Frau Nick, wenn man Ihren Namen googelt, vervollständigt die Suchmaschine ihn zuerst mit den Wörtern Alter, Sohn und Vermögen. Überrascht Sie das?
Google ist ein Märchenbuch für Erwachsene, das ein völlig verzerrtes Bild zeigt, weil dort Sachen nach Abrufen sortiert werden und nicht nach Kunst oder Kultur. Was hat das mit der Wirklichkeit, mit meinem Leben zu tun? Das sagt über eine Person überhaupt nichts aus außer ein paar Eckdaten.
Es sind offenbar die Themen, nach denen viele Leute im Zusammenhang mit Ihrem Namen oft suchen.
Wer es nicht mal schafft, auf meine Homepage zu gehen, und eine Person wie mich, die so facettenreich und vielseitig ist, auf das reduziert, was Google ausspuckt, ist zum Scheitern verurteilt. Die Wirklichkeit ist etwas völlig anderes als das, was über irgendeine Google-Suche suggeriert wird. Das Verwerfliche an diesem Mechanismus ist, dass die künstlerische Leistung, meine Arbeit, mein Beruf und mein Talent völlig untergehen. Der größte Müll wird nach oben gesetzt und die größten Erfolge werden verschwiegen. Wer sich allein an so etwas orientiert, schafft sich ein eindimensionales Bild auf Bruchstücken.
Kommen wir vom Internet zum Fernsehen. Im Juni sind Sie in der Serie „Dahoam is Dahoam“ zu sehen. Wie kam es dazu?
Ich wurde in meinem Leben noch nie für eine Serie angefragt. Ich hätte schon vor 30 Jahren sehr gerne die Gräfin in einem Rosamunde-Pilcher-Film gespielt oder eine Rolle auf dem „Traumschiff“ übernommen – eine lustige Witwe, die dort alles durcheinanderwirbelt. Rollenangebote oder Engagements haben nichts mit Fairness zu tun, da gibt es keine Logik und auch keine Begründungen – entweder man wird angefragt oder nicht. Was glauben Sie, warum ich Reality-TV gemacht habe? Weil ich dafür angefragt worden bin. Wäre ich für eine Rolle als Kommissarin angefragt worden, hätte ich eine Kommissarin gespielt.
Bei dieser bayerischen Serie muss ein Team zusammengekommen sein, das den Geistesblitz hatte: „Die Nick, das wäre doch mal was für uns!“ Ich finde diese Idee großartig, sie ist ganz einfach klug und smart, sie ist sogar avantgardistisch. Und ich habe am Set und im Produktionsteam niemanden enttäuscht, ganz im Gegenteil. Ich muss seitdem die Frage beantworten: „Frau Nick, warum haben Sie denn nicht schon früher so was gedreht?“ Da kann ich nur mit den Achseln zucken und sagen: „Das müssen Sie andere fragen.“ Jedenfalls bin ich über die Anfrage äußerst froh gewesen, sie kam für mich im Grunde mit 30-jähriger Verspätung.
Wie lange haben Sie denn gedreht?
Das kann ich gar nicht so genau sagen, weil ich tagsüber in Dachau gedreht habe und abends in Hamburg auf der Bühne stand. Ich bin Sonntagabend mit dem letzten Flieger von Hamburg nach München geflogen und Mittwochfrüh mit dem ersten zurück. Das war sehr engmaschig organisiert, aber alle haben es gewollt – und da sieht man, was möglich ist, wenn alle es wollen.

Sie sind in sechs Folgen zu sehen.
Und darüber bin ich sehr glücklich, weil man einen Charakter über längere Zeit natürlich weitaus vielseitiger entfalten und darstellen kann als in einer einzigen Episode. Ich habe schon Episodenhauptrollen bei „In aller Freundschaft“ oder „Soko Potsdam“ gespielt, aber es ist noch mal was anderes, wenn sich eine Rolle durch mehrere Folgen zieht – gerade bei dieser wundervollen alteingesessenen Serie, weil es da natürlich Charaktere gibt, die seit fast 20 Jahren etabliert sind. Da muss man erstmal eine Nische finden und einen Plot, in den man reinpasst. Das ist gelungen und darüber bin ich sehr froh.
Sie spielen Dr. Barbara Hülsmann, Psychologin und Paartherapeutin in Rente. Was ist sie für eine Frau?
Sie ist eine Person aus einem ganz anderen Kosmos. Und sie kommt wie aus dem Nichts nach Lansing, weil sie ihren zukünftigen Schwiegersohn unter die Lupe nehmen will. Da prallen zwei Welten aufeinander, das ist natürlich eine ideale Vorlage für sehr viel Komik.

Könnten Sie sich vorstellen, die Rolle noch mal zu spielen?
Ich bin in der Serie ein großer Kontrapunkt, an mir können sich alle abarbeiten, ich kann alles aufmischen – so etwas wie mich gibt es dort kein zweites Mal, ich bin ein Solitär. Und ja, die Rolle hat durchaus die Möglichkeit, sich weiter zu entfalten. Aber der Schauspieler als solcher entscheidet ja gar nichts. Ob ich weitermachen will oder nicht, das spielt keine Rolle. Das Publikum muss es wollen, die Produzenten müssen es wollen, die Autoren müssen es wollen.
„Dahoam is Dahoam“ ist eine alteingesessene Serie, die Kollegen leisten Unglaubliches. Sie drehen so gut wie jeden Tag, sind aufeinander eingespielt und nicht nur vor der Kamera eine Familie Ob es gelingt, da einen Platz zu finden, wird sich zeigen, wenn die Folgen laufen. Mir war es eine Ehre, dabei zu sein. Für mich war es eine sensationelle Chance – und ich glaube, dass es mir sehr gut gelungen ist. Um ehrlich zu sein: Ich kann mir nicht vorstellen, wer diese Rolle sonst hätte spielen sollen.
Kannten Sie das Format vorher?
Natürlich! Wie könnte ich denn eine Serie übersehen, die eine der erfolgreichsten Dailys im deutschen Fernsehen ist – und das seit fast 20 Jahren? Ich habe die Serie auch sehr, sehr oft gesehen, weil ich alles Volkstümliche sehr liebe. Ich verstehe mich, auch auf der Bühne, als Volksschauspielerin. Ich bin – und war schon immer – eine Volkskünstlerin, allerdings eine sehr moderne. Wenn ich mit meinen Lesungen auf Tour bin, kommt sehr viel Volksmusik-Publikum, aber auch sehr viele junge Leute. Meine jungen Fans kennen mich vom Reality-TV.
Der Unterschied zwischen mir und anderen Reality-Darstellern ist, dass ich was kann. Sie glauben doch nicht, dass einer von denen zwei Stunden auf einer Bühne stehen kann! Die würden keine fünf Minuten überleben. Ich müsste das Bundesverdienstkreuz bekommen, denn ich bediene eine Bandbreite, die in Deutschland ihresgleichen sucht.

Wie man schon am Namen „Dahoam is Dahoam“ hört, ist es eine bayerische Serie. Mögen Sie Bayern?
Es reden doch immer alle von Diversity. Wenn man die sucht, dann soll man sich mal Bayern angucken und dann die Hanse mit einer Stadt wie Hamburg. Die einen sind katholisch, die anderen sind protestantisch – beide sind brillant und decken etwas ab, was der jeweils andere gar nicht bedient. Dass ein Land wie Deutschland so divers ist und das schon seit 1000 Jahren! Damit kann niemand konkurrieren, und die bayerische Kultur steht in der Welt ja für das, was man sich auf allen Kontinenten unter Deutschland vorstellt. „The Sound Of Music“, die Berge und die Seen, das Volkstümliche, der Traditionsreichtum von der Handwerkskunst bis zur Volksmusik – wer dem nicht erliegt, der muss ein Herz aus Stein haben.
Vergangenes Jahr ist das Buch „Bockwurst & Champagner – Zu Gast bei Désirée Nick“ erschienen, das Ihre Lieblingsrezepte enthält. Sind Sie jemand, der gern in der Küche steht?
Wie kann man denn ein Kochbuch veröffentlichen, wenn man sich da nicht auskennt? Aber Sie haben vollkommen recht, heutzutage ist alles möglich … Das Buch geht darauf zurück, dass ich alleinerziehende Mutter bin und einen sehr sportlichen Sohn habe. Wie hätte ich den ernähren sollen? Er war der Grund, warum ich mich dem Kochen gewidmet habe. Kochen ist für mich auch Lebenskultur, es ist Kultiviertheit.
Und Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme, Essen ist der Boden, der dem Alltag einen Rahmen gibt. Der Tag beginnt mit dem Frühstück und endet mit dem Abendessen. Da sollte man ein bisschen Kultur und Sorgfalt pflegen, gerade wenn man Kinder hat. Ich wollte eine Inspiration sein und zeigen, wie man mit wenig Zeitaufwand etwas schaffen kann. Denn Kochen kostet Zeit, da muss man ehrlich bleiben. Gerade wenn man selber einkaufen und abwaschen und alles drumherum organisieren muss.
Auf dem Cover des Buchs sind Sie im Dirndl zu sehen.
Ich als Preußin, als Urberlinerin, trage auch im richtigen Leben oftmals Dirndl – nicht als Karnevalskostüm, sondern weil ich es schön und praktisch finde. In Berlin bin ich damit eine Exotin und überall im Mittelpunkt. Aber als Deutsche werde ich ja wohl überall ein Dirndl tragen dürfen!