Herr Baumert, warum haben Sie sich für die Stelle als erster Beigeordneter in Waldshut-Tiengen beworben?
Die Entscheidung, mich für ein Wahlamt zur Verfügung zu stellen, habe ich getroffen, nachdem meine Kinder im Studium sind und mich meine Familie vollumfänglich unterstützt. Mein Interesse wurde durch die Stellenanzeige im Staatsanzeiger geweckt. Der Tätigkeitsbereich in Waldshut-Tiengen umfasst die Bauverwaltung, das Planungsamt mit Baurecht, das Hochbauamt, das Tiefbauamt, der Baubetriebshof und die Stadtgärtnerei. Daraufhin habe ich begonnen, mich über die Stadt Waldshut-Tiengen mit ihren Ortschaften zu informieren.
Und was hat Sie noch besonders gereizt?
Ich habe viele Gemeinsamkeiten zwischen der Stadt Tengen und der Stadt Waldshut-Tiengen entdeckt. Beide Städte sind Flächengemeinden mit einer großen Gemarkungsfläche und haben eine größere Anzahl an weiteren Ortschaften. Beide Städte haben eine gemeinsame Außengrenze zur Schweiz und vielfältige Verflechtungen mit den angrenzenden Nachbarn in der Schweiz. Und sie haben Traditionsveranstaltungen: Waldshut die Chilbi, Tiengen den Schwyzertag und Tengen den Schätzele-Markt. Beide Städte verfügen über historische Stadtanlagen, einen Campingplatz und liegen in landschaftlich sehr reizvolle Lagen. Und Waldshut-Tiengen hat wie Tengen Potential.
Wo sehen Sie Ihre besondere Qualifikation für Ihre künftige Ausgabe?
Durch die Gemeinsamkeiten wurde mir bewusst, dass ich bereits vielfältige Themen- und Handlungsfelder begleitet und mit umgesetzt habe. Durch meine 27-jährige Tätigkeit als Hauptamtsleiter in Tengen habe ich einen großen Erfahrungsschatz erworben. Wir haben in Tengen gemeinsam viel erreicht. Die Stadt entwickelt sich weiterhin vielversprechend. Ich möchte ein Beispiel meiner Tätigkeit in Tengen näher erläutern. Grundlage für die bauliche Entwicklung einer Gemeinde ist die Bauleitplanung. Eine Kommune ist auf bauliche Entwicklungsflächen angewiesen, um zukunftsfähig bleiben zu können. Der bestehende Flächennutzungsplan hatte keine Flächenreserven mehr. Der Plan war nach acht Fortschreibungen und 39 Bebauungsplänen vollständig entwickelt. Daher war es erforderlich, den Flächennutzungsplan fortzuschreiben.
Was hat sich geändert?
Die Anforderungen an die Fortschreibung von Flächennutzungsplänen sind stark gestiegen. Jeder von uns kennt die Schlagworte "Stopp dem Flächenfraß". Es waren umfangreiche Ausarbeitungen und Untersuchungen mit vorzulegen. Die vorgezogene Bürger- und Behördenbeteiligung ist abgeschlossen. Es werden der Stadt Tengen nach derzeitigem Stand rund 15 Hektar Bauland und rund fünf Hektar an Gewerbeflächen bis 2030 zur Verfügung stehen. Dies ist für Tengen mit Ortsteilen von grundlegender Bedeutung, es besteht eine große Nachfrage nach Wohnbebauung. Auch können nun wieder Gewerbeflächen angeboten werden, damit weitere Arbeitsplätze entstehen können. Ich weiß, worauf es bereits im Planungsrecht ankommt.
Gab es für Sie in Tengen besondere Höhepunkte?
Wenn die vielen Projekte erfolgreich umgesetzt wurden, wie die Erschließung von Wohngebieten oder des Campingplatzes, waren dies immer Höhepunkte. Auch, dass die Kindergärten und die Schule so umgewandelt wurden, dass erweiterte Betreuung möglich ist.
Haben Sie auch Negatives erlebt?
Sehr schade finde ich, dass die Haupt- und Werkrealschule aufgrund zu geringer Schülerzahlen schließen wird. Tengen hätte das Potential für eine weiterführende Schule gehabt.
Was erwartet Sie nun in Waldshut-Tiengen an Aufgaben und Projekten?
Ich begann, mich mit den aktuellen Bauprojekten in Waldshut-Tiengen zu beschäftigen. Waldshut-Tiengen hat spannende und vielfältige Projekte vor sich. Das aktuell größte Projekt ist die Generalsanierung der Stadthalle mit Hallenbad in Waldshut mit einem Umfang von rund 23 Millionen Euro. Weiterhin die städtebauliche Erneuerungsmaßnahme "Tiengen – Innenstadt Süd". Diese soll unter anderem Impulse zur Steigerung der Aufenthaltsqualität im Innenstadtbereich, zur Umgestaltung vom Marktplatz in Tiengen sowie zur Schaffung von zusätzlichen attraktiven Handelsflächen bringen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die städtebauliche Erneuerungsmaßnahme "Waldshut – Innenstadt" mit vielen geplanten Maßnahmen. Gestalterische Schwerpunkte werden auf besondere Aspekte des Denkmalschutzes zielen. Die Maßnahme wird zu einer erhöhten Attraktivität des innerstädtischen Raumes beitragen.
Und wie bewerten Sie den beeindruckenden Erfolg Ihrer Wahl?
Ich habe mich in der Gemeinderatssitzung der Stadt Waldshut-Tiengen am 3. April vorgestellt und wurde mit großer Mehrheit zum ersten Beigeordneten von Waldshut-Tiengen gewählt. Dieser große Vertrauensbeweis erfüllt mich mit Freude. Ich möchte weiterhin mit solider Arbeit überzeugen.
Wie bewerten Sie Ihre langjährige Tätigkeit als Tengener Hauptamtsleiter?
Rückblickend auf meinen Start in Tengen am 1. Mai 1990 habe ich als Nachfolger des neu gewählten Bürgermeisters von Mühlhausen-Ehingen, Hans-Peter Lehmann, in Tengen als Hauptamtsleiter begonnen. Zum 1. Mai 2017 werde ich nach Waldshut-Tiengen wechseln. Ich habe damit exakt 27 Jahre in Tengen gewirkt und gearbeitet. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht und macht es noch immer. In Tengen habe ich keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr. Bürgermeister Schreier war von mir im Vorfeld unterrichtet, dass ich mich bewerben werde . Die Mitarbeiter und die Gemeinderäte wurden von mir im Vorfeld unterrichtet sobald klar war, dass ich im Gemeinderat zur Wahl eingeladen werde. Alle haben mir die Daumen gedrückt. Es hat geklappt, worüber ich mich mit meiner Familie sehr freue. Die Rückmeldungen, welche ich bekommen habe, waren durchgängig positiver Art. Mir wurde gratuliert, gleichzeitig das große Bedauern ausgedrückt und mitgeteilt, dass sie mich ungern ziehen lassen. Auch aus dem Gemeinderat und der Bürgerschaft kamen gleichlautende Rückmeldungen. Ich habe viel Wertschätzung erfahren.
Wie geht es in Tengen weiter?
Der Gemeinderat in Tengen wird die weiteren Schritte beraten und beschließen. Verabschieden werde ich mich zu gegebener Zeit.
Und wie sehen Sie Ihren neuen Aufgaben entgegen?
Ich freue mich auf meine neue Herausforderung in Waldshut-Tiengen. Mir macht die Zusammenarbeit mit Menschen Spaß. Ich finde es schön, an einem Strang zu ziehen und gemeinsam Projekte anzugehen und umzusetzen. Beide Städte haben Potential. Mit allen Entscheidungsträgern, der Bürgerschaft, den Gewerbetreibenden, den Behörden und allen Beteiligten können wir gemeinsam viel erreichen. Ich freue mich auf Waldshut-Tiengen und wünsche Tengen alles Gute.
Fragen: Albert BittlingmaierZur Person
Joachim Baumert ist 52 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Der Diplom-Verwaltungswirt wohnt in Hilzingen. Dort will er auch angesiedelt bleiben, aber auch eine Wohnung in Waldshut-Tiengen beziehen. Baumert war von 1988 bis 1990 im Personalbereich der Universität Konstanz tätig. Danach fungierte er 27 Jahre als Hauptamtsleiter in Tengen. Im Mai wird er die Stelle als Bau-Bürgermeister in Waldshut-Tiengen antreten. Die Stadt hat etwa 24 000 Einwohner. (bit)