Singen Mit einem kurzweiligen Programm wurde der 50. Geburtstag des Blasorchesters Singen (BOS) im Bürgersaal des Rathauses gefeiert. Bereits das Eröffnungsstück „Viva Musica“ wies die Richtung: Es sollte um Freude und Begeisterung für die Musik gehen, sowohl für die Musizierenden als auch für die Zuhörer. Das Publikum erlebte einen Wechsel aus Interviews mit den Protagonisten, die die vergangenen fünf Jahrzehnte geprägt haben, und musikalischen Kostproben.

In seinem Grußwort erinnerte Oberbürgermeister Bernd Häusler an die Entstehung des Orchesters. Während der unvergessene Walter „Wafrö“ Fröhlich damals schrieb, dass bei der Fusion der Stadtmusik mit der Stadtharmonie Singen wohl der Heilige Geist gewirkt haben musste, wies Häusler darauf hin, dass es durchaus auch irdischer Akteure bedurft hätte, um den Zusammenschluss im Mai 1975 auf den Weg zu bringen: Der damalige Amtsinhaber Friedhelm Möhrle sowie sein Beigeordneter Günter Neurohr übten sanften Druck auf die Musiker aus, von denen keineswegs alle mit der Fusion einverstanden waren. „Der erste Dirigent Horst Dieter Bolz verfügte nicht nur über ausgezeichnete musikalische Fähigkeiten, sondern auch über ein großes menschliches Einfühlungsvermögen“, so der damalige Vorsitzende des BOS, Wolfgang Wüst. Mit dieser Empathie sei es ihm gelungen, die widerstrebenden Alphatiere beider Vereine in ein harmonierendes Orchester einzubinden, das am 15. Juni auf dem Hohentwiel erstmals auftrat.

Humorvoll durch den Abend führten Andreas Krieg, Vorsitzender, und Ariane Thomas, stellvertretende Vorsitzende, mit ihren perfekt aufeinander abgestimmten Anmoderationen. Den wohl längsten Anfahrtsweg hatte laut Krieg der gebürtige Ungar, Josef „Joschka“ Schwartz, der im Januar 1982 den Dirigentenstab übernahm. Neben den Konzertreisen unter anderem in Singens Partnerstadt Pomezia war einer der Höhepunkte seiner Amtszeit das Oper- und Operettenkonzert im Juni 1986 auf dem Hohentwiel, das Mitglieder verschiedener Singener Chöre zusammen mit dem Blasorchester zur Aufführung brachten. Josef Schwartz übernahm nochmal den Dirigentenstab, um sein Orchester durch ein leidenschaftliches Werk von Johannes Brahms zu führen, und dieses Stück musste natürlich der „Ungarische Tanz Nr. 5“ sein, der 1986 erstmals aufgeführt wurde.

Das Blasorchester durchlebte jedoch nicht nur rosige Zeiten. Eine veruntreute Vereinskasse, drei verschiedene Dirigenten und ein verbleibendes Häuflein von nur noch 20 aktiven Musikern kennzeichneten das Jahr 1999 als Tiefpunkt des Orchesters. Nur das tatkräftige Engagement des damaligen Vorsitzenden Markus Schönle in Zusammenarbeit mit dem Stadtmusikdirektor Siegfried Worch sowie der aktiven Unterstützung des Oberbürgermeisters Andreas Renner verhinderten das Aus. Spätestens 2006 war die Krise überstanden, und das Orchester konnte zusammen mit den Profimusikern des Bodensee-Symphonieorchesters das „Fest der Klänge“ im Rahmen des Hohentwielfestivals aufführen.

Das Stück „Seis Manuel“ zauberte lateinamerikanisches Flair in den Bürgersaal und unterstrich die enorme Bandbreite musikalischer Richtungen des BOS. Es leitete über zur Gegenwart mit dem derzeitigen Dirigenten David Krause, der das Orchester im März 2019 übernahm. In der schwierigen Corona-Zeit wurde das Orchester zunächst mit Videoprojekten, später durch das Zusammenspiel kleinerer Ensembles über Wasser gehalten. Ein Höhepunkt seiner bisherigen Tätigkeit war die Zusammenarbeit mit dem Tuttlinger Blasorchester, dem er ebenfalls als Dirigent vorsteht. Sowohl in Tuttlingen als auch auf dem Hohentwiel wurde die Filmmusik von John Williams präsentiert.

Für seine bisher ausgezeichnete Arbeit wurde David Krause unter dem lautstarken Beifall der stehenden Zuhörer und der derzeit 77 aktiven Musiker von Oberbürgermeister Häusler zum Stadtmusikdirektor ernannt. Eine fetzige Version des Popsongs „Happy Together“ der britischen Band The Turtles leitete über in einen zwanglosen Abend, an dem noch so manche Anekdote aus den vergangenen fünf Jahrzehnten ausgetauscht wurde.