Ein Oberbürgermeister ist nicht nur ein Verwaltungschef. Er ist Botschafter seiner Kommune nach innen wie nach außen und repräsentiert eine Stadt – das Wort vom Stadtoberhaupt ist nicht aus der Luft gegriffen. Am 11. Juli stimmen die Singener wieder über ihr Stadtoberhaupt ab. Unter welchen Voraussetzungen findet diese Wahl statt, was ist die Ausgangslage in der Stadt? Eine Übersicht:
- .Wer ist wahlberechtigt? Zur Wahl gehen dürfen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft oder der Staatsbürgerschaft eines EU-Landes ab 16 Jahren, erklärt der städtische Wahlleiter Markus Demmer auf Anfrage. Dabei geht es auch um Bürgerrechte, die man erst bekommt, wenn man drei Monate an einem Ort gelebt hat. Menschen, die erst nach dem 11. April nach Singen gezogen sind, dürfen also keine Stimme abgeben. Wenn jemand schon früher in Singen gelebt hat und nun zurückkehrt, gibt es andere Regelungen. Wahlleiter Demmer rechnet mit etwa 36.000 Wahlberechtigten, bei einer Einwohnerzahl von etwa 48.200. Von den Wahlberechtigten haben 6000 eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Die größten Gruppen darunter sind Menschen mit italienischen (2016 Personen) und rumänischen Pässen (1765 Personen), zeigt die städtische Statistik. Bei der zurückliegenden OB-Wahl vor acht Jahren waren es knapp 35.000 Wahlberechtigte, wie die Wahltabelle von damals zeigt.
- .Wer darf nicht wählen? Einfach gesagt: Alle, die zu jung sind oder die keine EU-Staatsbürgerschaft haben. Etwa 12.000 Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit leben in Singen, ein Anteil von etwa einem Viertel der ganzen Bevölkerung. Diese Zahl bedeutet auch, dass etwa die Hälfte von ihnen nicht mit abstimmen darf. Unter den Gruppen der Singener Bevölkerung, die keine EU-Staatsbürgerschaft haben, sind Menschen mit türkischen (1079 Personen) und syrischen Pässen (1068 Personen) die größten Gruppen. Bei diesen Zahlen, die die Stadt veröffentlicht, handelt es sich allerdings um alle Menschen mit diesen Staatsbürgerschaften, unabhängig von einem zur Wahl zugelassenen Alter. Zum Vergleich: In Konstanz, wo laut der städtischen Statistik knapp 86.000 Einwohner leben, sind die größten Gruppen ohne EU-Staatsbürgerschaft Menschen mit türkischen (968) und syrischen Pässen (581).
- .Wo wird besonders eifrig gewählt, wo ist die Wahlbeteiligung besonders niedrig? Selbst 2013, als es zwischen dem damaligen Oberbürgermeister Oliver Ehret und seinem schließlich siegreichen Herausforderer Bernd Häusler zu einem spannenden Herzschlagfinale kam, waren die Nichtwähler die größte Gruppe. Ihre Stimme abgegeben haben nämlich nur 47,9 Prozent der Wahlberechtigten, 52,1 Prozent haben von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht. Die Wahlbeteiligung schwankte damals stark je nach Wohnort. Laut der städtischen Statistik von damals haben in einem der vier Wahllokale in der Hebelschule beispielsweise nur 23,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. In den Ortsteilen war die Wahlbeteiligung höher, vor acht Jahren in Hausen an der Aach lag sie zum Beispiel bei 64,6 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch zur Landtagswahl im Frühjahr, wobei die unterschiedlichen Anteile an Briefwählern einen Vergleich schwierig machen.
- .Wie wirkt sich die Corona-Pandemie aus? Vor allem rechnen die Organisatoren der OB-Wahl mit deutlich mehr Briefwählern als zuletzt. Bei der Landtagswahl im Frühjahr wurden mehr als 5600 der etwa 14.000 gültigen Stimmen in Singen per Brief abgegeben, also etwa 40 Prozent. Zum Vergleich: Bei der OB-Wahl 2013 stimmten 18,6 Prozent der Wähler per Brief ab. Deswegen habe sich auch der Zuschnitt der Wahlbezirke verändert. Wo es vor acht Jahren noch 39 Wahllokale gegeben habe, gebe es in diesem Jahr nur noch 22, sagt Markus Demmer. Da sich schon länger der Trend zur Briefwahl abzeichne, sei eine Änderung bei den Wahllokalen schon länger geplant gewesen. Bei den Briefwahlbezirken stocken die Organisatoren hingegen kräftig auf, von drei Bezirken samt Auszählteams bei der OB-Wahl vor acht Jahren auf zehn Auszählteams für Briefwahlstimmen dieses Jahr.
- .Gibt die Stadt die Briefwahlunterlagen direkt aus? Bei manchen kommunalen Wahlen haben die Wahlberechtigten zuletzt mit der Wahlbenachrichtigung direkt die Briefwahlunterlagen bekommen, mit dem Hintergedanken, dass man soziale Kontakte in einem Wahllokal vermeiden will, indem man den Wählern die Briefwahl möglichst einfach macht. Das prominenteste Beispiel dafür in der Region war die Oberbürgermeisterwahl in Konstanz im Herbst 2020. Bei der OB-Wahl in Singen werde das nicht so sein, sagt Wahlleiter Demmer. Das Vorgehen damals sei zwar von den Rechtsaufsichtsbehörden zugelassen worden. Juristisch gesehen dürfe es Briefwahl indes nur auf Antrag geben. Angesichts dessen, dass für den Sommer sinkende Inzidenzzahlen bei den Corona-Werten zu erwarten seien, wolle man kein Risiko eingehen und die Wahl rechtssicher gestalten. Ein Hygienekonzept werde es aber in jedem Fall geben, sagt Demmer.