Es sind Sätze, wie man sie öfter zu hören bekommt, wenn Politiker auf dem Land zu Gast sind. Zum Beispiel: „Regionalität ist ein sehr zentrales Thema.“ Oder: „Handwerk hat goldenen Boden. Wer gibt, der wird auch belohnt.“ Und: „Wir werden alles tun, um die Rahmenbedingungen zu sichern.“ Gesagt hat diese Sätze nun Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (CDU) der Landesregierung, bei einem Besuch in Tengen.
Hauk war zu Gast in der Metzgerei Zum Frieden, eingefädelt hatte den Besuch Stefan Leichenauer, Landwirt mit Hof auf Uttenhofener Gebiet und Vorsitzender des Kreisverbands Konstanz im Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV). Er habe Hauk am 1. April bei einer Versammlung getroffen und auf die regionale Lebensmittelerzeugung in Tengen hingewiesen, erzählt Leichenauer in seiner Begrüßung. Keine drei Wochen später ist der Minister schon da und steht im 2022 in Betrieb gegangenen neuen Verkaufsraum von Metzger Andreas Keller.
Minister präsentiert sich als Kümmerer
Gemeint ist mit den Sätzen: Die Lebensmittelerzeugung in der Region ist dem Ministerium und der Landesregierung wichtig. Es ist gemeint, dass die Produzenten, die gute Qualität liefern, dafür auch einen guten Lebensunterhalt bekommen werden. Und es ist gemeint, dass die Landesregierung tut, was sie kann, um den regionalen Produzenten ein Auskommen zu ermöglichen. Das wird aus den Aussagen des Abends deutlich. Hauk präsentiert sich und sein Ministerium als Kümmerer für den ländlichen Raum – und vielleicht auch ein bisschen die CDU als Partei der Landwirte.

Doch auch deren Sorgen sind im Prinzip die altbekannten, wie bei einer Gesprächsrunde zwischen Hauk und einigen Landwirten zu hören ist. Man werde mit Bürokratie zugeschüttet. Vertreter von Naturschutzbehörden würden vorbeikommen und den Landwirten sagen, wie sie ihre Arbeit zu machen haben. Und natürlich sind die Einschränkungen in Schutzgebieten ein Thema bei den Landwirten, die bei dem Termin dabei sind.
Leichenauer fasst zusammen: „Die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger.“ Und dann komme auch noch die EU und wolle den Einsatz von Pflanzenschutz in Schutzgebieten komplett verbieten. Er hoffe in dieser Hinsicht auf einen Baden-Württemberg-Kompromiss, so Leichenauer.

Terminlich ist der Ministerbesuch mit dem ersten Arbeitstag des neuen Bürgermeisters Selcuk Gök zusammengefallen – eine seltene Kombination. Deswegen ist er auch ein kleines kommunalpolitisches Ereignis und einige Gemeinderäte und Verwaltungsmitarbeiter sind im Verkaufsraum der Metzgerei, in dem der Betrieb währenddessen normal weitergeht. Eigentlich hätte die Amtszeit erst am 20. Mai beginnen sollen, wie es während der Vorbereitung der Bürgermeisterwahl mehrfach im Gemeinderat hieß.
Gök startet früher als geplant ins Amt
Nun ging doch alles schneller. Der frühere Bürgermeister Marian Schreier hat schon Anfang April seinen neuen Job bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin angetreten, Gök hat das Bürgermeisterbüro im Rathaus direkt nach den Osterferien bezogen. Mit der Kommunalaufsicht sei dieses Vorgehen abgestimmt, sagt Gemeinderat von Freie Bürger/SPD und Bürgermeisterstellvertreter Michael Grambau am Rande des Termins.
Der Bürgermeister zeigt Sympathie für Landwirte
Gök, selbst Mitglied der SPD, geht auf Nummer sicher und hat ein paar Worte zur Begrüßung vorbereitet – bei denen er im Wesentlichen ins selbe Horn wie später auch der Minister stößt. Bei der Lebensmittelversorgung liege viel Fokus auf den großen Discountern. Wenn kleine Geschäfte vor Ort schließen, sei das aber auch schlecht für mobilitätseingeschränkte Personen. Und wenn es darauf ankommt, seien die Landwirte und die kleinen Geschäfte für die Menschen da. Das habe man etwa während der Corona-Pandemie gesehen, als manch ein Regal im Supermarkt leer blieb. Dabei bezog er sich auch auf Äußerungen von Minister Hauk.

Der Termin findet denn auch in einem Musterbetrieb für Regionalität statt. Andreas Keller schlachtet die Tiere selbst, 15 bis 18 Schweine und ein bis zwei Rinder pro Woche, immer montags, wie er sagt. Sechs Metzger würden bei ihm in der Produktion arbeiten und zwölf Mitarbeiter im Verkauf. Regionale Lebensmittel seien während der Corona-Pandemie gefragt gewesen, das habe man gespürt, sagt er am Rande des Termins.
Und: „Weil es immer weniger handwerkliche Metzgereien gibt, war klar, dass die verbleibenden mehr Zulauf haben würden.“ Die Regionalität sei für ihn auch wichtiger als ein Bio-Label, sagt Keller. Die Tiere würden aus einem Umkreis von maximal 15 Kilometern kommen.
Zu diesem Thema hat Minister Peter Hauk eine Zahl dabei. Etwa 20 Prozent des Fleisches in Baden-Württemberg sei handwerklich erzeugt. Und das sei noch ein guter Wert: „In anderen Bundesländern sind es fünf Prozent.“ Doch Regionalität sei ein Mega-Trend, der bleiben werde.
Sparen an Lebensmitteln wieder vorbei?
Eine Delle bei den regionalen Lebensmitteln habe es im ersten Halbjahr 2022 gegeben, ausgelöst durch die Unsicherheit, die der Krieg in der Ukraine mit sich bringt. Sparen könne man eben hauptsächlich beim Einkaufen. Doch er glaube, das sei nun vorbei, sagt Hauk am Rande des Termins. Daher gehe es nun darum, regionale Lebensmittel den Menschen wieder nahezubringen. Doch die strukturellen Probleme kennt auch Hauk. Bei den Metzgern fehle das Personal und der Nachwuchs. Und wenn Schlachthöfe schließen, müsse man mit den Tieren weiter fahren. Nur zwei Punkte, die regionaler Lebensmittelproduktion zuwider laufen – und die Politik beschäftigen.