Es war wohl im Jahr 1669, als Ulrich Megerle in Wien seine erste Predigt hielt. Mittlerweile hieß er Abraham a Sancta Clara. Dass er nicht nur in den deutschsprachigen Landen zur Berühmtheit wurde, das hängt vermutlich mit seiner deftigen Sprache zusammen und mit der Fähigkeit, den Finger da in die Wunden zu legen, wo es richtig Schmerzen bereitet. Man darf gespannt sein, wie die Teilnehmer am Wettstreit der Prediger am kommenden Sonntag im Schloss sich halten.
"Das wird ein Spaß“, ist Jennifer Bausch von der Touristinformation überzeugt und blättert in ihrer Sprüche-Sammlung des Abraham a Sancta Clara. Der berühmte Barockprediger steht Pate für eine neue Veranstaltungsreihe, die Bausch mit dem genossenschaftlichen Zusammenschluss der Campus-Galli-Tours organisiert hat. Beim Schloss-Erlebnistag am kommenden Sonntag fällt um 16 Uhr der Startschuss für die "Rollende Schwabenkanzel". Deren nächster Halt ist dann am 2. Juli in Kreenheinstetten. Dann wird dort der Geburtstag des berühmtesten Sohnes der Gemeinde gefeiert. Zum Prediger-Wettstreit am Sonntag Meßkirch haben zwei allseits bekannte Wortspieler ihr Kommen angesagt.

Paul Sägmüller kommt aus Bergatreute bei Bad Waldsee, um in Meßkirch seine Wortgewalt zu beweisen. Er ist Heimatforscher und praktiziert den Dialekt aus voller Überzeugung. Auf der anderen Seite steht Michael Skuppin. Er ist Schauspieler und in der Region in ganz unterschiedlichen Rollen unterwegs.
Als Räuberhauptmann Grandscharle in Pfullendorf, als Schwarzer Veri in Ostrach, als Stadtbarde in Bad Saulgau und auf dem Campus Galli als Wandermönch. Er wird dem „Sulgemer Schwäbisch“ seiner Heimatstadt den Vorzug geben, wenn er am 18. Juni die eigens verfasste Predigt zum Tagesmotto „Wein“ vorträgt. Der edle Rebensaft ist auch das Motto für eine spezielle Führung im Schloss, auf die eine lustige Weinverkostung im Foyer oder bei schönem Wetter im Schlosshof folgt. Diese Führung beginnt um 14 Uhr im Innenhof.
Motto „it maula – glei goscha“
Der Prediger-Wettstreit steht in diesem Jahr im Zeichen des Reformationsjubiläums und ist mit dem Motto „it maula – glei goscha“ unterlegt. In drei Runden treten angemeldete Prediger und Poeten mit selbst gemachten Texten gegeneinander an. Wer kann, der schwätzt schwäbisch! Das Publikum entscheidet gemeinsam mit Moderator Bernhard Bitterwolf, welcher Beitrag am meisten überzeugt. Ob jemand die Qualität des berühmten Hofpredigers aus Kreenheinstetten erreicht? Man wird sehen.
Auf jeden Fall wird man sich beim Wettstreit an Ewald Reichle erinnern. Er war vor einigen Jahren bei mehreren Veranstaltungen im Landkreis bereits in der Rolle des "Abraham" unterwegs. Und es war nicht immer witzig, was der pensionierte Lehrer seinen Zuhörern da predigte. Erinnert sei an die Frauen und Mädchen, die gerne Leggings tragen, aber eigentlich nicht die Figur dazu haben.
Reichle verglich sie damals mit Lipizzanern und hatte die Spötter damit auf seiner Seite. "Mit der Würze des Wortes", wie der SÜDKURIER schrieb, schaute er er den Menschen der Neuzeit nicht "aufs Maul", sondern ins wohl sanierte Gebiss. Und er legte damit auch die Messlatte für zukünftige "Prediger" hoch. So wie auch das berühmte Vorbild. Abraham a Sancta Clara schlug seine Zuhörer und Leser durch kurzweilige Erzählungen und derbe Späße in den Bann.
Falls sich noch jemand traut und selbst beim Wettstreit mitmachen will, so ist das kein Problem. Eine Anmeldung ist noch immer möglich. Und das über ein Medium, das Prediger Abraham a Sancta Klara bestimmt zu einigen markigen Sprüchen animiert hätte: das Internet.
Anmeldung im Internet: www.campusgallitours.deAbraham a Sancta Clara
Auf die Welt kam der berühmte Prediger am 2. Juli 1644 als Johann (Hans) Ulrich Megerle in Kreenheinstetten. Obwohl sein Vater Matthäus ein Leibeigener der Fürsten von Fürstenberg war, bewirtschaftete er den Gasthof "Zur Traube" und galt als einer der reichsten Männer des Dorfes.
Johann besuchte die Schlossschule in Meßkirch und wechselte nach dem Tod seines Vaters auf das Jesuitenkolleg in Ingolstadt. Im Herbst 1659 wechselte Johann Ulrich dann erneut die Schule und studierte am Gymnasium der Benediktiner in Salzburg. Um im Jahr 1662 in den Orden der sogenannten Augustiner-Barfüßer im Kloster Maria Brunn bei Wien eintreten zu können, musste Ulrich Megerle zunächst aus der Leibeigenschaft des Meßkircher Hofes entlassen werden.Vier Jahre später empfing Megerle die Priesterweihe und nahm aus Dankbarkeit gegenüber seinem Onkel den Ordensnamen Abraham a Sancta Clara an. Im Wallfahrtsort Taxa bei Augsburg konnte der junge Mönch erstmals seine Talente als Prediger und Schriftsteller entfalten. 1669 wird er von seinem Orden zurück nach Wien gerufen. Dort entwickelte er sich zum wortgewaltigsten Prediger seit der Reformation. (kf)