Herr Gök, wie viele Hände haben Sie am Wahlabend geschüttelt?
Jedenfalls die Hände von allen Besuchern, die in der Randenhalle waren – und das waren sehr viele. Es ist für mich ein gutes Zeichen, dass so viele Menschen da waren und die Bürger sehr zufrieden wirkten.
Haben Sie damit gerechnet, dass die Wahl so deutlich ausgeht?
Man überlegt sich natürlich im Vorfeld, wie so eine Wahl ausgehen könnte. Mit einer absoluten Mehrheit habe ich aber überhaupt nicht gerechnet – zumal viele Kandidaten wirklich gut waren. Über dieses Vertrauen freue ich mich natürlich sehr.
Wie geht es Ihnen nun, am Tag danach?
Ich fühle mich gut. Aber ich habe noch gar nicht richtig realisiert, dass es geklappt hat. Nun freue ich mich sehr auf die nächsten acht Jahre und auf die Herausforderungen, die in der Stadt anstehen. Da bin ich sicher, dass wir die mit Verwaltung, Gemeinderat und Ortschaftsräten gut bewältigen werden.
Einer Ihrer Gegenkandidaten, Thomas Wezstein, ist Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Gemeinderat. Wezstein hat am Sonntagabend schon gesagt, er könne mit dem Ergebnis der Wahl sehr gut leben. Wie wollen Sie nun auf den Gemeinderat zugehen?
Ich habe schon am Abend nach der Wahl ein erstes Gespräch mit Thomas Wezstein geführt. Genauso wie der Wahlkampf sehr fair abgelaufen ist, dürfte das Wahlergebnis die Zusammenarbeit mit ihm und mit dem Gemeinderat nicht negativ berühren. Und ich freue mich darauf, erfahrene Leute an meiner Seite zu haben. Wezstein wird eine sehr wichtige Rolle am Ratstisch spielen. Und man darf sein Ergebnis nicht kleinreden. Man kann es auch so deuten, dass die Menschen ihn genau an der Stelle haben wollen, wo er ist. Zumal es nicht einfach ist, als Fraktionsvorsitzender zu kandidieren, davor habe ich großen Respekt.
Warum meinen Sie das?
Es ist in vielen Fällen so, dass die Wähler eher jemandem den Vorzug geben, der von außen auf ihre Gemeinde schaut und frischen Wind mitbringt. Da ist es eher ein Nachteil, wenn man die Kommunalpolitik vor Ort schon länger begleitet.

Wie wollen Sie mit den Ortsteilen umgehen?
Ich möchte noch vor dem Amtsantritt alle Ortsvorsteher besuchen und mir die Anliegen anhören. Und ich werde deutlich machen, dass wir weiter enger im Gespräch bleiben sollten. Allerdings werden wir nicht jedes Anliegen sofort umsetzen können. Denn es gibt für Tengen und all seine Teilorte nur einen Haushalt, der das hergeben muss. Da müssen wir Schritt für Schritt arbeiten.
Wann wollen Sie auf Wohnungssuche gehen?
Das wird sich einfach gestalten, denn demnächst wird ja eine Wohnung in fußläufiger Entfernung zum Rathaus frei.
Wie sehen die nächsten Monate bis zum Amtsantritt für Sie aus?
Erstmal werde ich hier vor Ort mit den Amtsleitern ins Gespräch gehen. Mir ist wichtig, zu erfahren, wie hier gearbeitet wird. Vor unserem Gespräch bin ich auch kurz durch das Rathaus gelaufen und habe mich bei den Mitarbeitern vorgestellt. Dabei wurde ich sehr herzlich aufgenommen. Über die Offenheit der Mitarbeiter bin ich sehr glücklich.
Was wird Ihr dringendstes erstes Projekt sein?
Das kommt sicher im Gespräch mit den Mitarbeitern auf den Tisch. Ich werde in dieser Hinsicht aber vor allem am Leitbild für Tengen festhalten und das weiter fortschreiben. Und natürlich an der Prioritätenliste, mit der der Gemeinderat ja bereits beschlossen hat, was umgesetzt werden muss. Da wäre es ein falsches Signal, mit einem ganz neuen Plan zu kommen. Ich werde mich auf das konzentrieren, was ansteht. Und bis das erledigt ist, werden wieder neue Themen hinzukommen.
Worauf können sich die Mitarbeiter im Rathaus einstellen?
Mir ist eine offene Kommunikation wichtig und ein Arbeitsklima, bei dem die Leute gerne zur Arbeit kommen. Sonst geht es im Rathaus nicht voran.
Kommen wir zu etwas, das auch 2023 noch ein Thema ist: Fühlen Sie sich auch ein bisschen als Pionier, da Sie ja der erste Bürgermeister im Landkreis Konstanz sind, der einen türkischen Hintergrund hat? Immerhin haben Sie Ihre Rede bei der Kandidatenvorstellung mit einer Anspielung auf Ihren Namen begonnen.
(denkt nach) Eigentlich nicht, denn das Thema hat bei meiner Kandidatur überhaupt keine Rolle gespielt. Schon als Gemeinderat in meiner Heimatstadt Brühl habe ich gemerkt, wie offen die Menschen sind. Auch im Arbeitsleben habe ich deswegen nie einen Nachteil gespürt. Natürlich stößt man immer mal auf Leute, die Menschen mit einem türkischen Hintergrund negativer sehen. Aber das kann einem wegen allen möglichen Themen passieren. Es wird nie so sein, dass einen jeder mag. Aber in Tengen bin ich in sehr vielen Fällen mit offenen Armen empfangen worden. Zum Beispiel haben mich viele Menschen beim Verteilen der Flyer auf einen Kaffee in ihre Wohnungen gebeten.
Diese Verbindung hat man auch gespürt, als Sie am Wahlabend in der Randenhalle das Badnerlied dirigiert haben.
Es hat mich auch sehr gefreut, dass mir Dirigent Jürgen Penl den Taktstock angeboten hat. Das habe ich vorher nicht gewusst.
Sie übernehmen in jungem Alter eine große Verantwortung.
Das ging mir auch schon durch den Kopf. Aber irgendwie ist es in meinem Leben wie auf einer Straße verlaufen. 2016 habe ich mit der Ausbildung bei der Arbeitsagentur angefangen, 2019 habe ich diese beendet und kam in den Gemeinderat. 2022 wurde ich Vorsitzender einer starken SPD-Fraktion im Gemeinderat. Und nun werde ich Bürgermeister der Stadt Tengen. Bei der SPD in Brühl habe ich einen jungen Vorstand mit aufgebaut, der nun sehr gut weiterarbeiten kann. Für unseren Freundeskreis wird der Umzug weniger einfach werden. Ich habe aber allen gesagt: Ein Besuch in Tengen lohnt sich.