Susanne Gehrmann-Röhm

In der Südstadt lässt es sich gut leben. Das zeigte eine Gesprächsrunde zum Thema "Miteinander – nicht nebeneinander", zu dem die Siedlergemeinschaft ins Siedlerheim eingeladen hatte. "Wir stellen einen dauerhaften und offenen Dialog zwischen allen Bevölkerungsgruppen und den unterschiedlichen Kulturen sicher, um eine gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung zu finden" – dieser Satz steht im Themenfeld "Miteinander" der Dokumentation zum Stadtentwicklungskonzept "Singen 2030". Mit dem 1. Südstadtgespräch nimmt dieses Ziel einen ersten, erfolgreichen Start. Christian Siebold, Gemeinschaftsleiter der Siedler, war ganz überwältigt von dem vollen Haus. Doch Moderator Dieter Rühland hatte diesen Zuspruch erwartet. "Die Südstadt hat sich enorm entwickelt. Wir wollen heute mit unseren Gästen auf dem Podium zeigen, wie sich das Miteinander und die Integration in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben", so Rühland. Um die aktuelle Flüchtlingssituation sollte es an diesem Vormittag nicht gehen.

Das Thema Integration hat den Integrationsbeauftragten Stefan Schlagowsky-Molkenthin schon selbst beschäftigt, als er von Ostfriesland in den Landkreis Konstanz zog. "Ich bin dann in die Feuerwehr eingetreten, um Kontakte zu knüpfen", erzählt er. Sehr gut integriert haben sich Mariano Nasca und Viktoria Tussing, die schon seit Jahrzehnten in Singen heimisch sind. Dass die Integration aber nicht immer so einfach ist, erzählt die in Kasachstan geborene Anschelina Rusch: "Ich bin in einem Land mit einem ganz anderen System und anderen Gesetzen geboren." Ihr Freundeskreis ist noch klein, obwohl sie schon über 20 Jahre in Singen lebt. "Wir haben eher Kontakt zu Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion oder DDR stammen." Doch ihre Kinder (13 und 15) seien schon gut integriert und gingen gern in die Jugendgruppe in der Paulusgemeinde. Das Dilemma bei der Integration von Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen, liege in der Tatsache, dass diese in den Einwohnerlisten als Deutsche geführt werden, meint Schlagowsky-Molkenthin.

Der Helferkreis, der sich im Zuge der Flüchtlingswelle gebildet hat, sei derzeit im Begriff, in einen Verein umgewandelt zu werden, so Schlagowsky-Molkenthin. "Die Helfer wollen alle Menschen mit Migrationshintergrund unterstützen." Rühland sprach aber auch die Rolle der Kirchen an. "Kirchen spielen eine wesentliche Rolle bei der Integration, denn sie betreiben ja auch viele Kindergärten", so Claudia Weber. Nach ihrer Meinung könnten die Kirchen aber noch offener werden. Grundsätzlich sieht sie heute aber den Trend, dass sich die Menschen die Gemeinschaft ins Wohnzimmer holen. "Es liegt an der Offenheit von jedem Einzelnen, auf den anderen zuzugehen. Gespräche sind dabei das Allerwichtigste." Bei Mariano Nasca hat die Kirche auch eine wesentliche Rolle bei der Integration gespielt. Er habe sich beispielsweise zwei Wahlperioden im Pfarrgemeinderat engagiert, erzählt er.

Beim Thema "Miteinander" sieht OB Bernd Häusler die Vernetzung mit freien Trägern, Vereinen und Kirchen als "ganz, ganz wichtig" an. Der erste Schritt der Siedlergemeinschaft mit der Initiative "Stark im Süden" sei schon vorbildlich gewesen. "Singen soll eine Vielfaltsstadt bleiben", unterstreicht Claudia Weber, die sich nicht vorstellen kann, woanders als in der Südstadt zu leben.

Die über die Siedlergemeinschaft Singen beim Südstadtgespräch lancierte Kaffeespendenaktion erbrachte inklusive einer Aufrundung des Betrags durch die Siedler eine Spende von 100 Euro für Kinderchancen Singen.

 

Die Personen

Die Diskutanten auf dem Podium des 1. Südstadtgesprächs:

  • Stefan Schlagowsky-Molkenthin ist seit Oktober 2014 Integrationsbeauftragter bei der Stadt.
  • Mariano Nasca kam 1965 als Gastarbeiter nach Singen und lebt seit 40 Jahren in der Südstadt.
  • Claudia Weber lebt seit 50 Jahren in Singen, war 18 Jahre SPD-Stadträtin und engagiert sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich, unter anderem in der Pfarrei St. Elisabeth.
  • Anschelina Rusch stammt aus Kasachstan und lebt seit 1994 in Singen. Sie ist stellvertretende Bezirksvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland im Landkreis Konstanz.
  • Viktoria Tussing ist Banater Donau-Schwäbin und lebt seit 1949 in Bohlingen.
  • Dieter Rühland, der moderierte, ist Stadtrat für die Neue Linie und war im Berufsleben als Chefarzt am Hegau-Klinikum Singen tätig. (sgr)