Echte Freunde werden sie zumindest in diesem Leben nicht mehr – ein im Ruhestand lebendes Ehepaar und ihr jetzt 42 Jahre alter ehemaliger Nachbar. Der musste sich jetzt vor dem Amtsgericht in Waldshut verantworten, weil er das Ehepaar im September vergangenen Jahres mit seinem Sportwagen bedroht haben soll.
Ob es damals auf einer Wohnstraße in einer Hochrheingemeinde westlich von Waldshut tatsächlich zu einer vorsätzlichen Bedrohung kam oder ob der Sportwagen eher unbeabsichtigt einige Meter in Richtung des auf einem Gehweg laufenden Ehepaars fuhr, ließ sich vor Gericht nicht zweifelsfrei klären.
Geschehen bleibt auch vor Gericht unklar
Es stand die Aussage des Angeklagten gegen die Aussagen der Eheleute, die sich bedroht gefühlt hatten. Amtsrichterin Lea Uttner stellte das Verfahren schließlich gegen die Zahlung von 1000 Euro zugunsten des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege ein.
Was sich an diesem Herbsttag im vergangenen Jahr tatsächlich ereignete, blieb auch deshalb unklar, weil der einzige unabhängige Zeuge, derzeit Militärdienst in der Schweiz leistet. Hätte man ihn unbedingt hören wollen, wäre ein zweiter Verhandlungstag notwendig geworden.
Zwischen den Parteien gab es mehrere Vorfälle
Unstrittig war vor Gericht hingegen, dass sich die Familie des Angeklagten – seinen Eltern gehören zwei Wohnungen in dem Mehrfamilienhaus – und das Rentnerehepaar alles andere als grün sind. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Zwischenfällen, einmal sogar zu einem Täter-Opfer-Ausgleich.
Vor Gericht gaben beide Seiten an, nichts sehnlicher zu wünschen, als endlich Ruhe und Frieden in dem großen Haus. Damit seine Eltern dort in Frieden ihren Ruhestand genießen können, so sagte der Angeklagte, sei er vor etwa zwei Jahren ausgezogen. Jetzt besuche er seine Eltern nur noch sporadisch.
Ehepaar: Mit dem Sportwagen auf sie zugesteuert
Nach solch einem Besuch kam es im September vergangenen Jahres zu dem Zwischenfall, der nun vor Justitias Waagschale erörtert wurde. Der Angeklagte hatte die elterliche Wohnung gerade verlassen und sein Auto bestiegen, als das Rentnerehepaar auf dem Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite entgegenkam. Der Angeklagte, so las Amtsanwältin Schmid aus der Anklageschrift vor, habe seinen Sportwagen daraufhin nach links gesteuert, sei auf das Ehepaar zugefahren und habe erst im letzten Moment wieder nach rechts gesteuert.
Angeklagter: Mit dem Knie ans Lenkrad gekommen
„Nein, nein, so war das nicht“, meinte der groß gewachsene Angeklagte, der hinter dem Steuer seines Sportwagens wenig Platz hat. Zu seinen Angewohnheiten gehört es, sich erst auf den ersten Metern einer Fahrt anzuschnallen. Dabei sei er mit dem Knie gegen das Lenkrad genommen.
Weit vor dem Rentnerehepaar habe er wieder nach rechts gesteuert. Er fahre doch nicht mit dem tiefergelegten Sportwagen gegen eine Bordsteinkante, argumentierte er vor Gericht. Der kleinste Abstand zu dem Ehepaar habe noch immer mindestens 15 Meter betragen.
Ganz anders die Erinnerung des Ehepaares. Bis auf etwa 20 Zentimeter sei ihnen der frühere Nachbar nahegekommen, sagte der Ehemann. Seine Frau zeigte mit ihren Händen eine ähnliche Distanz an. Auf Frage von Verteidiger Christian Straub räumte sie ein, dass die Version des Angeklagten zumindest denkbar sei.
Ehepaar: „Er hat uns auf dem Kicker“
Die glaube sie aber angesichts der Vorfälle in der Vergangenheit nicht. Auf die Frage, warum es in der Vergangenheit immer wieder Streit gegeben habe, blieben beide unbestimmt. „Er hat uns auf dem Kicker. Das liegt im Wesen dieser Familie“, sagte der Ehemann.
„Die Sache ist verkompliziert, weil man sich gegenseitig nicht mag“, stellte Amtsanwältin Schmid schließlich fest. Der Einstellung des Verfahrens konnte sie nur Positives abgewinnen. Dem Gericht bleibe ein zweiter Termin erspart. Der Angeklagte bleibe straffrei und das Ehepaar habe die Gewissheit, dass er dennoch etwas bezahlen müsse.