Wenn man ein Kunstwerk feiern will, dann ist eine Möglichkeit, noch mehr Kunst zu machen. So geschehen in Stockach, als kürzlich der Verein Bodenseekulturraum für eine Aktion im Gewerbegebiet Blumhof zwischen Stockach und Ludwigshafen zu Gast war. Der Verein hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum ins Bewusstsein des Publikums zu rücken. Dafür gibt es zum Beispiel den Bodensee-Kunstweg, über den man auch Stockach und die Großplastik "Tor zum Bodensee" der Künstlerin Ursula Haupenthal ansteuern kann. Das Werk steht mitten im Kreisverkehr am südöstlichen Eingang zur Stadt, der auch das Gewerbegebiet Blumhof erschließt.
Um die Werke ins Bewusstsein zu rücken, hat der Verein auch die Veranstaltungsreihe "Kunst belebt – Kunst bewegt" geschaffen, die laut dem Vorsitzenden, Manfred Sailer aus Engen, in der Gemeinde Reichenau angefangen hat. Nun war man im Gewerbegebiet Blumhof zu Gast, um mit einer weiteren Kunstaktion das Tor zum Bodensee zu würdigen – zum ersten von möglicherweise drei Terminen in diesem Jahr, wie Kurator Gunar Seitz erklärt. Etwa 80 Gäste waren bei der Veranstaltung dabei, die in zwei Betrieben stattfand: im Autohaus Auer als erstem Unternehmen, das sich angesiedelt hat, und beim Schweizer Sensorik-Hersteller Baumer, der erst kürzlich dazugekommen ist.
Das Herzstück der Veranstaltung waren Auftritte der Gruppe Raum-Musik für Saxofone. Die Gruppe hat sich, wie der Name nahelegt, auf Musik spezialisiert, die den Raum, in dem sie stattfindet, als Mitspieler aufnimmt. Im Autohaus Auer prägt sich das so aus, dass die acht Saxofonisten in der Eingangshalle in einem Halbkreis stehen und zunächst einmal mit stehenden Harmonien beginnen, sich umdrehen, durch den Raum gehen, mehr Bewegung in die Musik bringen, sich musikalisch voneinander wegbewegen und scheinbar zufällig wieder in derselben Harmonie zusammenfinden. Eine Klangfigur wächst übergangslos aus der anderen heraus, ein ständiger organischer Prozess. Dafür gebe es keine Proben, wie Ingrid Hartert-Müller von der Gruppe erklärt. Und: "Man muss sich gut überlegen, ob man einen Einsatz bringt oder nicht, denn eine neue Idee sollte nichts Laufendes stören."
Was hält das Publikum davon? Die Reaktionen sind gemischt, manche können offenkundig wenig mit der Improvisation anfangen, andere hören fasziniert zu und manche setzen sich kritisch mit der Aufführung auseinander. Ursula Haupenthal, die das Tor zum Bodensee geschaffen hat und deren Metallkunstwerke häufig eine musikalische Seite haben, äußert sich zufrieden. Sie kenne Helmut Wetter von der Raum-Musik noch aus Meßkircher Zeiten, erzählt sie, und sei ohnehin ein Fan der Gruppe: "Und ich meine, dass ihre Musik gut in die Räume hier passt."
Doch nicht nur die Kunst war bei Wirtschaftsunternehmen zu Gast, auch die Kommunalpolitik hat sich in die Veranstaltung eingeklinkt. Denn vor 15 Jahren habe die erste Planung für das Gewerbegebiet Blumhof begonnen, sagte Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz in seinem Grußwort. Da das Gebiet für Betriebe gedacht sei, die hohe Qualität und Zukunftsfähigkeit mitbringen, habe auch das Entree einen gewissen Stil haben sollen, so Stolz. Matthias Weckbach, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, würdigte das Tor zum Bodensee als "grandioses Kunstwerk" und "echte Wegmarke" – auch wenn anfangs angesichts des Projektes durchaus die Frage gestellt worden sei, ob man das Geld für ein so großes Kunstwerk ausgeben müsse. "Ja, muss man", dazu bekannte sich Weckbach bei der Kunstaktion eindeutig.
Verein, Werk, Musikgruppe
Der Verein Bodenseekulturraum möchte laut eigenen Informationen "Menschen und Institutionen der Region stärker durch gemeinsame Projekte im Bereich der Kunst/Kultur verbinden". Dazu gehören die Bodensee-Kunstwege. Das Einzugsgebiet des Vereins reicht laut Vorsitzendem Manfred Sailer und Kurator Gunar Seitz vom Bodensee bis zur Donau und von Kressbronn bis Lauterbach im Schwarzwald. Das Tor zum Bodensee steht seit 2010 auf dem Kreisverkehr. Das 5,50 Meter hohe Werk lehnt sich an die Form des Bodensees an und besteht aus Stahl, Aluminium und Acrylglas. Die Gruppe Raum-Musik für Saxofone mit neun Musikern wurde 1985 in Karlsruhe gegründet. (eph)