrheitlich abgelehnt, die Suche nach Alternativmöglichkeiten stießen bei den Stadträten jedoch auf breite Zustimmung. So können laut Verwaltung im Bereich der Schwarzwaldstraße durch die Optimierung der dortigen Parkfläche 24 zusätzliche Parkplätze geschaffen werden, beispielsweise indem die Parkstände von senkrecht in schräg verändert werden. Eine angedachte Einbahnregelung in der Höristraße zwischen Freiheit- und Ekkehardstraße von Nord nach Süd könnte auf der Westseite der Höristraße weitere fünf Parkplätze bringen. Ziel ist es, durch verschiedene Maßnahmen die Zahl der Stellplätze im Quartier auf 191 zu bringen und sich somit der momentanen Zahl von 197 anzunähern. Die Idee, in der Zukunft in der Bahnhofstraße auf dem städtischen Grundstück westlich des Obdachlosenheims ein Parkhaus mit zwölf Ebenen zu bauen, kam bei den Stadträten ebenfalls gut an. Laut des erweiterten Beschlussvorschlags der CDU soll das Grundstück auf jeden Fall für ein Parkhaus freigehalten werden.

Die Chronologie: Ein Platz und seine unendliche Geschichte

  • 2001: Nach Jahrzehnten des Wildwuchses konnten die Eigentümerverhältnisse für den Platz in Singens Zentrum geregelt werden und die vereinzelten Ackerflächen in Baugrund und Parkplätze gegliedert werden.
  • 2004: Auf dem östlichen Teil des Platzes entsteht der Neubau der Baugenossenschaft Familienheim.
  • 2005: In einer Klausurtagung wird die künftige Nutzung des Platzes debattiert. Schon damals ist Wohnbebauung ein Thema. Aber auch der Marktplatz soll erhalten werden.
  • 2007: Konstanzer Architekturstudenten stellen Entwürfe zur Gestaltung Singener Plätze – darunter auch der Herz-Jesu-Platz – im Rathaus vor.
  • 2008: Diskussion um die Verlagerung des Wochenmarktes in die Hadwigstraße. Bürger und Ratsmehrheit wollen, dass der Markt bei der Kirche bleibt.
  • 2009: Das Innenstadtkonzept "Singen 2020" wird öffentlich vorgestellt. Im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" hofft Singen auf 1,5 Mio. Euro Bundesmittel zur Sanierung der östlichen Kernstadt.
  • 2011: Die Stadtverwaltung legt Pläne zur Einbeziehung des Kirchplatzes in die Platzgestaltung vor.
  • 2012: Der erste Bauabschnitt für die Neugestaltung des Herz-Jesu-Platzes wird im September eingeweiht.
    Damit konnte zwar in einem ersten Schritt die Situation des Wochenmarktes und die Aufenthaltsqualität im Bereich vor der Kirche wesentlich verbessert werden, die städtebaulichen und gestalterischen Mängel auf der Nordhälfte des Platzes ließen sich aber mit diesem Bauabschnitt noch nicht beheben.
  • 2013: Die öffentliche Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung im Dezember ist Startpunkt für die Planung des zweiten Bauabschnitts.
  • 2014: Bürger arbeiten Ideen und erste Gestaltungsvorschläge aus. Die Frage ist, ob der Platz lediglich mit Grünelementen gestaltet werden soll, oder Platz für eine Gestaltung mit Baukörpern vorhanden ist. Vier Büros entwickelten Entwurfskonzepte. Vorzug fand der Entwurf des Büros Hähnig-Gemmeke aus Tübingen.
  • 2015: Im April beantragen CDU, Grüne und FDP, den abgelehnten Entwurf des Freiburger Büros Faktor Grün überarbeiten zu lassen, um ein alternatives Entwurfskonzept ohne Bebauung zu realisieren. Eine Mehrheit fand der überarbeitete Entwurf nicht. (bie)