Wer mit Michael Hörrmann auf den Hohentwiel geht, bekommt einiges zu hören. So ging es auch Danyal Bayaz, als er kürzlich auf dem Singener Hausberg zu Gast war. Hörrmann ist Geschäftsführer der Landesgesellschaft Staatliche Schlösser und Gärten (SSG), die 62 Monumente in ganz Baden-Württemberg betreut – darunter auch den Hohentwiel.
Bayaz ist Finanzminister des Landes und in dieser Funktion gewissermaßen Hörrmanns oberster Chef, denn die SSG ist ein Teil des Landesbetriebs Vermögen und Bau und damit dem Finanzministerium nachgeordnet. Der Minister, der für die Grünen im Kabinett sitzt, war im Sommer auf Schlössertour im Land, zum Abschluss auf der Festungsruine über der Hegau-Metropole.
Der Termin hielt, was eine Sommertour verspricht. Es gab sonnige Bilder vor historischer Kulisse. Hörrmann, der Ende des Jahres in Ruhestand geht, zeigte sich in Bestform und plauderte aus seinem reichhaltigen Wissen über die Festungsruine.
Dabei konnte man eine Menge lernen über Unterbringungsprobleme auf der Festung, permanente Bauarbeiten, Raubzüge von Konrad Widerhold, der im Dreißigjährigen Krieg Kommandant der Festung war, oder die Probleme dabei, alle Bewohner und Soldaten auf der Festung mit Lebensmitteln zu versorgen. Ein bisschen politisch wurde es auch, wenn auch eher am Rande.

Zum Beispiel in der Frage, ob Bayaz Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ablösen möchte – dessen Schwägerin, die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger (Grüne), ebenfalls bei dem Besuch dabei war.
Als Nachfolger des Landeschefs wird Bayaz immer wieder gehandelt, SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz hatte den Finanzminister beim jüngsten BaWü-Check der baden-württembergischen Tageszeitungen wieder in dieser Rolle gesehen. Bayaz ist ganz Politprofi: Er habe ein „großartiges Amt“, das ihn vollständig ausfülle, sagt er. Da werde er sich im Jahr nach der Landtagswahl nicht an einer Personaldiskussion beteiligen.
Vor dem Hintergrund der verschiedenen aktuellen Krisen sehe er auch die Bewertung der Landesregierung, die im BaWü-Check deutlich wurde. Er habe vor allem geschaut, um welche Themen es den Menschen gehe. Die Erhebung sei ein Ansporn, sich diesen Themen zu widmen – für ihn und auch für die ganze Regierung.
Was das Zusammenspiel mit dem Bund bei Entlastungen angeht, wird der Minister deutlicher. Das Entlastungspaket sei von der Bundesregierung designt worden: „Ich finde es unglücklich, dass es den Ländern vor die Füße gekippt wird, nach dem Motto: Finanziert mal.“ Denn die vom Bund geplanten Maßnahmen kosten nach jetzigem Stand der Diskussion auch die Länder Geld, zum Beispiel bei einem Nachfolger für das 9 Euro-Ticket. Daher habe Ministerpräsident Kretschmann zurecht eine Bund-Länder-Runde gefordert, sagt Bayaz.
Der Minister bekommt auch eine lokale Wunschliste mit
Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler nutzte die Gelegenheit, die Holzbrücken am Hohentwiel anzusprechen, die in diesem Jahr nicht mehr tragfähig genug waren, um die Ausrüstung für das Burgfest nach oben auf die Festung zu transportieren.
Und Hans-Peter Storz (SPD), der als Singener Gemeinderat und als Landtagsabgeordneter bei dem Besuch dabei war, formulierte gleich eine ganze Reihe von Anliegen. Ob man nicht den Bannwald rund um die Festung ein wenig kürzen könnte, für die bessere Aussicht, und die groben Steine auf den Wegen ein wenig abschleifen, für weniger Barrieren auf dem Zugang? Auch ein Ticketautomat neben dem Eugenstor und eine frei zugängliche Toilette wären aus touristischer Sicht sinnvoll.

Hörrmann reagierte. Ohne Zustimmung des Naturschutzes werde man sicher keinen Baum fällen. Die Steigungen auf dem Weg zum Hohentwiel seien so steil, dass sie für einen Rollstuhlfahrer ohnehin kaum zu bewältigen seien. 90 bis 95 Prozent der Besucher kämen durch das Besucherzentrum, für die anderen habe die Kiosk-Pächterin Tickets, wenn man das vergessen habe.
Und eine zusätzliche Toilette außerhalb des Zutrittsgatters zu installieren wäre „schweineteuer“. Doch auf Nachfrage sagt er auch, dass er Storz‘ Vorschlag, einfach das Gatter ein wenig nach hinten zu versetzen, prüfen werde. OB Häusler ergänzt, dass diese Themen schon lange in der Stadt herumwabern, dass man aber schon in guten Gesprächen mit SSG sei.
Für Hörrmann war der Ministerbesuch auch eine Werbetour im eigenen Haus, bei der er seinem obersten Dienstherrn zeigte, was die SSG macht und wie sie sich für die Zukunft aufstellt – zumal auch der Direktor des übergeordneten Landesbetriebs Vermögen und Bau, Andreas Hölting, dabei war.
Die Hoffnungen ruhen auf der Monumente-App, das wurde bei dem Besuch deutlich. Frithjof Schwartz, bei SSG Projektleiter für die App, führte vor, wie man sich mit Hilfe von erweiterter Realität – auf neudeutsch augmented reality – in frühere Jahrhunderte zurückversetzen kann. Und auch der Minister probierte es aus. Dabei sei die Datenerhebung für die App auch ein Forschungsprojekt gewesen, so Schwartz. Und Hörrmann ergänzte, dass all diese Daten auch offen zugänglich sein werden – damit alle sie weiter nutzen können.