Die literarische Spurensuche in Oberschwaben mit Arnold Stadler in der Reihe „Heimatnah“ startete in Menningen, wo sich der Schriftsteller vor dem Wasserschlössle mit Anton Philipp Knittel, Leiter der Heilbronner Literaturhauses, unterhielt. Einige Gäste des literarischen Nachmittags waren zusammen mit den beiden Hauptakteuren der Lesung von Sauldorf aus mit der Biberbahn angereist.

Die sechs Lesungen an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Begleitern und Begleiterinnen möchte Arnold Stadler auch als eine Reise durch seine Bücher verstehen. Deshalb las er zum Auftakt vor dem Menninger Wasserschlössle aus seinem ersten erzählenden Buch „Ich war einmal“. Gut zu diesem Termin passte sein Gesprächspartner an diesem Tag, denn Anton Philipp Knittel organisierte Stadlers erste Lesungen in der Region.
Erinnerung an Eklat im Leibertinger Rathaus
Heute leitet Knittel das Literaturhaus in Heilbronn, das sich ebenfalls in einem Wasserschlösschen befindet, welches jedoch tatsächlich von Wasser umgeben ist. Die erste von Knittel organisierte Stadler-Lesung fand im Leibertinger Rathaus statt und die zweite auf Burg Wildenstein zusammen mit Martin Walser. „Diese Lesung war spektakulär“, urteilen beide. Bei der Lesung im Leibertinger Rathaus habe es einen Eklat gegeben. Eine anwesende Person habe gemeint, Stadler habe in seinem ersten erzählenden Buch das Meßkircher Gymnasium verunglimpft. „Ich wollte mich aber nicht lustig machen. Das lag mir so was von fern“, betonte Arnold Stadler. Der Titel des Buches erinnere an ein Märchen und der Text sei kein Sachbericht, sondern eine Reise nach innen.
Information gehört in ein Sachbuch
Von Anton Philipp Knittel auf die Bedeutung der Sprache angesprochen, erläuterte der Schriftsteller den dichterischen Aspekt der Sprache in seinen Werken. Er habe beispielsweise den Lyrikpreis für das Buch „Einmal auf der Welt und dann so“ erhalten. „Sprache ist für mich etwas anderes als Information“, erklärte er. Informationen gehören in ein Sachbuch. Ihm gehe es um die Musikalität der Sprache, um das Komponieren eines Textes. Schreiben sei das Übersetzen von Welt in Sprache. „Und in meinen Büchern ist es das Übersetzen meiner Welt in meine Sprache“, führte Stadler aus.

Man könne auch nicht den Inhalt eines Gedichtes wiedergeben, da seine Ausdruckskraft vielfältig ist. Ein Gedicht entlasse einen in eine Welt, die nach dem Lesen eine andere ist. Den Unterschied zwischen der Informationssprache und der dichterischen Sprache verglich er mit dem Unterschied zwischen Rätsel und Geheimnis. „Ein Rätsel ist immer lösbar, ein Geheimnis muss jedoch ein solches bleiben“, erklärte er dem Publikum vor dem Wasserschlössle.
Auftrag zum Schreiben von seiner Großmutter
Auf seinen Impuls, ein Buch zu schreiben, angesprochen, erzählte Arnold Stadler, dass bereits sein Vater ein Gedicht geschrieben habe und dass er den Auftrag zum Schreiben sozusagen von seiner Großmutter erhalten habe, mit der er die ersten Schreibversuche unternommen habe. Sie habe immer wieder gesagt: „Über das Leben sollte man ein Buch schreiben.“ Sie sei jedoch gestorben, ohne dies realisiert zu haben. „Das fiel mir später ein“, berichtete der Schriftsteller und habe damals gedacht: Das muss ich machen. „Und ich bin ganz aufgegangen als Darsteller einer Welt, die es gegeben hat“, bekannte er.
Kein Hochdeutsch, aber Latein gekonnt
„Aber Transzendenz und Glaube ist dir doch immer wichtig gewesen“, wollte Anton Philipp Knittel von Arnold Stadler wissen. Der bestätigte dies und erinnerte sich, wie er als junger Ministrant das Stufengebet in lateinischer Sprache auswendig gelernt hatte. „Wir konnten kein Hochdeutsch, aber ganze Psalmen auf Latein aufsagen“, erinnert sich Stadler. Ohne die Psalmen richtig verstanden zu haben, habe er gemerkt, dass sie schön sind. Sprache sei auf das Schönste ein Geheimnis. Da Arnold Stadler die Lesung mit der ersten Seite seines ersten erzählerischen Werks begann, endete er mit der letzten Seite dieses Buches und erhielt viel Applaus.
Weitere Begegnungen
- Am Montag, 18. Juli, um 11 Uhr trifft Arnold Stadler den Lyriker Walle Sayer im Kloster Beuron (Moderation: Annette Maria Rieger)
- Am Dienstag, 19. Juli, 11 Uhr trifft Stadler im Gasthof Löwen in Sauldorf-Rast den Fotografen Florian Schwarz, die Galeristin Helena Vayhinger und die Radioredakteurin Thea Thomiczek
- Am Mittwoch, 20. Juli, um 19 Uhr unterhält sich Stadler mit der Künstlerin Regina Frank und der ehemaligen Fernsehmoderatorin Luzia Braun im Festsaal des Meßkircher Schlosses
- Am Donnerstag, 21. Juli, 17 Uhr, spricht Stadler mit den Autoren Reinhold Aßfalg und Hannelore Nussbaum im Kloster Schussenried, Eingang Ost (Moderation: Oswald Burger)
- Am Samstag, 23. Juli, um 11 Uhr bildet das Gespräch von Stadler mit der Schriftstellerin und Malerin Alissa Walser im Freilichtmuseum Heuneburg den Abschluss der Lesereise (Moderation: Siegmund Kopitzki)