Marcus Röwer wirkt bei seinem Besuch in der Redaktion des SÜDKURIER entspannt. Langsam lasse die Anspannung der vergangenen Tage nach, dabei habe auch das lange Pfingstwochenende mit der Familie geholfen. „Es war ein aufregender Monat. Man steht nicht jeden Tag vor einem Gemeinderat und stellt sich als Erster Beigeordneter zur Wahl“, sagt er. Und Röwer hat allen Grund zur Freude: Er wurde jüngst mit 22 Stimmen zum neuen Bürgermeister von Singen gewählt. Röwer wechselt damit die Rathäuser – denn aus dem amtierenden Bürgermeister von Volkertshausen wird der neue Erste Beigeordnete in der Hohentwiel-Stadt.
Hier will Röwer anpacken
Marcus Röwer ist ein Mann, der klare Vorstellungen und Ziele hat. „Das war in Volkertshausen so und wird auch in Singen so bleiben – es werden nur größere Ziele“, so Röwer. Dabei skizziert der 37-Jährige im Gespräch eine klare Vision, wo er die kommenden acht Jahre in Singen anpacken möchte. Doch er betont: ‚Die Liste an Aufgaben ist lang und die Finanzsituation der Stadt, wie bei vielen anderen Kommunen auch, angespannt.‘
Die anstehende Schulreform zurück zum neunstufigen Gymnasium G9 sei eine Riesenaufgabe, allein aus personeller und räumlicher Sicht. „Wir brauchen mehr Fachräume“, so Röwer. Deshalb werde man an manchen, nicht an allen, Standorten nicht herumkommen, zusätzliche Räume zu schaffen. Aber mit der Schulreform stehe die Stadt auch aus personeller Sicht vor einer Riesenherausforderung.
Gleiches gelte für die Ganztagesbetreuung an den Grundschulen. „Wir dürfen hier keine Zeit vergeuden“, sagt der 37-Jährige. Um Räume und Personal gehe es auch bei den dringend benötigten Kita-Plätzen, denn davon fehlen laut Röwer derzeit 300. „Es muss aber auch klar sein, dass wir die nicht von heute auf morgen schaffen können“, betont er.
„Trotz der neuen Kita an der Radolfzeller Straße, die schon bald eingeweiht werden soll, müssen wir jetzt schon schauen, wo, wie und wann wir die nächste Einrichtung bauen können.“ So verfolge die Stadt etwa Pläne, eine vergleichbare Einrichtung in der Kernstadt auf den Weg zu bringen.
Um diese Neubauten dann auch mit Personal zu füllen, dürfe Singen laut Röwer auf keinen Fall Standards reduzieren. „Nur so bekommen wir mehr und vor allem gutes Personal.“ Dazu beitragen könnte laut Röwer ein intensives Engagement in der Ausbildung. Denn wer in modernen Einrichtungen von einem motivierten Team ausgebildet werde, arbeite dort gerne weiter.
Sporthalle, Hallenbadsanierung und Feuerwehrhaus
Auch die Riesenprojekte der Stadt wie etwa den Neubau eines Feuerwehrhauses, die Sanierung des Hallenbades oder den Bau einer neuen dreiteiligen Sporthalle – die zum Zuständigkeitsbereich des Ersten Beigeordneten gehören – will Röwer nicht aus den Augen verlieren. Obgleich er erneut auf die Finanzlage der Stadt aufmerksam macht. „Bevor die Kür kommt, müssen wir die Pflichtaufgaben abarbeiten.“
Der 37-Jährige verweist auf einen Grundsatz, auf den er auch in seiner Amtszeit in Tuttlingen und Volkertshausen stets gesetzt habe: „Dinge dürfen alt sein, aber nicht kaputt.“
Zum Thema Videoüberwachung hat Röwer eine klare Meinung. Sie könnte dazu beitragen, das subjektive Sicherheitsempfinden der Singener gerade an neuralgischen Plätzen wie etwa am Bahnhof zu stärken. Er werde deshalb die Versuche, eine solche an neuralgischen Punkten in Singen einzurichten, nicht einstellen.
Röwer und die Nähe zur CDU
Bereits im Vorfeld seiner Wahl zum neuen Bürgermeister in Singen hagelte es vor allem aus dem Lager der SPD und der Grünen im Gemeinderat Kritik an der CDU-Nähe Röwers. Er sitzt für die CDU im Kreistag. Für den 37-Jährigen selbst ist diese Kritik kein Grund für schlechte Stimmung. Im Gegenteil: „Ich habe nicht vor, Parteipolitik in Singen zu betreiben.“
Bereits als Bürgermeister in Volkertshausen habe er gezeigt, dass er stets zum Wohle der Gemeinde und vor allem der Menschen, die dort leben, entscheide. Und daran werde sich nichts ändern: „Ich werde nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle der Stadt Singen entscheiden.“ Wenn ihm das Gelinge, dann werde er auch die acht Gemeinderäte, die gegen ihn gestimmt hatten, von seiner Arbeit überzeugen. Stattdessen sehe er die Zusammenarbeit von Oberbürgermeister Bernd Häusler und ihm im Kreistag als gute Basis auch für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in Singen.
Gekommen, um zu bleiben
Und auch auf die Zusammenarbeit mit dem Singener Gemeinderat, den Röwer als äußerst konstruktiv bezeichnet, und den hervorragenden Fachbereichsleitern freue er sich. „Für mich ist Singen kein Sprungbrett für eine weitere Karriere. Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl. Wenn der Gemeinderat es so will, muss nach acht Jahren nicht Schluss sein“, so Röwer.
2029 endet zwar die Amtszeit von OB Bernd Häusler. Röwer sagt aber schon jetzt, dass er keine Ambitionen hege, dann für dieses Amt zu kandidieren. Er sei Familienmensch und die Position als Oberbürgermeister sei nicht gerade familienfreundlich. „Ich komme gut in der zweiten Reihe zurecht“, sagt Röwer.