Die Vorfreude ist groß. Nach der erfolgreichen und aufwändigen Innenrenovierung der Meßkircher Stadtkirche St. Martin fehlt nun nur noch die neue Orgelanlage als krönender Abschluss der Renovierung. Bereits seit Längerem ist die Orgelbau Kuhn AG in Männedorf am Zürichsee mit dem Bau der neuen Orgel für St. Martin beschäftigt. Die Kirchengemeinde Meßkirch-Sauldorf unternahm nun eine Busfahrt zum Orgelbauer, um die ersten Blicke auf Einzelteile der neuen Orgel zu erhaschen.

Kleinere Chororgel ist bereits fertig

Die neue Orgelanlage für St. Martin besteht aus zwei Orgeln. Die Hauptorgel auf der oberen Empore und die Chororgel in der oberen Sakristei. Die Chororgel ist quasi für den Betrachter unsichtbar, erklärt Christian Kroll, Technischer Leiter der Orgelbau Kuhn AG. Die kleinere Chororgel ist in der Werkstatt bereits fertig. Nun arbeiten die Orgelbauer, Zinnpfeifenmacher und Intonateure an der Hauptorgel. Die Orgelanlage enthält 1842 Orgelpfeifen, teils aus Holz, teils aus einer Zinn-Blei-Legierung.

Christian Kroll, Technischer Leiter, und Anna Demmerer führten die knapp 60 Gäste in zwei Gruppen durch das Unternehmen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung vermittelten viele orgelbautechnische Fakten und beeindruckten die Gäste durch ihr Fachwissen. Die 1864 gegründete Orgelbau Kuhn AG genießt in der Fachwelt weltweites Ansehen. Für die Orgelgehäuse werden ausgesuchte, hochklassige Hölzer entsprechend ihren Eigenschaften ausgewählt und die Instrumente dann im Montagesaal komplett aufgebaut. Die Zinnpfeifen werden in der eigenen Zinnpfeifenwerkstatt hergestellt.

Holzpfeifen aus dem Vorgängerinstrument

Für die neue Orgeln von St. Martin wurde auch ein Teil der Holzpfeifen aus dem Vorgängerinstrument restaurativ überarbeitet. Sie werden in der neuen Orgel wieder erklingen. Orgelbau ist sehr viel Handarbeit, etwa 20 Prozent der Kosten für eine Orgel liegen im Material, 80 Prozent sind Handarbeitskosten. „Im Orgelbau geht es um Präzision und Genauigkeit“, unterstrich Anna Demmerer. Für die Stadtkirche St. Martin entwickelte der Orgelbauer ein individuelles Klangkonzept. Für die Montage der neuen Orgel sind zwei Monate vorgesehen, die Raumintonation und Endabstimmung wird etwa weitere acht Wochen dauern.

Die Orgel ist das vielfältigste und klangstärkste Instrument und wird oft als Königin der Instrumente betitelt. Die Orgel ist nicht nur Werkzeug für den Organisten, sondern auch ein Kunstwerk in der Kirche. Neben dem Neubau der Orgel widmet sich Orgelbau Kuhn AG auch der Restaurierung und Orgelpflege. Sie restaurierte unter anderem die Gabler-Orgel der Basilika in Weingarten. Orgelneubauten von Kuhn stehen unter anderem in der Royal Academy of Music in London, in der Tokyo Opera City und in der Uranienburg-Kirche in Oslo. Als historisierende Neubauten wurden beispielsweise die Haupt- und Chororgel der ehemaligen Abteikirche Bellelay realisiert.

Eine Fotomontage der Orgelbaufirma Kuhn zeigt das neue Instrument auf der oberen Empore.
Eine Fotomontage der Orgelbaufirma Kuhn zeigt das neue Instrument auf der oberen Empore. | Bild: Orgelbau Kuhn AG

Bis zur Renovation gab es in der St. Martinskirche zwei Orgeln, die Hauptorgel auf der Hauptempore und die Chororgel über dem rechten Seitenaltar. Nach der Sanierung der Kirche in den Jahren 2019 bis 2020 war bald klar, dass die alte Orgel aufgrund ihres Alters, des schlechten Pfeifenmaterials und der veralteten Elektrik nicht mehr zu retten war, betont Dekan Stefan Schmid. Nach der Wiedereröffnung wurde deutlich, was es bedeutet, wenn eine Orgel fehlt. Sehr bald wurde daher mit der Planung für einen Orgelneubau begonnen. Mit der Orgelbau Kuhn AG wurde eine Werkstatt gefunden, die Erfahrungen mit solch einem großen Projekt hat und mit dem Prospektentwurf und dem Klangkonzept am meisten überzeugte.

Orgel kostet über eine Million

Die neue Orgel wird über eine Million Euro kosten. „Das ist sehr viel Geld, aber eine qualitativ gute und dem Raum angemessene Orgel kann leider nicht von der Stange gekauft werden. Es handelt sich um höchste handwerkliche Kunst. Daher wird die neue Orgel eine gute Investition sein, da sie eine Anschaffung für mehrere Generationen sein wird“, gibt Dekan Stefan Schmid an. Ein gutes Fundament für die Finanzierung stellt eine zweckgebundene Erbschaft dar, ebenso viele Einzelspender. Hinzu komme das Engagement des Baufördervereins und es gab viele Benefizveranstaltung zugunsten der Orgel. Mit 25 Prozent bezuschusst die Erzdiözese Freiburg das Vorhaben. Einen hohen Zuschuss gibt es aus der diözesanen Erzbischof-Bernhard-Stiftung, die besonders für kulturelle Zwecke eingerichtet wurde. Knapp ein Drittel der Kosten muss die Kirchengemeinde noch selbst tragen, und ist daher auf weitere Spenden angewiesen.