Weg von der Heimat, hin in ein neues Land und Leben – was für viele nach Urlaub klingt, hat für einige junge Menschen eine ganz andere Bedeutung. Im Zeichen der Solidarität reisen sie durch Europa und engagieren sich sozial wie nachhaltig. Dabei werden sie vom Programm des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) mit Geldern und Planung unterstützt. Vernetzt mit der Agentur Jugend für Europa werden gemeinnützige Organisationen mobilisiert, Freiwillige zwischen 18 und 30 Jahren aufzunehmen oder europaweit zu vermitteln.

Die Spanierin Laura Sanchez ergriff die Chance: Sie landete in Singen für ein FSJ bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Kreisverband Konstanz. Zwischen zwei Wochen und zwölf Monaten können Freiwillige in den Awo-Einsatzstellen mitwirken und Projekte für das Gemeinwohl gestalten, sagt Geschäftsführerin Regina Brütsch. Einige von ihnen blieben Singen erhalten.

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Vom FSJ rein in den Beruf

Für Laura Sanchez sei es ein Herzensprojekt, andere Menschen im Alltag zu unterstützen. Sie sei dankbar für die Förderung, die sie durch das EU-Programm und die Awo bekommen hätte. Sie wolle ihre Erfahrungen an andere Freiwillige weitergeben. Darum sei sie vor zwei Jahren Koordinatorin bei der Awo geworden und helfe Neuankömmlingen, in Singen Fuß zu fassen.

„Wir wissen nicht, wie es hier läuft“, sagt Safiye Büsra Gemici. Die 25-Jährige ist vor drei Monaten aus der Türkei hergezogen. Ihre Wohnung, ein Bankkonto, eine Fahrkarte und mehr habe sie mit Sanchez Hilfe organisiert. Dabei kamen unterstützende Gelder über das EU-Programm durch „Erasmus+“.

Laura Sanchez sei eine Bereicherung für die Awo in Singen, sagt Geschäftsführerin Regina Brütsch. Gemeinsam möchten sie mehr Einsatzstellen für Freiwillige schaffen. Jede gemeinnützige Organisation in Singen und Umgebung könne sich bei ihnen anmelden und Aufnahmestation werden, so Brütsch. Sowohl die Organisationen als auch die Freiwilligen würden profitieren, etwa vom kulturellen Austausch.

Die Arbeit bricht kulturelle Barrieren

Um 8 Uhr beginne Safiye Büsra Gemici ihre Arbeit bei der Tagesstätte für psychisch Kranke. Sie kümmere sich um die Patienten, gehe mit ihnen spazieren oder plane ein gemeinsames Essen. Typisch türkische Gerichte bringe sie gerne auf den Tisch, weil sie dadurch mit den Patienten ins Gespräch über ihre Kultur komme. „Manchmal fragen sie mich, was ein Wort in meiner Sprache bedeutet“, erzählt die 25-Jährige. Sie fühle sich glücklich bei den Gesprächen und lerne auch immer wieder etwas aus der deutschen Kultur dazu.

So gehe es auch Natia Diasamidze. Die 27-Jährige schaffte es mit dem EU-Programm in die Awo-Kindertagesstätte Taka Tuka Land in Singen. Auch wenn sie einen Sprachkurs gestellt bekomme, seien es die Kinder, von denen sie Deutsch lerne.

Kulturschock wurde zu Kulturliebe

Oft fahre Natia Diasamidze mit dem Fahrrad zur Arbeit. Das habe sie erst in Deutschland gelernt, sagt die 27-Jährige. In ihrem Heimatland Georgien zähle Fahrradfahren als Hobby, das nicht jeder ausübe. In Deutschland erlebe sie es als wichtiges Fortbewegungsmittel.

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Dem schließt sich auch Safiye Büsra Gemici an. Sie war Fahrradfahren in der Türkei nicht gewohnt, doch hier habe sie es lieb gewonnen. Laut Geschäftsführerin Regina Brütsch würden die Freiwilligen durch ihren Auslandsaufenthalt neuen Dingen gegenüber offener werden, genauso die Einheimischen. „Nur so kann die EU zusammenwachsen“, betont sie.

Auch Singener werden bei Auslandsprojekten unterstützt

Die Awo Singen plane, interessierte Jugendliche aus Singen und Umgebung an EU-Organisationen zu entsenden. Bisher liefe die Vermittlung der Deutschen über das Jugendwerk der Awo Württemberg in Stuttgart. Dafür wolle Regina Brütsch bis September in Singen die Strukturen schaffen. Ein Jugendlicher habe sich bereits bei ihnen beworben, sagt Brütsch. Laura Sanchez wünsche sich, dass das Programm bekannter werde – für mehr Solidarität, internationalen Austausch und Gemeinschaft.