Das Land Baden-Württemberg stellt Schulen mit dem Programm „Lernen mit Rückenwind“ finanzielle Mittel zur Verfügung, um Schüler nach den vergangenen zwei Jahren mit all ihren pandemiebedingten Schwierigkeiten auf unterschiedliche Weise zu unterstützen.
Das Nellenburg-Gymnasium Stockach hat einen fünfstelligen Betrag erhalten und wird diese Mittel in drei Bereichen einsetzen. Laut Lehrerin Sonja Pannach und Schulleiter Holger Seitz sind dies die fachbezogene Förderung, die Unterstützung der Kursstufe bei der Vorbereitung auf das Abitur und die Stärkung der sozial-emotionalen Kompetenzen.
Kooperation mit Schülerhilfe
Eigentlich sei es vorgesehen, dafür zertifizierte Lehrpersonen an die Schule zu holen. Im ländlichen Raum sei dies jedoch schwierig, erklärt Sonja Pannach. „Wir haben keine Studenten oder andere Lehrkräfte gefunden, die direkt in Stockach Jugendliche unterstützen können.“ Daher sei man für die Fächer Englisch, Deutsch und Mathematik mit der Schülerhilfe Radolfzell eine Kooperation eingegangen. „Der Unterricht erfolgt maximal in Fünfergruppen. Die Finanzierung läuft über Bildungsgutscheine.“
Wer erhält diese Hilfe? Dazu erklärt Sonja Pannach: „Wenn die Fachlehrer Handlungsbedarf sehen, sprechen sie die Empfehlung aus und informieren die Eltern. Die entscheiden dann – am besten mit ihren Kindern – ob diese die Chance wahrnehmen wollen oder nicht.“
Schulleiter Holger Seitz betont, es gebe viele Schüler, die in der Fernlernphase regelrecht weggebrochen seien, die schwer mit dem Online-Unterricht klargekommen seien und dadurch Lernrückstände aufwiesen. Das Lernangebot in Radolfzell wird pro Termin 90 Minuten dauern und bis zu den Sommerferien gehen.
Digitale Lernplattform für Kursstufe
Die Kursstufe hat ihm Rahmen des Programms bereits personalisierte Zugänge zu einer digitalen Plattform mit breit aufgestelltem Übungsmaterial erhalten. Dazu gehören frühere Abituraufgaben mit Lösungen, die Einführung in Themen, Wiederholungen und zusätzliches Material für eine ideale Vorbereitung auf das Abitur.
„Wir können diese Plattform auch im Unterricht perfekt einsetzen. Die Schüler nutzen dafür die iPads der Schule. Allein das gezielte Suchen nach Themen und Stichworten stellt schon eine große Arbeitserleichterung dar“, so Pannach. Holger Seitz ergänzt, die Plattform gebe es auch als App, sodass die Schüler sich auch unterwegs damit beschäftigen könnten.
Gemeinsame Aktivitäten
Doch die Lehrer wollen nicht nur fachliche Defizite ausgleichen, sondern auch sozial-emotionale Defizite auffangen. Zur Stärkung und Weiterentwicklung der Klassengemeinschaft hat das Gymnasium daher eine Kooperation mit der Lochmühle Eigeltingen beschlossen, die mit den Klassen 7 bis 10 Projekte durchführen wird.
Holger Seitz sagt, die Klassen würden dort einen Tag verbringen. „Das ist durchaus im Bereich der Erlebnispädagogik anzusiedeln.“ Gemeinsame Aktivitäten und soziale Interaktion seien unheimlich wichtig. Dank dieser drei Säulen könne ein großer Teil der Schüler von „Lernen mit Rückenwind“ profitieren.
Dass die beiden jüngsten Klassenstufen nicht einbezogen werden, hat laut Sonja Pannach einen einfachen Grund: „Bei den Fünfern und Sechsern sind diese Programmpunkte regulär schon vorgesehen. Die haben immer solche Projekte.“ Bleiben noch die Elfer. Für sie gibt es seit zwei Jahren ein schulinternes Projekt mit individueller Förderung.
Der Schulleiter stellt es vor: „Wir haben nach Wahl der Schüler Vertiefungs- und Basiskurse in fast allen Fächern eingerichtet, sodass jemand, der mehr machen möchte, das tun kann. Im Basiskurs kann man Lernlücken auffüllen, bei den Vertiefungskursen geht es um zusätzlichen Stoff. Alles basiert auf Freiwilligkeit.“ Die Schüler sollen dadurch auch lernen, Verantwortung für sich zu übernehmen, bevor es in Oberstufe geht.