„Böhmische Liebe“ und „Irish Castle“ heißen zwei Kompositionen, die in ihrer akustischen Ausstrahlung nicht gegensätzlicher sein könnten. Hier der Polka-Hit, da die Programmmusik, die eine alte irische Burg und ihre umgebende Landschaft in die Musiksprache übersetzt. Hier eine eher konventionelle Art der Blasmusik, dort ein modernes Stück. Die beiden Werke stehen für die beiden Pole, die das Jahreskonzert des Musikvereins Kreenheinstetten kennzeichneten. Die Orchestermitglieder bewiesen mit dem ersten traditionellen Teil und dem folgenden zweiten, eher modernen Programmpart, dass sie unter der Stabführung von Gerhard Braun auf beiden Pferden sattelfest zuhause sind. Der Konzertabend, der 250 Zuhörer aus allen Altersgruppen in den damit voll besetzten Ulrich-Mägerle-Saal des Dorfgemeinschaftshauses gelockt hatte, war wieder eine gelungene Visitenkarte für den dörflichen Kulturträger.

Die „Böhmische Liebe“ entpuppte sich als stimmungsvoller Herzschmerz, garniert mit schmissigem Polkasound, der Geborgenheit und Gemütlichlichkeit vermittelte. Die einzelnen Passagen tröpfelten wie Balsam auf die alltagswunde Seele der Volksmusikfreunde. Plötzlich wechselte das Stimmungsbild zu fröhlicher Volksfestatmosphäre. Wer sich dieser Musik anvertraute, gewann rasch Abstand zur Alltagstristesse zwischen Werkbank und Bürocomputer.
Marko Glocker kann Bariton und Alphorn
Dieser erste Programmteil hatte auch seinen musikalischen Tausendsassa. Marko Glocker beherrscht seinen Bariton ebenso gekonnt wie das Alphorn. Zunächst trat Glocker zusammen mit David Dreher im Polkastück „Zwei Supermänner“ als einer von zwei Duosolisten auf. Zwei Stücke später war Marko Glocker beim „Alphornist“ mit seinem Alphorn auf der Bühne weder zu übersehen noch zu überhören. Das Rieseninstrument dominierte seine kleineren Blasinstrumenten-Kollegen, vermittelte einen Blick in die Alpenwelt, rief Urlaubserinnerungen wach.
Musikalische Reise auf der grünen Insel
Mit „Irish Castle“, der irischen Burg, zeigte sich die Kapelle nach der Pause von der anderen musikalischen Seite. Die musikalische Reise auf die grüne Insel führte gleichzeitig zurück ins Mittelalter. Prächtige Fanfarenklänge legten den roten Teppich für die Besucher der Burg aus. Die Notenklänge beschrieben die sanften grünen Hügel Irlands. Doch die Romantik währte nicht lange, dann wich die Naturbetrachtung lautem Schlachtenlärm. Andere Stellen der Komposition von Markus Götz ließen Gedankenträume an den irischen Frühling oder den St.-Patricks-Feiertag aufkommen.
In der Musik siegt das Gute über das Böse
Wer schon immer einmal einen Drachen zähmen und dressieren wollte, bekam von der Kreenheinstettener Band in „How to train your Dragon“ musikalische Nachhilfe. Selbst wer die Animationsfilmreihe „Drachenzähmen leicht gemacht“ nicht gesehen hat, wurde durch die Filmmusik ermuntert, es doch einmal mit einem eigenen Drachen zu probieren. „Der mit dem Wolf tanzt“ war eine weitere Kostprobe aus dem Genre der Filmmusik. Zur Sparte Programmmusik zählte auch „Fate of the Gods“ (Schicksal der Götter). Ein Stück aus der nordischen Mystik, das den Endkampf, das „Ragnarök“, der Götter gegen das Böse schildert. Zehn Minuten lang dauerte es, bis das musikalische Kolossalgemälde der Endzeitschlacht auf die Leinwand aufgebracht war. Harte Töne für die Attacke, weichere Klänge für den Rückzug, um dann wieder mit voller Macht einen neuen Angriff zu führen. Gnadenlose Walküren jagten durch den Saal. Odins Gefolge wirbelte auf der Bühne zum endgültigen Sieg des Guten über das Böse.
Erst nach mehreren Zugaben durften die Musiker die Bühne verlassen.
Musikverein
Der MV Kreenheinstetten wurde 1856 gegründet. Heute besteht das Stammorchester aus 67 aktive Musikern. In Ausbildung sind 13 Jungen und Mädchen im Alter zwischen sechs und 14 Jahren. Der Verein organisiert die Ausbildung komplett selbst. Dirgigent Gerhard Braun leitet die Jugendausbildung. Ihm stehen drei Helfer zur Seite. In den vergangenen sechs Jahren stellte der Verein jährlich Nachwuchsmusiker bei den D1- und D2-Prüfungen vor. Sie haben, wie Vereinsvorsitzender Jochen Janke berichtet, alle bestanden. Janke weiter: „Wir bilden nur Kinder aus Kreenheinstetten aus, um den Nachwuchs für unser Stammorchester zu sichern.“ Nachwuchsmangel gebe es derzeit keinen. (hps)