Diese Zahlen mussten erstmal sacken: 1,7 Millionen Euro Mehrkosten gibt es bei der Sanierung des Hallenbads, somit kostet die Maßnahme 3,3 Millionen Euro insgesamt. Ganz zu schweigen davon, dass sich die Arbeiten schon lange verzögern.

Architekt Roland Fiedler erklärte in der jüngsten Gemeinderatssitzung, warum das Großprojekt mehr als doppelt so teuer wird wie die ursprünglich veranschlagten 1,65 Millionen Euro. Das Chlorwasser habe im Lauf der Jahrzehnte massive Schäden angerichtet, die nicht ersichtlich gewesen seien.

„Das sah teilweise echt schlimm aus“

Roland Fiedler hatte eine ganze Liste und Fotos von vielen Stellen im Bad dabei. Zahlreiche Schäden seien erst bei den laufenden Arbeiten ans Tageslicht gekommen. Fast alle hatten die Gemeinsamkeit, dass das aggressive Chlor in den Beton und den darin liegenden Stahl eingedrungen gewesen sei. Wasser sorgte laut Fiedler zudem für Rost. „Das sah teilweise echt schlimm aus“, sagte er. „Der Stahl lag teilweise frei und es war keine Tragfähigkeit mehr gegeben.“

Das neue Becken ist abgedeckt. Oben ist die sanierte und verkleidete Decke zu sehen.
Das neue Becken ist abgedeckt. Oben ist die sanierte und verkleidete Decke zu sehen. | Bild: Löffler, Ramona

Massive Schäden durch aggressives Chlor

Am Fenster habe man sogar einen Teil des Sturzes wegschneiden und ersetzen müssen, gab er als Beispiel. Und genau da sei es mit den Mehrkosten losgegangen. Ein weiterer Zufallsbefund sei an der Decke gemacht worden, als die alte Holzverschalung entfernt worden sei. Dort sei sogar ein anderes Gerüst notwendig gewesen, um die Schadensstellen am Beton sanieren zu können. Vom Beton seien Proben zu einer Analyse geschickt worden, um herauszufinden, wie stark die Chlorschäden sind und welches Material für die Sanierung gebraucht werde.

Die verkleidete Decke im Hallenbad.
Die verkleidete Decke im Hallenbad. | Bild: Löffler, Ramona

Auf dem Dach am Kaminkopf seien ebenfalls Sanierungsarbeiten notwendig geworden. Unterhalb des Schwimmbeckens befinde sich ein Keller, in dem die Anlage verrostet und kaputt gewesen sei. Fiedler ging sogar so weit, über das Hallenbad zu sagen: „Alles ist von unten bis oben kaputt gewesen.“ Alleine die Sanierung der Decke habe eine halbe Million Euro verschlungen. Doch die gute Nachricht: „Jetzt ist unter der Holzverkleidung alles so beschichtet, dass das Chlor nicht mehr an den Beton und Stahl rankommt.“

Beklemmend wurde es dennoch, als Fiedler einen Bericht vom Einsturz einer baugleichen Hallenbad-Decke in den 1980er-Jahren zeigte. Er nannte es Glück im Unglück, dass bei der Sanierung in Stockach die Schäden an der Decke entdeckt worden seien.

Rost und mangelnder Brandschutz

Die Liste der Mehrkosten ging mit den Fliesen im gesamten Gebäude weiter. Eigentlich sollte nur ein Teil getauscht werden, aber jetzt mussten die gesamten 700 Quadratmeter Fliesen auf beiden Stockwerken komplett raus, weil sie nicht mehr rutschhemmend seien, obwohl sie bei einer Sanierung vor zehn Jahren getauscht worden seien. Auch die Technik und Rohre an verschiedenen Stellen im Bad seien in einem desolaten Zustand. „Die Kanäle sind durch Chlor und Wasser verrostet“, erklärte der Architekt.

Ein Blick in den Keller und die Anlagen des Hallenbads.
Ein Blick in den Keller und die Anlagen des Hallenbads. | Bild: Löffler, Ramona

Der Brandschutz war der nächste Schock: „Er ist über Jahre völlig ignoriert worden“, sagte Fiedler ganz deutlich. Die Chlorgasleitungen hätten direkt an der Holzpellets-Anlage vorbeigeführt.

Die 1,7 Millionen Zusatzkosten setzen sich mit allen diesen Punkten folgendermaßen zusammen: 500.000 Euro für die Decke, 500.000 Euro für Sanitär, Fliesen, Lüftung und Heizung, 200.000 Euro beim Edelstahlbecken, 200.000 Euro und 250.000 Euro für Sonstiges.

Starkes Bekenntnis zum Hallenbad

Alle Gemeinderäte waren zwar über die Ausmaße der Schäden entsetzt, doch CDU-Rat Wolfgang Reuther fand, so etwas sei bei dem Alter eigentlich normal: „Nach 40 Jahren ist so ein Ding durch“, sagte er allgemein über Hallenbäder. Zudem wies er darauf hin, dass manches, was in der Auflistung zuvor für Stirnrunzeln gesorgt hatte, beim Bau des Bads der neuste Stand gewesen sei.

Auf den Schock folgte schließlich ein starkes Bekenntnis zum Hallenbad. Mehrere Ratsmitglieder betonten, wie wichtig sie es finden, dass Stockach das Hallen- sowie Freibad hat. Viele Städte hätten solche Möglichkeiten nicht. Für die Kinder sei es sehr wichtig, schwimmen zu lernen – und das sei nur in solchen Bädern möglich. „Schwimmen ist überlebenswichtig“, betonte SPD-Rätin Claudia Weber-Bastong.

Die Frauensammelumkleide befindet sich momentan im Rohzustand.
Die Frauensammelumkleide befindet sich momentan im Rohzustand. | Bild: Löffler, Ramona

Ein Neubau wäre keine Option gewesen

CDU-Rat Jürgen Kragler stellte die große Frage, die wie ein Elefant im Raum stand: „Wäre ein Abriss nicht besser gewesen?“ Roland Fiedler und Bürgermeisterin Susen Katter verneinten. „Ein neues Hallenbad in dieser Größe gibt es nicht für 3,3 Millionen Euro“, sagte die Bürgermeisterin. Da müsste man das Dreifache rechnen, also an die 10 Millionen Euro. „Das Hallenbad ist jetzt kernsaniert und neuwertig. Wir haben jetzt hoffentlich für die nächsten Jahrzehnte Ruhe.“

Denn inzwischen geht die im Juni 2022 begonnene Kernsanierung ihrem Ende entgegen. Der aktuelle Zeitplan sehe weiterhin eine Eröffnung im Herbst vor, so Susen Katter auf eine Rückfrage aus dem Gremium. Man wisse allerdings nie, ob es noch weitere böse Überraschungen gebe. Der Gemeinderat beschloss schließlich einstimmig, die benötigten 1 Million Euro für die Hallenbad-Kernsanierung zu bewilligen.

Diese Bahntrenner kommen wohl wieder ab Herbst in den Einsatz.
Diese Bahntrenner kommen wohl wieder ab Herbst in den Einsatz. | Bild: Löffler, Ramona

Was gemacht ist und was noch ansteht

Zum Stand der Arbeiten steht in der Sitzungsvorlage, dass Folgendes bereits fertig ist: Betonsanierung der Decke, neue Holz-Akustik-Decke, Betonsanierung der Fassade sowie energetische Fassade und Fenster, Aufzug zur Schaffung von Barrierefreiheit mit einem Gebäudeanbau, neues Edelstahlbecken und Verrohrung, Entkernung sanitärer Anlagen und Fliesen aufgrund verzinkter Leitungen und nicht rutschfester Fliesen, Innenputz und Wärmedämmverbundsystem-Arbeiten sowie Erdarbeiten.

Jetzt stehen noch an: Neuinstallation der Duschen und WCs sowie die barrierefreie Umkleide, Elektroinstallation, Fliesenarbeiten, Malerarbeiten, Schlosserarbeiten, Installationen (Armaturen, Umkleiden, Spinde) sowie Arbeiten an den Oberflächen und im Außenbereich.