In der Landeserstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen sind derzeit 1455 Flüchtlinge untergebracht, darunter 865 Menschen aus der Ukraine, vornehmlich Frauen und Kinder. Die Kapazität wurde aufgestockt, sodass bis zu 2000 Geflüchtete untergebracht werden können. Sichtlich bewegt war Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der mit der zuständigen Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges, am Mittwochnachmittag die Einrichtung besuchte. Dass er mit seien über 70 Jahren mit solchen Geschehnissen konfrontiert werde, die er bisher nur aus den Erzählungen seiner nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Eltern kannte, sei für ihn unfassbar, erklärte der 73-Jährige.
Kretschmann geißelt Angriff gegen Zivilbevölkerung als Kriegsverbrechen
Vor mehr als drei Wochen habe Wladimir Putin einen Aggressionskrieg gegen seine Nachbarn begonnen, der schon tausende Menschenleben gekostet und Millionen Menschen zur Flucht gezwungen habe. „Jetzt führt er auch noch einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung“, geißelte Kretschmann dies als Kriegsverbrechen. „Das geht einem unter die Haut“, bekannte der Ministerpräsident. Eine junge Familie, die aus Kiew geflohen ist, erzählte Kretschmann, dass sie eine Woche im Keller ausgeharrt hätten, bevor sie sich zur Flucht entschlossen. Durch ein Fenster seien sie in einen Zug Richtung Westen geklettert, immer in Angst um ihre beiden Mädchen – neun Monate und vier Jahre alt.
Junge Familie berichtet über ihre Flucht aus Kiew

Glücklich ist die vierköpfige Familie über die Hilfe, die sie in der Lea erhalten. Und besonders froh sind sie, dass Eltern und Bruder auch die Flucht nach Deutschland gelungen ist.
Integration kann gelingen
Überzeugt sind Kretschmann und Gentges, dass die Zahl der Flüchtlinge sich noch weiter erhöhen wird, und die Integration der Geflüchteten erfordere von der Bevölkerung eine große Kraftanstrengung. „Es kann gelingen“, sind die beiden Politiker überzeugt, auch und besonders nach dem Besuch in Sigmaringen. Hier werde mit viel Herz gearbeitet, und die Zugewandtheit der Helfer sei spürbar. „Wir sind stolz“, dankte Gentges den hauptamtlichen Lea-Beschäftigten und den vielen Ehrenamtlichen.
Politiker danken Helfern und Bürgern für ihr Engagement
„Ich erlebe hierzulande gerade eine große Solidarität mit den Geflüchteten und viel Hilfsbereitschaft. Dies macht mich stolz und dankbar“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Die Landesregierung arbeitet nach seinen Angaben unter Hochdruck daran, genug Unterbringungsplätze zu schaffen. Allein in Sigmaringen konnte man binnen weniger Tage und in Zusammenarbeit mit der Kommune 800 zusätzliche Plätze einrichten. Insgesamt wurden demnach seit Beginn des Angriffskriegs die Plätze für eine Erstaufnahme im Rekordtempo von gut 6000 auf rund 10 000 Plätze erhöhen.
Große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung
„Die Landeserstaufnahmeeinrichtung Sigmaringen bietet vielen geflüchteten Menschen nach schrecklichen Tagen der Flucht eine erste wieder sichere Anlaufstelle“, erklärte der Regierungsvizepräsident im Regierungspräsidium Tübingen Dr. Utz Remlinger. Dank der großen Hilfsbereitschaft der Sigmaringer Bewohner, der örtlichen Hilfsorganisationen, der Dienstleister, aber auch der Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Tübingen, könnten die ankommenden Menschen schnell und gut hier vor Ort versorgt werden.