Eine Gruppe von etwa 25 Personen unterschiedlichen Alters traf sich bei der Kriegergedenkstätte auf dem Hügel der Eremitage im Fürstlichen Park Inzigkofen, um über den Umgang mit „schwierigen“ Denkmälern zu sprechen. Eingeladen hatte das Kreiskulturforum des Landkreises Sigmaringen zusammen mit dem Bildungswerk und dem Schwäbischen Albverein Inzigkofen.

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75 Jahre nach Kriegsende und dem Untergang der nationalsozialistischen Gewalt- und Unrechtsherrschaft widmet sich der kreisweite Kulturschwerpunkt dem Thema „Erinnern“. Anhand von Denkmälern, Straßennamen und Ehrenbürgern befasst sich die Veranstaltungsreihe damit, an wen sich Städte und Gemeinden erinnern. „Erinnerung verändert sich“, so Edwin Ernst Weber, Geschäftsführer des Kreiskulturforums, weshalb sich die Frage stelle, wie aktuell mit Denkmälern umzugehen sei. „Denkmale, die noch vor zwei Generationen unstrittig waren, müssen heute hinterfragt werden“, führte er in seinem historischen Rückblick aus. Neben der Geschichte des Parks ging er auf die Gedenkplatte von 1948 ein, auf welcher „In Erinnerung an unsere Helden von Stalingrad“ zu lesen ist. Noch in den 1940-er Jahren sei die Gedenkplatte ein Ort gewesen, an dem die Angehörigen für die glückliche Rückkehr der Soldaten beteten. Ab den 50-er Jahren habe es an dieser Stelle große Gedenkfeiern mit Ehrenwachen und Kranzablegungen mit einer drei- bis vierstelligen Besucheranzahl gegeben.

Hans Bernd Assheuer, Frieder Kammerer und Willi Rößler (von rechts) stehen vor der Gedenk-Steinplatte für die „Helden von ...
Hans Bernd Assheuer, Frieder Kammerer und Willi Rößler (von rechts) stehen vor der Gedenk-Steinplatte für die „Helden von Stalingrad“, die Anlass der Diskussion war. | Bild: Michelberger, Isabell

Soll ein solches Denkmal, das an den Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands erinnert beziehungsweise an dessen „Helden“, aus der Öffentlichkeit verbannt werden? Einig war sich die Runde, die sich auf dem Hügel der Eremitage einfand, dass die „Helden“ von Stalingrad nicht nur Opfer waren, sondern auch Täter, die selbst getötet und Schlimmes angerichtet hätten. Daran schloss sich eine Diskussion über den Heldenbegriff an. Nach heutigem Wissensstand und heutiger Reflektiertheit passe der Begriff „Opfer“ besser als „Helden“. Dieser umfasse nicht nur die gefallenen Soldaten, sondern sowohl die Toten und Verletzten durch Bombenangriffe und in den Konzentrationslagern als auch die Zwangsarbeiter. Das Mitgefühl dürfe nicht national verengt werden, fasste Edwin Ernst Weber die Beiträge aus dem Teilnehmerkreis zusammen.

Angehörige von Gefallenen nutzten den Ort für Gedenken

Eine Teilnehmerin erzählte, dass dieser Ort für ihre Großmutter wichtig gewesen sei, um ihrer Söhne zu gedenken, die bei Stalingrad gefallen waren. Eine weitere Teilnehmerin berichtete von der Sigmaringerin Hedwig Berger, die im Gedenken an ihren Bruder bis zu ihrem Tod über drei Jahrzehnte hinweg den Ort des Denkmals gepflegt habe.

Was für die einen Trauerbewältigung bedeutet, ist für andere im Extremfall die Heroisierung kriegerischer Verbrechen. „Erinnerung muss ständig neu verhandelt werden“, resümierte Edwin Ernst Weber die unterschiedlichen Gedanken. Es sei notwendig, Gedenkorte in ihrem Kontext zu betrachten, statt sie ganz zu vergessen, denn sie erzählen von der Geschichte und von der Erinnerungskultur.

Heute wieder deutsche Soldaten im Ausland im Einsatz

„Mir tut es weh, wenn Soldaten-Gedenksteine mit roter Farbe besprüht werden“, gestand ein Teilnehmer der Gruppe. Er sei selbst für die Bundeswehr im Kriegseinsatz in Bosnien und Afghanistan gewesen und wisse, was es bedeutet, als Soldat zu kämpfen. „Wir sind gar nicht so weit weg von dem Gedenken an tote Soldaten“, erklärte ein weiterer Soldat, der im Kosovo und in Afghanistan im Einsatz war. Man müsse bei den Denkmälern über die Zukunft nachdenken. Der Weg zur jetzigen Wahrnehmung des Vernichtungsfeldzugs der Nazis bei Stalingrad sei ein langer gewesen. Während ältere Teilnehmer der Diskussionsrunde die Soldaten in Schutz nahmen, da sie gezwungen worden seien, in den Krieg zu ziehen, forderten andere mehr Zivilcourage. Man könne von einem Menschen auch erwarten, dass er sein Verhalten reflektiere.